Weltbank und IWF erwarten weiche Landung der Weltwirtschaft

Arme Länder verzeichnen einen Netto-Abfluss an ausländischen Mitteln

Für den Kampf gegen die Klimakrise und die Überwindung von Hunger und Armut sind riesige Investitionen erforderlich. Beim Frühjahrstreffen der internationalen Finanzinstitutionen wurde daher auch über die Einführung neuer Steuern etwa auf fossile Energien oder für Superreiche diskutiert.

Letzte Woche fand in Washington das Frühjahrstreffen der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) statt. Trotz des dramatischen geopolitischen Umfelds zeigt sich die Weltwirtschaft erstaunlich robust, wie der IWF schreibt: „Trotz düsterer Prognosen bleibt die Weltwirtschaft bemerkenswert widerstandsfähig. Das Wachstum ist stabil und die Inflation verlangsamt sich fast genauso schnell, wie sie gestiegen ist.“ [1] Für die kommenden beiden Jahre prognostiziert der Fonds jeweils 3,2 Prozent Wachstum und einen Rückgang der Inflation von über sieben Prozent letztes Jahr, auf 2,8 Prozent dieses Jahr und 2,4 Prozent im Jahr 2025. Der IWF kommt daher zum Schluss: „Die meisten Indikatoren deuten auf eine weiche Landung hin“, also eine Eindämmung der Inflation ohne Rezession.

Ursprungsort. Im Mount Washington Hotel in Bretton Woods wurde vor 80 Jahren das internationale Finanzsystem mit der Weltbank und dem IWF begründet. (Foto: rickpilot_2000 / Wikipedia)
Ursprungsort. Im Mount Washington Hotel in Bretton Woods wurde vor 80 Jahren das internationale Finanzsystem mit der Weltbank und dem IWF begründet. (Foto: rickpilot_2000 / Wikipedia)

Die Lage ist allerdings nicht für alle Länder gleich. Viele der ärmsten Länder haben sich noch immer nicht von der Coronakrise erholt und haben sehr hohe Schulden. Hinzu kommt, dass wegen der gestiegenen Zinsen in den Industriestaaten weniger Mittel in Entwicklungsländer fließen. Im Jahr 2020 hatten diese noch einen Netto-Zufluss von 150 Milliarden Dollar, wie Zahlen der britischen Entwicklungsorganisation One zeigen. [2] Neue Kredite und Investitionen überstiegen also die Abflüsse für Zinsen und die Rückzahlung von Krediten. Doch seither gingen die Zuflüsse stark zurück und letztes Jahr hatten diese Länder einen Netto-Abfluss von 21 Milliarden Dollar zu verzeichnen, der sich dieses Jahr auf rund 50 Milliarden Dollar verdoppeln wird. Grund dafür sind deutlich niedrigere Zuflüsse an privaten Investitionen und an Krediten aus China. Afrikanische Länder erhielten vorletztes Jahr 70 Prozent weniger Geld aus China als noch vor acht Jahren.

Wie schon in den beiden Jahren zuvor belastete der Ukrainekrieg die Beratungen. Doch diesmal trat auch Streit zwischen den Ländern zutage, die die Ukraine unterstützen. Der Grund dafür sind die eingefrorenen Guthaben der russischen Zentralbank. Die USA, Großbritannien und Kanada wollen diese Gelder der Ukraine zur Verfügung stellen. Der EU ist das hingegen rechtlich zu heikel und daher will sie der Ukraine nur die Erträge aus diesen Guthaben überweisen. Die Chefin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, sagte: „Der Übergang vom Einfrieren der Vermögenswerte zu deren Beschlagnahmung und Veräußerung muss sehr sorgfältig geprüft werden.“ Denn dies würde „die internationale Rechtsordnung, die wir schützen wollen, brechen“. [3] US-Finanzministerin Janet Yellen ist hinsichtlich dieser Gefahr deutlich entspannter: Es gebe „Wege die Risiken zu managen“, die aus diesem Schritt resultieren. [4]

Dass die EU und die USA unterschiedlicher Ansicht sind, ist nicht ungewöhnlich. Dass zwei deutsche Minister auf internationaler Ebene diametral andere Positionen vertreten, ist hingegen zumindest bemerkenswert. Konkret geht es um einen Vorschlag der diesjährigen G20-Präsidentschaft, Brasilien, Superreiche mit einer Vermögensabgabe zu belegen. Eine Abgabe von zwei Prozent könnte Jahr für Jahr rund 250 Milliarden Dollar mobilisieren. Finanzminister Christian Lindner bezeichnete diesen Vorschlag als „nicht geeignet“. [5] Entwicklungsministerin Svenja Schulze sagte stattdessen: „Viele der großen Probleme ließen sich besser lösen, wenn die Milliardäre fair Steuern zahlen würden. Deutschland sollte diese Debatte mitgestalten, sonst findet sie ohne uns statt.“ [6] Diskutiert wurde zudem eine Besteuerung der internationalen Luft- und Schifffahrt, von Finanztransaktionen und fossilen Energien. Erste Resultate dieser Diskussionen könnten bei der UN-Klimakonferenz im November vorgestellt werden.

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[1] IWF, 16.04.2024: Global Economy Remains Resilient Despite Uneven Growth, Challenges Ahead

[2] One, 16.04.2024: Net finance flows to developing countries turned negative in 2023

[3] Politico, 18.04.2024: ECB’s Lagarde digs in as US pushes Europe on using Russian assets for Ukraine aid

[4] Politico, 17.04.2024: Georgieva seals the deal

[5] Handelsblatt, 18.04.2024: Lindner lehnt Pläne für stärkere Besteuerung von Superreichen ab

[6] Politico, 19.04.2024: Angriff auf den Iran