Nationalstaaten, Wirtschaft und Konsumenten können das Klima nicht alleine retten
Die meisten Länder der Welt und viele Unternehmen und Verbraucher sind sehr engagiert im Kampf gegen den Klimawandel. Dennoch steigen die CO2 Emissionen. Denn alle befürchten, dass Trittbrettfahrer von ihren Anstrengungen profitieren und tun daher zuwenig.
Das Zeitfenster, um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, schliesst sich und die internationalen Klimaverhandlungen kommen wenn, dann nur langsam voran (siehe unten Welt hat noch fünf Jahre, um Klima zu retten). Aber was ist mit den anderen Akteuren? Können nicht die Nationalstaaten auf ihrer Ebene entsprechende Gesetze erlassen und die Wirtschaft und die Konsumenten ihr Verhalten ändern? Die kurze Antwort vorweg: Sie können und sie tun es auch, aber es reicht nicht.
Zuerst zu den Nationalstaaten: Hier lassen sich zwei Gruppen von Ländern unterscheiden: Die USA und der Rest. Im Rest haben die Bürger und ihre Regierungen begriffen, dass der Klimawandel zum einen eine existentielle Gefahr und zum anderen eine wirtschaftliche Chance darstellt. Vorreiterin ist hier die EU mit dem europäischen Emissionshandelssystem. Ähnliche Handelssysteme sollen aber auch in Australien, China, Südkorea, Indien und Südafrika erprobt oder eingeführt werden. Ausserdem investieren diese Länder massiv in den Ausbau regenerativer Energien und haben strenge Normen erlassen, um den Energieverbrauch von Elektrogeräten und Fahrzeugen zu senken. Dabei ist die Triebfeder meist eine Mischung aus Sorge ums Klima (EU, Australien, China), Energiesicherheit (China) und Industriepolitik (Südkorea, China). Die grosse Ausnahme unter den Nationalstaaten sind die USA: Hier ist die Existenz des Klimawandels eine ideologische und keine wissenschaftliche Frage. Viele Anhänger der republikanischen Partei halten den Klimawandel für eine Erfindung von Wissenschaftlern und Medien oder bestreiten, dass CO2 Emissionen für die Erwärmung verantwortlich sind. Folglich lehnen sie einen Preis für CO2 Emissionen strikt ab.
Und nun zur Wirtschaft: Mit die ersten, die vor dem Klimawandel gewarnt haben, waren die Rückversicherer wie Swiss Re oder Münchner Rück. Spätestens im Vorfeld der Klimakonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009 sind aber auch die meisten anderen Unternehmen aufgewacht. So gibt es heute mächtige Allianzen, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen. Dazu gehört etwa ein Netzwerk von institutionellen Investoren,die 20 Billionen Dollar (20‘000 Milliarden) verwalten. Und in Deutschland will die Grossindustrie mit dem Wüstenstromprojekt Desertec die Energiewende voranbringen. Ausserdem führen viele Unternehmen zur Zeit eine CO2 Buchhaltung ein. Damit wollen Grossverteiler wie Wal Mart oder Tesco den Klimaschutz über ihre ganze Lieferkette optimieren von China bis zum Supermarkt um die Ecke. Dabei haben auch die Firmen eine Mischung aus unterschiedlichen Motiven für den Klimaschutz: Zum einen wollen sie sich fit machen für den Tag, wenn CO2 richtig teuer wird. Zum anderen wollen sie aber auch Energiekosten senken und natürlich ihr Image bei den Verbrauchern aufpolieren. Denn für diese hat Klimaschutz eine zunehmende Bedeutung wie sich unter anderem am rasanten Wachstum der Fahrradhersteller zeigt.
Aber es reicht trotzdem nicht. Der Grund dafür ist zweierlei: Zum einen unterschätzt man gemeinhin die Grösse der Herausforderung. Es geht nicht um eine Reduktion der CO2 Emissionen um 20 oder 30 Prozent sondern um 80 oder besser 95 Prozent bis 2050. Und zum anderen besteht beim Kampf gegen den Klimawandel das Trittbrettfahrer Problem. Jedes Land hat einen Anreiz, selbst wenig gegen den Klimawandel zu tun aber von den Anstrengungen der anderen zu profitieren. Daher sind Regierungen nur dann zu einschneidenden Massnahmen bereit, wenn sie sicher sind, dass genug andere Länder mitmachen und der Klimawandel tatsächlich begrenzt wird. Und genau das versuchen die UN Klimaverhandlungen zu erreichen. Sie wollen durch ein internationales Abkommen das Vertrauen schaffen, dass die kollektive Antwort auf das Klimaproblem diesem gerecht wird. Letzlich kommt es also auf die internationale Politik an, den politischen Willen das Nötige zu tun.
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email