Bei den Verhandlungen über Klimafinanzierung gibt es noch keine sichtbare Bewegung
Das Finanzthema hat bei der Klimakonferenz bislang alle Aufmerksamkeit bekommen. Wohl auch darum ist es Saudi-Arabien gelungen, die Verhandlungen über Emissionsreduktionen zu torpedieren. Doch am offiziell zweitletzten Tag der Konferenz gibt es dagegen Widerstand.
„Dieser Text sieht wie ein Bluff der Präsidentschaft aus“, sagte Linda Kalcher vom Brüsseler Thinktank Strategic Perspectives. Gemeint ist ein Textentwurf für das Abschlussdokument der 29. UN-Klimakonferenz in Aserbaidschans Hauptstadt Baku. [1] Diese soll bis Freitagabend ein neues Ziel für die internationale Klimafinanzierung verabschieden, welches das bisherige Ziel ersetzt. Aktuell unterstützen die Industriestaaten die Entwicklungsländer mit 100 Milliarden Dollar pro Jahr an Klimahilfen. Doch der neue Text enthält nichts Neues: Noch stehen die beiden – unvereinbaren – Positionen der beiden Ländergruppen als Optionen nebeneinander: Die Entwicklungsländer fordern hunderte Milliarden in Form von Zuschüssen und die Industriestaaten wollen primär einen Mix aus privaten Investitionen und Krediten, die durch sehr viel geringere Zuschüsse gehebelt werden.
Was Kalcher moniert, ist, dass die Konferenzpräsidentschaft nicht versucht hat einen Kompromiss zwischen den Positionen zu skizzieren: Diese „sollte mehr über Landezonen wissen als das, was sie auf den Tisch legt“. Joe Thwaites von der US-Umweltorganisation Natural Resources Defense Council teilt diese Meinung: „Der Text karikiert die Positionen hinsichtlich des Ziels. Die Präsidentschaft muss eine dritte Option vorschlagen, die eine Brücke zwischen beiden schlägt.“ Doch dafür war es in den Augen der COP-Präsidentschaft wohl noch zu früh. Um besser zu verstehen, wie eine solche Brücke aussehen könnte, berief sie am Donnerstag ein Ministertreffen im Kurultai-Format ein. Ein Kurultai ist ein Treffen mongolischer Stammesführer, um politische und militärische Fragen zu erörtern oder Anführer zu wählen. Dschingis Khan wurde etwa in einem Kurultai gewählt. Ob sich das Format auch für Klimakonferenzen eignet, war bis Redaktionsschluss aber noch unklar.
Vertreter westlicher Industriestaaten und mancher Entwicklungsländer wie derjenigen der kleinen Inselstaaten betonten in dem Treffen die Bedeutung von Emissionssenkungen. Hier haben die Verhandlungen noch so wenige Fortschritte erzielt, dass die deutsche Klimabeauftragte Jennifer Morgan am Dienstag sagte: Bei den Emissionen „sitzen wir vor einem weißen Blatt Papier“. Die Länder konnten sich bislang noch nicht mal darauf verständigen, eine Formulierung vom letztjährigen Klimagipfel in Dubai zu bekräftigen: „die Abkehr von den fossilen Energien“. Wenn man ihnen Vertraulichkeit zusichert, sagen Verhandler in Baku auch klar, an welchem Land das liegt: Saudi-Arabien. Alden Meyer, von der Umweltorganisation E3G, sagt es noch etwas deutlicher: Saudi-Arabien verhalte sich „wie eine Abrissbirne“. Doch wie das Kurultai-Treffen gezeigt hat, wollen sich das viele Länder nicht länger bieten lassen.
Vor dem Hintergrund, dass das COP29-Ergebnis noch hinter dem von COP28 zurückbleiben könnte, ist es umso wichtiger, dass es auch Länder gibt, die bei den Emissionsreduktionen eine Führungsrolle beanspruchen. Am Donnerstag kündigten die EU, die Schweiz, Mexiko, Chile und einige andere Länder an, nächstes Jahr Klimapläne einzureichen, die mit dem Ziel kompatibel sind, die Klimaerwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen. Nächstes Jahr müssen alle Länder Klimapläne für das Jahr 2035 einreichen. Wie diese Pläne aussehen, ist den Ländern aber freigestellt. Daher ist entscheidend, dass sich Ländergruppen finden, die sich für möglichst ehrgeizige Emissionssenkungen einsetzen. Melanie Robinson von der US-Umweltorganisation WRI sagte daher: „Diese Ankündigung einer breiten Koalition von Ländern ist ein starkes Zeichen der Führungsstärke in den letzten Tagen der UN-Klimagespräche.“
Doch zurück zu Saudi-Arabien und einem unerwarteten Verbündeten des wahhabitischen Königreichs. Saudi-Arabien blockiert die Verhandlungen über die Genderaspekte der Klimakrise. Dabei wird es von Russland unterstützt, was nicht ungewöhnlich ist, und vom Vatikanstaat. Dieser hat bei Klimakonferenzen nur Beobachterstatus, doch das reicht offenbar, um Einfluss auf die Verhandlungen zu nehmen. Konkret geht es um die Fortführung eines Arbeitsprogramms zu Genderfragen, das seit zehn Jahren existiert. Frauen und Mädchen haben oft besonders unter den Folgen der Klimakrise zu leiden: Wenn Brunnen austrocknen, müssen sie etwa weiter laufen, um Wasser zu holen. Auch werden Mädchen eher aus der Schule genommen, wenn Familien wegen klimabedingter Schäden in finanzielle Not geraten. Das zehn Jahre alte Arbeitsprogramm soll daher für mehr Geschlechtergerechtigkeit in der Klimapolitik sorgen. Doch auch das will Saudi-Arabien nicht und bekommt dabei Unterstützung aus dem Vatikan.
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