EU schließt großes Freihandelsabkommen mit Südamerika

Nach 25 Jahren wurde ein Handelsabkommen mit den Mercosur-Staaten verabschiedet

Für den künftigen US-Präsidenten Donald Trump ist „Zoll“ das „schönste Wort im Wörterbuch“. Doch die EU bleibt bei ihrer Politik der offenen Märkte und hat dabei kurz vor Jahresende einen Erfolg erzielt: Das Abkommen mit Brasilien und Argentinien ist beschlossen.

Am Freitag haben die EU und fünf südamerikanische Länder einen Freihandelsvertrag abgeschlossen. Die fünf Länder bilden den Handelsraum „Mercosur“, der aus Brasilien, Argentinien, Uruguay, Paraguay und neuerdings Bolivien besteht. Damit endet ein 25-jähriger Verhandlungsmarathon. Die Chefin der EU-Kommission sprach denn auch von einem „historischen Meilenstein“. Im Hinblick auf eine immer protektionistischere USA und einen drohenden Handelskrieg mit China fügte sie an: „In einer zunehmend konfrontativen Welt zeigen wir, dass sich Demokratien aufeinander verlassen können. Dieses Abkommen ist nicht nur eine wirtschaftliche Chance. Es ist eine politische Notwendigkeit.“ [1]

Durch das Abkommen fallen beidseits des Atlantiks schrittweise über 90 Prozent der Zölle weg. Der Mercosur mit seinen 264 Millionen Einwohnern ist ein relativ abgeschotteter Wirtschaftsraum mit oft hohen Außenzöllen wie 35 Prozent auf Autos oder 18 Prozent auf Chemikalien. EU-Exporteure sparen so über vier Milliarden Euro an Zöllen. Außerdem gewinnen sie einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Exportnationen, die kein Handelsabkommen mit den Mercosur-Ländern haben wie China oder die USA. Durch das Abkommen dürfte daher der Handel zwischen der EU und den Mercosur-Staaten deutlich zunehmen. Der Chef des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, begrüßte die Einigung auch umgehend: „Diese Einigung wird einen dringend benötigten Wachstumsimpuls für die deutsche und europäische Wirtschaft geben.“ [1]

Endlich. Von der Leyen und die Präsidenten von Argentinien, Uruguay, Brasilien und Paraguay posieren für das obligate Familienfoto. (Foto: Dati Bendo / EU)
Endlich. Von der Leyen und die Präsidenten von Argentinien, Uruguay, Brasilien und Paraguay posieren für das obligate Familienfoto. (Foto: Dati Bendo / EU)

Das Abkommen umfasst auch Agrarprodukte: Die Mercosur-Staaten werden künftig bis zu 99.000 Tonnen Rindfleisch zu einem ermäßigten Zoll von 7,5 Prozent in die EU exportieren können. Das entspricht 1,6 Prozent der EU-Rindfleischproduktion. Ähnliche Quotenregeln gibt es für Geflügel, Zucker, Ethanol, Honig und Reis. Dafür fallen auch Barrieren für den Export von EU-Agrarprodukten weg wie der Zoll auf Wein von bis zu 35 Prozent oder der Zoll auf Schokolade von 20 Prozent. [2] Zudem werden über 350 geografische Herkunftsangaben wir Parmaschinken oder Münchner Bier geschützt. [3] Bislang hat noch kein Handelsabkommen der EU für eine ähnlich große Zahl von Herkunftsangaben die Nachahmung verboten.

Bevor das neue Abkommen in Kraft tritt, muss es von den Mercosur-Staaten sowie der EU ratifiziert werden. Ob letzteres gelingt, ist allerdings noch nicht sicher. Frankreich leistet massiven Widerstand. Zudem dürften Polen, Österreich, Irland und vielleicht die Niederlande das Abkommen aus Sorge um Nachteile für die Bauern ablehnen. Frankreichs Vizeministerin für Handel, Sophie Primas, sagte daher: „Wir sind nicht allein in unserer Opposition gegen den Mercosur-Vertrag in seiner jetzigen Form. Wir können eine Sperrminorität erreichen.“ [1] Dazu sind mindestens vier Länder erforderlich, die zusammen 35 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren. Eine besondere Rolle kommt daher Italien zu. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni teilte mit: „Die Unterzeichnung kann nur unter der Bedingung erfolgen, dass angemessene Sicherheitsvorkehrungen und Ausgleichszahlungen im Falle von Ungleichgewichten für den Agrarsektor getroffen werden.“ [1]

Der Widerstand Frankreichs gegen das Abkommen ist wohl den Bauernprotesten in diesem Jahr und der instabilen politischen Lage in Frankreich geschuldet. Vor fünf Jahren lobte Präsident Emmanuel Macron das Abkommen noch: „Das ist ein gutes Abkommen, da unsere Forderungen von den Verhandlern berücksichtigt wurden.“ [4] Seither hat sich an dem Abkommen nur wenig geändert. Einzig die Klauseln zum Schutz der Umwelt wurden nochmals nachgeschärft. So müssen die Vertragsparteien etwa dem Pariser Klimaabkommen angehören, was die Gefahr beseitigt, dass Argentinien aus dem Paris Abkommen aussteigt.

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[1] Politico, 06.12.2024: EU snubs France to seal huge Latin American trade deal

[2] EU, 06.12.2024: Factsheet on Agriculture (PDF)

[3] EU, 06.12.2024: Liste der Herkunftsbezeichnungen (PDF)

[4] Reuters, 29.06.2019: Macron says ‘good’ EU-Mercosur trade deal meets French demands