Stahlindustrie setzt auf grün

Klimafreundliche Technologien setzen sich schneller durch als erwartet

Die Emissionen der Stahl-, Zement- und Chemieindustrie galten bislang als „schwer vermeidbar“. Doch für die Stahlindustrie scheint das nicht mehr zu stimmen. Dort stehen alternative Technologien zur Verfügung und Nachfrage nach Grünstahl gibt’s auch.

Fast alle neu angekündigten Stahlwerke setzen auf grüne Technologie. Das zeigt ein Bericht der Umweltorganisation Global Energy Monitor (GEM), die eine Datenbank mit den Stahlwerken dieser Welt unterhält. [1] Und diese Datenbank zeigt erstaunliches: Von den seit Beginn letzten Jahres angekündigten Stahlwerken sollen 93 Prozent mit klimafreundlichen Lichtbogenöfen ausgestattet werden. Im Jahr 2020 lag dieser Anteil noch bei 36 Prozent. Für GEM lässt das, „in den kommenden Jahren eine signifikante Verlagerung hin zur Stahlerzeugung in elektrischen Lichtbogenöfen“, erwarten. Damit werden herkömmliche Stahlwerke verdrängt, die Kohle statt Elektrizität nutzen.

Und auch bei der Eisenherstellung zeigen die GEM-Zahlen einen positiven Trend: 36 Prozent der geplanten Werke zur Verhüttung von Eisen setzen auf eine klimafreundliche Technologie, während nur neun Prozent der produzierenden Hüttenwerken diese Technologie nutzen. Auch hier wird also ein kohlebasierter Prozess langsam abgelöst. Wie groß der Klimaeffekt ist, lässt sich bei der Roheisenherstellung aber schlechter abschätzen. Wirklich „grün“ ist Roheisen nur, wenn das Eisenerz mit Hilfe von grünem Wasserstoff hergestellt wurde. Wenn stattdessen Methan, also Erdgas, verwendet wird, sind die Emissionen deutlich höher.

Nachfrage. Porsche plant ab 2026 grünen Stahl des schwedischen Herstellers H2 Green Steel zu nutzen. (Foto: Unbekannt / H2 Green Steel)
Nachfrage. Porsche plant ab 2026 grünen Stahl des schwedischen Herstellers H2 Green Steel zu nutzen. (Foto: Unbekannt / H2 Green Steel)

Ein Grund für die Investitionen in die grüne Eisen- und Stahlherstellung dürfte die Nachfrage sein. Die indische Marktforschungsfirma Fortune Business Insights schätzt, dass diese bis 2032 Jahr für Jahr um mehr als die Hälfte wächst, obwohl grüner Stahl zunächst noch teurer ist als herkömmlicher. [2] Für viele Abnehmer ist das aber nicht entscheidend, weil Stahl nur einen geringen Anteil an den Herstellungskosten ihrer Produkte ausmacht. Aus diesem Grund kommt die Unternehmensberatung McKinsey zum Schluss: „Die Nachfrage nach grünem Stahl wird wahrscheinlich schneller wachsen als das Angebot“ und Käufer werden bereit sein, eine „Prämie“ für grünen Stahl zu bezahlen. [3]

Auf die Eisen- und Stahlherstellung zusammen entfallen elf Prozent der globalen CO2-Emissionen und bislang galten diese als „schwer vermeidbar“. [1] Doch das scheint nicht mehr zu stimmen, sagt Kathy Reimann vom deutschen Thinktank Agora Industrie: „In der Stahlindustrie ist ein Wandel sichtbar und die Transformation des Sektors ist technisch früher möglich, als noch vor einiger Zeit erwartet: die Technologien sind marktreif, die Nachfrage nach Grünstahl steigt und die Anforderungen aus der Regulierung nehmen zu. Dies alles zeigt, dass Emissionen, die früher als ‚schwer vermeidbar‘ galten, inzwischen schon als ‚schnell vermeidbar‘ gelten können.“

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[1] GEM, Juli 2024: Pedal to the Metal 2024 (PDF)

[2] Fortune Business Insights, 15.07.2024: Green Steel Market

[3] McKinsey, 18.04.2023: The resilience of steel: Navigating the crossroads