Jetzt geht’s um Geld

Bonner Klimakonferenz endet wie erwartet ohne Durchbruch bei Klimafinanzierung

2400 Milliarden Dollar pro Jahr. So viel brauchen die Entwicklungsländer (ohne China), wenn die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad gestoppt werden soll. Wo dieses Geld herkommt, ist allerdings auch nach der Bonner Klimakonferenz unklar. Etwas anderes war aber auch nicht zu erwarten.

Zum Auftakt der Klimakonferenz in Bonn machte der Chef des UN-Klimasekretariats, Simon Stiell, klar, worum es geht: Es geht um Geld. „Zuallererst müssen wir echten Fortschritt bei der Finanzierung machen – dem großen Ermöglicher von Klimaschutz“, forderte Stiell von den rund 6000 Delegierten der am Donnerstag zu Ende gegangenen Konferenz. [1] Hinsichtlich Geld begann diese mit einer guten Nachricht: Im Jahr 2022 haben die Industriestaaten zum ersten Mal 100 Milliarden Dollar an Klimahilfen bereitgestellt und damit ein 15 Jahre altes Versprechen eingelöst. [2] Das ist zwar zwei Jahre zu spät, aber immerhin. Ab 2025 soll dann ein neues Finanzziel gelten, das bei der UN-Klimakonferenz im November verabschiedet werden soll. Und genau dieses neue Finanzziel stand denn auch im Zentrum der Verhandlungen in Bonn.

Die Entwicklungsländer (ohne China) brauchen 2400 Milliarden pro Jahr, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, wie im Paris Abkommen vorgesehen. [3] Ein Teil dieser Summe sind private Investitionen etwa in Solaranlagen. Ein guter Teil sind aber staatliche Mittel entweder von den Entwicklungsländern selbst oder von den Industriestaaten. Letztere können die Klimahilfen aus normalen Haushaltsmitteln allerdings nicht beliebig aufstocken. Gesucht sind daher auch „innovative Finanzquellen“. Dazu haben die arabischen Länder einen Vorschlag mit nach Bonn gebracht: Sie wollen die Rüstungs- und Modeindustrie, die großen Internetfirmen wie Google sowie Finanztransaktionen mit einer Steuer belegen – allerdings nur in den Industriestaaten. [4] Für Felix Wertli, den Leiter der Schweizer Delegation, ist der Vorschlag daher „wohl eher taktisch“, da er keine Chance hat angenommen zu werden.

Haufen. Wenn nichts mehr geht, wird gehuddlet. Ob diese Haufenbildung die beste Form ist, einen Planeten zu organisieren? (Foto: Kiara Worth / IISD/ENB)
Haufen. Wenn nichts mehr geht, wird gehuddlet. Ob diese Haufenbildung die beste Form ist, einen Planeten zu organisieren? (Foto: Kiara Worth / IISD/ENB)

Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam versteht den arabischen Vorschlag allerdings anders: „Diese Ideen dienen als Beispiele dafür, wie die Industrieländer durchaus die erforderliche Unterstützung aufbringen könnten, wenn der politische Wille dafür da wäre.“ Nach Berechnungen der arabischen Staaten kämen durch die genannten Steuern immerhin 440 Milliarden Dollar zusammen. [4] Die Industriestaaten wollen aber unbedingt verhindern, dass sie wieder als einzige Klimahilfen leisten müssen, da es mittlerweile durchaus wohlhabende Entwicklungsländer gebe. Eine Studie des britischen Thinktanks ODI zeigt, dass einige sowohl höhere Pro-Kopf-Emissionen als auch ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als viele Industriestaaten haben. Das trifft etwa auf Israel, Katar, Singapur, Brunei, Kuweit und Südkorea zu. [5] Aus Schweizer Sicht kommt noch eine weiterer Aspekt dazu: „Der Finanzbedarf hängt auch davon ab, welche Länder Anspruch auf Unterstützung haben“, sagt Wertli. Daher müsse man „nicht nur über den Kreis der Geberländer, sondern auch über den Kreis der Empfängerländer reden“.

Zudem lehnt die Schweiz den Zusammenhang zwischen Klimazielen und Klimahilfen ab, der auch bei Stiell mitschwingt, wenn er von Geld als „Ermöglicher von Klimaschutz“ spricht. Der Hintergrund ist hier, dass die Länder nächstes Jahr neue Klimaziele vorlegen müssen. „Wirtschaftlich starke Entwicklungsländer wie China brauchen keine finanzielle Unterstützung für ehrgeizige Emissionsreduktionsziele.“ Das Gleiche dürfte auch für ein paar andere, große Entwicklungsländer wie Brasilien, Mexiko oder Indonesien gelten. Umgekehrt seien viele der wirklichen armen Länder eher klein und damit für die Erreichung der Pariser Klimaziele nicht entscheidend: „Viele Länder, die Unterstützung brauchen, haben nur sehr geringe Emissionen“, sagt Wertli.

Bei all diesen Fragen wurde in Bonn kaum ein Fortschritt erzielt. Das zeigt ein Blick in das Verhandlungsresultat, eine 35-seitige Ideensammlung. [6] Echte Fortschritte waren in Bonn allerdings auch nicht zu erwarten. Gerade weil es um Geld geht, ist mit echten Durchbrüchen erst in den letzten Tagen und Nächten der nächsten UN-Klimakonferenz zu rechnen.

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[1] UNFCCC, 03.06.2024: Simon Stiell Opening Speech: We Can’t Afford Rest Stops, Detours or Stumbles at this Halfway Point in Humanity’s Climate Journey

[2] OECD, 29.05.2024: Developed countries materially surpassed their USD 100 billion climate finance commitment in 2022 – OECD

[3] IHLEG, November 2022: Finance for climate action (PDF)

[4] ClimateHome, 06.06.2024: Developing countries suggest rich nations tax arms, fashion and tech firms for climate

[5] ODI, 26.06.2022: A fair share of climate finance? An appraisal of past performance, future pledges and prospective contributors

[6] UNFCCC, 09.06.2024: Updated input paper for the second meeting under the ad hoc work programme on the new collective quantified goal on climate finance (PDF)