Es gibt eine Vielzahl an Geldquellen für die benötigten Klimainvestitionen
Wer ein Ziel erreichen will, muss sich anstrengen. Das gilt auch für das Ziel, die Klimaerwärmung zu stoppen. Hierzu sind riesige Investitionen erforderlich, die ärmere Länder allein nicht aufbringen können. Der verbleibende Finanzbedarf lässt sich aber aus einer Kombination von Quellen decken.
„Meganumerophobie“ ist laut dem einschlägigen Lexikon die Angst vor großen Zahlen. Wer daran leidet, ist an der 29. UN-Klimakonferenz (COP29) in Aserbaidschans Hauptstadt Baku fehl am Platz. Hier wird in Billionen (jeweils 1000 Milliarden) gerechnet. So fordert die Verhandlungsgruppe der Entwicklungsländer und China (G77 plus China) 1300 Milliarden an Klimafinanzierung von den Industriestaaten – pro Jahr. Und manche Umweltorganisationen sprechen gar von einer „Klimaschuld“ der Industriestaaten von jährlich 5000 Milliarden. Eine Expertengruppe hat im Auftrag der COP29-Präsidentschaft allerdings eine Studie erstellt, die diese Beträge greifbarer macht und vor allem sagt, woher das ganze Geld kommen könnte. [1]
Der Finanzbedarf der Entwicklungsländer (ohne China) ist auch in dieser Studie enorm: 2440 Milliarden Dollar pro Jahr für die Senkung der Emissionen, die Anpassung an die Erwärmung und die Behebung von klimabedingten Schäden. Mehr als die Hälfte dieser Summe, 1440 Milliarden, können die Entwicklungsländer allerdings selbst aufbringen in Form von öffentlichen und privaten Investitionen. Damit verbleibt ein Finanzbedarf von 1000 Milliarden Dollar pro Jahr, der aus ausländischen Quellen gedeckt werden muss. Die Hälfte (500 Milliarden) davon sind private Investitionen etwa in Solarparks, Stromspeicher oder ein Netzwerk an Ladestationen für Elektroautos. Die Potentiale sind hier oft enorm: Afrika hat 60 Prozent der besten Flächen für Solaranlagen, aber nur zwei Prozent der Solarinvestitionen.
Das liegt oft an den extrem hohen Kapitalkosten in ärmeren Ländern. Während ein Investor in Deutschland vier Prozent Zinsen bezahlt, können das in einem afrikanischen Land 14 Prozent sein. Daher kommt den Entwicklungsbanken eine wichtige Rolle zu. Diese können die Kapitalkosten für private Investoren senken. Die Entwicklungsbanken sollen denn auch 270 Milliarden Dollar zu den 1000 Milliarden beisteuern. Das ist deutlich mehr als geplant. In Baku haben diese Banken angekündigt, bis zum Jahr 2030 ihre Klimainvestitionen von heute 75 Milliarden auf 120 Milliarden zu steigern. Nötig wäre also mehr als eine weitere Verdoppelung. Wenn die Aktionäre dieser Banken, also die Länder der Welt, einer Kapitalerhöhung zustimmen, ist das aber machbar.
Der nächstgrößte Beitrag zu den 1000 Milliarden ist die klassische, bilaterale Entwicklungshilfe. Insbesondere die Anpassung an die Erwärmung, etwa der Bau von Deichen, und die Behebung von Schäden, etwa nach einer Überschwemmung, sind für private Investoren uninteressant. Folglich sind öffentliche Mittel erforderlich. Ein Teil davon kommt aus den betroffenen Ländern selbst, aber die Weltgemeinschaft muss weitere 130 Milliarden beisteuern. Davon sollen 90 Milliarden von den Industriestaaten kommen und 40 Milliarden von anderen Entwicklungsländern im Rahmen der Süd-Süd-Kooperation. Das entspricht etwas mehr als einer Verdoppelung der aktuell bereitgestellten Mittel. Das ist allerdings gut investiertes Geld: Durch die frühzeitige Anpassung an die Erwärmung können oft Schäden verhindert werden, die ein Vielfaches der Anpassungsinvestition kosten würden.
Die verbleibenden 150 Milliarden werden aus mehreren, kleineren Quellen finanziert: Dazu gehören Mittel für CO2-Kompensationen, Abgaben auf Schiffsdiesel oder Flugbenzin, eine Mindeststeuer für Milliardäre, der Tausch von Schulden gegen Klimaschutzmaßnahmen und Investitionen von privaten Stiftungen. Die meisten dieser potentiellen Geldquellen können allerdings nicht im Rahmen der UN-Klimakonvention und damit an Konferenzen wie COP29 erschlossen werden. Beim Gipfeltreffen der G20-Länder Anfang nächster Woche in Rio de Janeiro könnten hierzu aber erste Vorentscheidungen getroffen werden. Die genannten Zahlen blieben damit immer noch beeindruckend. Doch die Aufschlüsselung nach Finanzquellen zeigt auch: Es ist machbar.
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[1] Phobiapedia, Stand 14.11.2024: Meganumerophobia
[2] IHLEG, 14.11.2024: Raising ambition and accelerating delivery of climate finance (PDF)