Die entscheidende Länderkoalition von Paris landet grossen Aufschlag in Katowice
Mitte der zweiten Woche ist der Stand bei der UN-Klimakonferenz ernüchternd. Daher verbündet sich die EU wieder mit vielen Entwicklungsländern, um doch noch ein gutes Ergebnis zu erreichen.
Wenn die Mitglieder der High Ambition Coalition einen öffentlichen Auftritt ankündigen,ist klar, dass die Klimaverhandlungen auf Messers Schneide stehen. Am Mittwochabend war das auf der Klimakonferenz in Katowice wieder der Fall, als das Bündnis kurzfristig zur Pressekonferenz lud. Auf dem Podium: Ein Dutzend Minister aus der ganzen Welt, darunter Bundesumweltministerin Svenja Schulze, EU-Kommissar Miguel Arias Canete, der Umweltminister der Marshall Inseln David Paul und der Sprecher der ärmsten Länder Gebru Jember Endalew aus Äthiopien. Ihre Botschaft: Mehr Ehrgeiz beim Klimaschutz als Antwort auf den 1,5-Grad-Bericht des Weltklimarats IPCC.
Genau wie in Paris sammeln sich damit die Truppen, um ein ambitioniertes Ergebnis der Konferenz sicherzustellen. Konkret verpflichten sich die HAC-Mitglieder zu dreierlei: Mehr Klimaschutz vor 2020, ehrgeizigere Klimaziele bis 2030 und die Entwicklung von Langfriststrategien. Dabei gilt der IPCC-Bericht als Richtschnur. Das bedeutet: eine Halbierung der globalen Emissionen innerhalb von zwölf Jahren und eine Reduktion auf Netto-Null bis 2050.
Dass es eines Auftritts wie diesem bedarf, zeigten die zähen Verhandlungen um das Regelwerk auf dem Klimagipfel. Um überhaupt wieder für Bewegung zu sorgen,hatte der Präsident der UN-Klimakonferenz Michal Kurtyka am Dienstag die Verhandlungen übernommen. Aber erst am frühen Mittwochabend legte er einen neuen Textvorschlag vor. „Damit haben wir einen Tag verloren“, sagt Wendel Trio vom Climate Action Network.
Mit dem Text geht Kurtyka zudem ein nicht unerhebliches Risiko ein: Sollten einige Länder den Vorschlag rundheraus ablehnen, hätte Kurtyka sein politisches Kapital verspielt und die Konferenz würde um mehr als einen Tag zurückgeworfen. Li Shuo von Greenpeace China sagte dazu: “Die Verhandlungen werden jetzt nicht mehr von den Ländern vorangetrieben, sondern von der Präsidentschaft.”Dass die Konferenz in einer kritischen Phase ist, zeigte auch der erneute Besuch von UN-Chef Antonio Guterres. Dieser warnte: Ein Scheitern “wäre nicht nur unmoralisch sondern selbstmörderisch. Das klingt wie ein dramatischer Appell, aber es ist genau das: ein dramatischer Appell.“
Damit wählte Guterres deutlich klarere Worte als die Autoren des „Talanoa Aufrufs zum Handeln“, Kurtyka und sein Vorgänger Frank Bainimarama, der Premierminister der Fidschi Inseln. Der Aufruf ist das Ergebnis eines einjährigen Prozesses, der drei Fragen beantworten sollte: „Wo stehen wir? Wo wollen wir hin? Wie machen wir das?“ Vor dem Hintergrund des Berichts des Weltklimarats IPCC zum 1,5-Grad-Ziel ist der Talanoa-Aufruf allerdings zurückhaltend formuliert: Die Antworten auf die drei Fragen „können“ als Grundlage für die (neuen) Klimapläne dienen, die die Länder Anfang 2020 einreichen sollen. Umweltorganisationen lobten denn auch primär den, an eine Südsee-Tradition angelehnten, Prozess: Bei diesem hätten „zum ersten Mal bei den Klimaverhandlungen Unternehmen, Städte und die Zivilgesellschaft am gleichen Tisch gesessen wie Länder“, sagte etwa Helen Mountford vom World Resources Institute. Mohamed Adow von der Hilfesorganisation Christian Aid betonte zudem die fehlende Verbindlichkeit des Aufrufs: Das Abschlussdokument von Katowice müsse den Aufruf „formell“ anerkennen,„sonst ist es schwierig diese Konferenz als Erfolg zu bezeichnen“.
Damit hat sich der Frontverlauf für die letzten Tage der Konferenz weitgehend geklärt.Auf der einen Seite steht die HAC und auf der anderen Seite stehen die USA,Russland, Saudi Arabien und Kuwait. Nun
kommt es darauf an, wie sich die Länder der Basic-Gruppe positionieren: China, Indien, Brasilien und Südafrika. In Paris waren diese vier Länder ebenfalls nicht Teil der HAC. Das hat sie damals allerdings nicht daran gehindert, das ambitionierte Pariser Ergebnis mitzutragen. mic
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