Taffe, neue Verhandlungsstrategie der EU birgt Risiken und Chancen
Die EU will das Kyoto Protokoll nur verlängern, wenn sich alle anderen Länder dazu verpflichten, bis 2015 einen neuen Weltklimavertrag auszuhandeln. Noch ist aber unklar, ob den anderen Ländern das Kyoto Protokoll soviel wert ist. Die EU geht mit ihrer Bedingung also ein erhebliches Risiko ein.
Das Kyoto Protokoll läuft Ende nächsten Jahres aus. Aus Sicht des Klimas ist dies nur bedingt wichtig, da das Protokoll mittlerweile nur noch rund 15 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen abdeckt. Umso wichtiger ist das Protokoll aber für die Klimaverhandlungen. Für „G77 plus China“, die Allianz der Entwicklungsländer, ist eine Verlängerung des Protokolls das wichtigste Ziel bei den Klimaverhandlungen, die derzeit in Durban, Südafrika, stattfinden. Und für die EU ist die Verlängerung des Protokolls der wichtigste Verhandlungschip. Die EU, die Schweiz, Norwegen und Neuseeland sind grundsätzlich bereit das Protokoll zu verlängern. Doch sie wollen dafür eine Gegenleistung: Alle anderen Länder insbesondere die USA, China und Indien sollen sich dazu verpflichten bis 2015 ein weltweites, rechtlich verbindliches Klimaabkommen auszuhandeln. Die Verlängerung des Protokolls wäre somit nur die Brücke bis dieser neue, globale Klimavertrag in Kraft tritt.
Doch was ist dieser Verhandlungschip der EU wert? Den USA ist es erklärtermassen egal, was mit dem Kyoto Protokoll passiert, denn die Supermacht hat das Abkommen nie ratifiziert. Aber auch für China und Indien könnte eine Verlängerung des Protokolls nicht so wichtig sein, als dass sie dafür eine feste Zusage für ein künftiges Abkommen machen würden. Indien vertritt dabei die althergebrachte Position der Entwicklungsländer: Nur die Industrieländer sollen sich verbindlich auf Emissionsreduktionen verpflichten und für Entwicklungsländer ist der Klimaschutz freiwillig, da die Armutsbekämpfung Vorrang geniesst. Etwas differenzierter positioniert sich Brasilien: „Wir unterhalten uns über einen Fahrplan, der uns von Durban zu Verhandlungen (über ein weltweites Abkommen) bringt, die im Jahr 2015 beginnen könnten.“ sagt Luiz Alberto Figueiredo Machado, ein brasilianischer Klimadiplomat. Während die EU also bis 2015 einen neuen Weltklimavertrag aushandeln will, sollen diese Verhandlungen aus brasilianischer Sicht erst im Jahr 2015 beginnen. Und auch China kritisiert die Forderung der EU als „nicht fair“, wie Su Wei, Pekings Chefunterhändler sagt. „Die EU verschiebt die Zielmarke. Das ist kein effizienter Ansatz, da wir die Ziele eins nach dem anderen abarbeiten müssen. Aber da die EU die einzige Ländergruppe ist, die ernsthaft eine Verlängerung des Kyoto Protokolls erwägt, sind die Entwicklungsländer offen und bereit mit der EU über ihre Forderungen zu reden.“
Damit hat die EU bereits ein wesentliches Ziel erreicht: Sie wird wieder ernst genommen. Während bei den Klimaverhandlungen in Kopenhagen im Jahr 2009 die entscheidenden Verhandlungen in der letzten Nacht ohne die EU stattfanden, kommt in Durban keiner an der EU vorbei. Die EU folgt also einer neuen Verhandlungsstrategie: Statt mit gutem Beispiel voranzugehen, in der Hoffnung die anderen Länder würden folgen, stellt die EU diesmal klare Bedingungen. Aber diese Strategie ist natürlich nicht ohne Risiko: Im besten Fall bekommt die EU, was sie will und hätte damit die Klimaverhandlungen ein gutes Stück vorangebracht. Aber was, wenn die anderen Länder nicht auf die EU Forderung eingehen? Dann müsste die EU konsequenterweise eine Verlängerung des Kyoto Protokolls ablehnen. Der einzige Vorteil aus EU Sicht in diesem Fall: Die Schuld für das Auslaufen des Protokolls liesse sich auf die Länder abschieben, die die EU Forderung abgelehnt haben. Der Nachteil: Die Klimaverhandlungen würden in die wohl schwerste Krise in ihrer 20 jährigen Geschichte gestürzt und der Streit um das Kyoto Protokoll könnte alle anderen Fortschritte, die von Durban erwartet werden, zunichte machen. Die EU spielt bei den diesjährigen Verhandlungen also mit dem höchstmöglichen Einsatz und setzt Alles auf die Kyoto Karte. Ob sich dieses Risiko auszahlt wird die kommende Woche zeigen.
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