Ist der Solarzaun Vorbote einer Revolution?

Paneele sind jetzt so billig, dass ihre Position zur Sonne unwichtig wird

Die Sonne scheint kostenlos und Solarpaneele kosten weniger als ein Zaun aus Holzlatten. Diese Kombination könnte dafür sorgen, dass Strom bei Sonnenschein fast kostenlos wird. Dann würde vieles möglich, was sich heute noch nicht lohnt, wie das Herausfiltern von CO2 aus der Luft.

Kann ein Gartenzaun als Symbol für eine Revolution dienen? Ja, wenn es sich um einen Zaun aus Solarpaneelen handelt. Denn in diesem Fall verdeutlicht der Zaun, wie billig Paneele mittlerweile sind. Auf dem europäischen Spotmarkt kostet ein Paneel mit einer Länge von 1,6 Metern und einer Breite von 1 Meter zwischen 15 und 50 Euro je nach Effizienz der Solarzellen, wie Zahlen von pvXchange zeigen. [1] Damit ist der Preis in den letzten zwölf Monaten um die Hälfte gefallen. Das Teure an einer Solaranlage sind daher nicht mehr die Paneele, sondern die Installation. Und wenn die Installation wie bei einem Zaun relativ günstig ist, spielt es keine Rolle, dass die Paneele senkrecht stehen und damit ein Teil der Stromausbeute verloren geht.

Die gleiche Logik kommt mittlerweile auch bei Freiflächenanlagen zum Zug: Die deutsche Firma Jurchen montiert Solarpaneele auf Eisenstangen, die einfach in den Boden gerammt werden. [2] Ein Fundament ist nicht nötig. Dadurch wird Material und Zeit gespart. Noch radikaler ist der Ansatz der US-Firma Erthos: Hier werden die Solarmodule einfach auf den Boden gelegt, um die Baukosten zu senken. [3] Die Nachfrage nach Paneelen ist letztes Jahr denn auch explodiert: Global stieg der Zubau an Solaranlagen um knapp 80 Prozent auf 444 Gigawatt. [4] Das entspricht fünf Prozent der weltweit installierten Kapazität zur Stromerzeugung. [5] Eine Studie aus dem letzten Jahr schrieb denn auch: „Ein globaler, irreversibler Wendepunkt könnte erreicht sein, an dem die Solarenergie allmählich die globalen Strommärkte dominiert, ohne dass weitere klimapolitische Maßnahmen ergriffen werden.“ [6]

Schick. Solaranlagen können gut aussehen, wenn der Zwang zur Optimierung der Stromausbeute wegfällt. (Foto: Unbekannt / Fa. Leeb Balkone und Zäune)
Schick. Solaranlagen können gut aussehen, wenn der Zwang zur Optimierung der Stromausbeute wegfällt. (Foto: Unbekannt / Fa. Leeb Balkone und Zäune)

Dabei hilft, dass die Kosten von Batterien ebenfalls rapide fallen und sich Solarstrom in immer mehr Ländern auch nachts kostengünstig nutzen lässt. Fatih Birol, der Chef der Internationalen Energieagentur (IEA) sagte im Frühjahr: „Die Kombination aus Photovoltaik und Batterien ist heute wettbewerbsfähig mit neuen Kohlekraftwerken in Indien. Und schon in den nächsten Jahren wird sie billiger sein als neue Kohlekraftwerke in China und gasbefeuerte Kraftwerke in den USA. Batterien verändern das Spiel vor unseren Augen.“ [7] Die Kombination von Solarstrom und Batterien könnte auch einen massiven Einfluss auf die Strompreise haben, mit sehr niedrigen Preisen tagsüber und deutlich höheren Preisen in der Nacht. Jenny Chase, vom britischen Thinktank Bnef, sagte gegenüber der US-Zeitung New York Times (NYT): Schon im Jahr 2030 könnte Strom „fast überall“ kostenlos sein, wenn die Sonne scheint. [8]

Der NYT-Artikel trägt denn auch den Titel: „Was werden wir tun mit unserem kostenlosen Strom?“ Im ersten Moment wirkt diese Frage absurd. Aber wenn man berücksichtigt, dass Solarpaneele mittlerweile so billig sind, dass damit Zäune gebaut werden, ist eine Welt mit nahezu kostenlosem Strom am Tag zumindest denkbar. Die ökonomische Theorie zeigt schließlich, dass sich Preise den Grenzkosten annähern und diese liegen bei Solarstrom bekanntlich bei null. Und dann wird vieles möglich: Derzeit wird in Australien ein Solarpark geplant, der über ein 5000 Kilometer langes Kabel Singapur mit Strom versorgen soll. [9] In immer mehr Ländern wird sich die Entsalzung von Meerwasser lohnen und auch die Produktion von Wasserstoff würde von kostenlosem Strom profitieren. Damit ließen sich außerdem Filter betreiben, die der Atmosphäre CO2 entziehen und den Planeten kühlen. Das wäre dann wirklich eine Revolution.

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[1] pvXchange, Stand 11.09.2024: Price index

[2] Jurchen, Stand 11.09.2024: Montagesystem für Solarkraftwerke

[3] Erthos, Stand 11.09.2024: Earth Mount Solar

[4] Bnef, 04.03.2024: 1Q 2024 Global PV Market Outlook

[5] Statista, Stand 22.09.2024: Electricity generation capacity worldwide in 2022 with a forecast to 2050

[6] Nature, 17.10.2023: The momentum of the solar energy transition

[7] IEA, 25.04.2024: Rapid expansion of batteries will be crucial to meet climate and energy security goals set at COP28

[8] NYT, 28.08.2024: What Will We Do With Our Free Power?

[9] NewAtlas, 17.07.2024: Massive Australia-to-Singapore clean energy cable gets green light