Stiftungen sollen auch nicht mehrheitsfähige Projekte fördern, sagt Philipp Egger von der Gebert Rüf Stiftung
Die Gebert Rüf Stiftung (GRS) wurde 1997 von dem Unternehmer Heinrich Gebert (Geberit Sanitärtechnik) zur Förderung von wissenschaftlichen Projekten gegründet. Das Stiftungsvermögen beträgt 220 Mio. Fr. Die Geschäftsleitung ist in Basel.
baz: Herr Egger, welche Rolle haben Stiftungen in der Gesellschaft?
Philipp Egger: Stiftungen sind Teil der Zivilgesellschaft. Sie können Risiken eingehen und ermöglichen gesellschaftliche Innovationen. Die öffentliche Hand kann nur machen, was mehrheitsfähig ist. Der Bau des Basler Münsters würde heute an einer Volksabstimmung scheitern. Private Stiftungen dagegen können etwas ausprobieren. Die GRS hat zum Beispiel das Schweizer Literaturinstitut anschubfinanziert, heute ein erfolgreiches Hochschulinstitut. Das war ein Risikoprojekt.
baz: Sie müssen also erst die entsprechenden Nischen identifizieren?
Philipp Egger: Wir sind eine unternehmerische Stiftung. Selbst reiche Stiftungen haben sehr geringe Mittel im Vergleich zum Staat oder zur Wirtschaft. Die GRS kann pro Jahr 10 Mio. Fr. für Forschung ausgeben, die ETH Zürich Hundert Mal mehr. Wenn wir überhaupt etwas bewegen wollen, müssen wir Lücken finden, Projekte mit Hebelwirkung.
baz: Hat sich das Selbstverständnis der Stiftungen in den letzten Jahren gewandelt?
Philipp Egger: Ja sicher. Das traditionelle Stiftungshandeln ist reaktiv und verwaltend. Wir versuchen zu gestalten, in der Gesellschaft etwas zu bewirken. Eine Stiftung ist ein gesellschaftlicher Deal. Stiftungen sind steuerbefreit. Das ist ein Privileg. Als Stiftung muss man dieses Privileg rechtfertigen. Rechtfertigen können wir es nur, wenn wir Wirkung erzielen. Wir müssen also der Gesellschaft zeigen, dass das ein guter Deal ist, dass wir gute Projekte fördern.
baz: Hätte der Gesetzgeber bei der Neufassung des Stiftungsrechts die Stiftungen denn nicht zu mehr Transparenz zwingen müssen?
Philipp Egger: Ich bin ein Gegner von staatlichen Regulierungen. Es darf nicht sein, wegen 2% potenziell schwarzer Schafe allen anderen das Leben schwer zu machen. Das wäre zum Nachteil des Stiftungsbiotops Schweiz. Unsere Devise lautet Selbstregulation.
baz: Nützt den Stiftungen selbst die Transparenz auch?
Philipp Egger: Ja natürlich. Sie macht unsere Leistungen sichtbar, macht uns fassbar und glaubwürdig. Je bekannter etwa die GRS geworden ist, desto mehr interessante Projekte erhalten wir.
baz: Die GRS bietet kleineren Stiftungen das Pooling von Stiftungsvermögen an.
Philipp Egger: Das ist richtig. In der gesamten Debatte liegt bisher der Fokus auf der Förderung. Die Erwirtschaftung von Erträgen ist ein Tabu. Viele Stiftungen könnten eine bessere Rendite erzielen. Die GRS hat durch die Umstellung ihrer Vermögensverwaltung eine knappe Mio. Fr. an Gebühren pro Jahr gespart. Denn wir haben uns für diese Dienstleistungen von drei verschiedenen Banken eine Offerte unterbreiten lassen. So haben wir mehr Geld für Projekte.
Aus der Basler Zeitung vom 07.04.2007