Der Ökonom Avinash Persaud erklärt im Interview, wo Billionen fürs Klima zu finden sind
Sie wollen Tausende Milliarden in den Klimaschutz investieren. Ist das nicht etwas zu ambitioniert?
Unser Ziel ist es, die Menschen zu schockieren, damit sie den richtigen Maßstab finden. Wir sind nicht auf einen bestimmten Plan festgelegt. Wir wollen die Diskussion öffnen, damit die Menschen anfangen können, Pläne dieser Größenordnung zu diskutieren. Die Welt braucht vier Billionen Dollar oder mehr pro Jahr für das Klima. Derzeit geben wir etwa 800 Milliarden aus, ein Fünftel dessen, was wir pro Jahr brauchen.
Sie sagen, dass die Energiewende in Entwicklungsländern an den Kapitalkosten scheitert. Aber warum sind die Zinsen dort so hoch?
Das Hauptproblem bei den Kapitalkosten liegt nicht bei den Projekten selbst. Es liegt vielmehr an unserem internationalen Finanzsystem. Wenn es zu einer globalen Krise kommt, steigt die Nachfrage nach Dollar, Euro und Franken. Daher können die Regierungen der Industriestaaten auf die Krise reagieren, indem sie mehr Geld ausgeben und die Zinsen senken. Ihr Problem ist, dass ihre Währung zu stark ist. In den Entwicklungsländern ist es umgekehrt. Die Anleger steigen aus deren Währungen aus, wenn eine Krise eintritt. Die Regierungen müssen daher mit Ausgabenkürzungen und Zinserhöhungen reagieren. Das macht die Krise noch schlimmer. Der Privatsektor weiß das. Also sagt der private Sektor: Ich brauche eine Rendite, die mich dafür entschädigt.
Und wie lassen sich die Zinsen drücken?
Man muss die internationalen Reservewährungen nutzen. Das ist das Problem, das die Kapitalkosten verursacht, und wir machen dieses Problem zu einem Teil der Lösung, indem wir einen Fonds mit Sonderziehungsrechten (SDRs) des Internationalen Währungsfonds (IWF) kapitalisieren. Für SDRs wird derzeit nur ein Zins von 2,8 Prozent fällig. Daher könnte der Fonds dann Kredite mit einem niedrigen Zinssatz vergeben. Zudem könnte er sich privates Kapital leihen und die ursprüngliche Kapitalisierung um ein Vielfaches hebeln.
Es werden also keine Steuergelder aus den Industriestaaten in die Entwicklungsländer überwiesen?
Wenn manche sagen, dass reiche Länder zahlen müssen, dann bin ich mir sehr bewusst, dass niemand gewählt wurde, um einen großen Scheck an Ausländer auszustellen. Das sind Demokratien. Sie stellen nur große Schecks für ihre eigenen Leute aus. Wir mussten also eine Lösung finden, bei der sie einen Beitrag leisten, aber keinen großen Scheck ausstellen. Und die Art und Weise, wie sie ihren Beitrag leisten, ist die Verwendung des Wertes ihrer Reservewährungen. Es gibt 12,7 Billionen Dollar an Reserven, die für einen regnerischen Tag gehalten werden. Und ich sage: Wacht auf, dies ist der Regentag, und wir müssen eine Billion der 12,7 Billionen mobilisieren, das sind weniger als zehn Prozent, um die Ersparnisse des privaten Sektors zu aktivieren. Dies ist ein globaler Plan. Es ist kein Plan für die Entwicklungsländer oder für die Industriestaaten, sondern ein globaler Plan.
Und wie ist das bei der Erhöhung der Klimafinanzierung durch die Weltbank?
Auch hier müssen die Industriestaaten keinen Scheck ausstellen. Das Geld ist ja schon da, aber es muss besser genutzt werden.
Und wie ist das beim Fonds für Verluste und Schäden?
Hier sehen wir zwei Instrumente vor: Die Klauseln für Naturkatastrophen sind nicht sexy, aber es ist das größtmögliche Instrument. Wenn wir von einer Katastrophe getroffen werden, wird Liquidität im Wert von rund 17 Prozent unseres BIPs freigesetzt, indem der Schuldendienst ausgesetzt wird. Um das in den Kontext zu stellen: Die Weltbank und der IWF kommen mit großem Getöse zu uns und sagen: Seht her, wir haben ein tolles Angebot für euch, aber es ist auf zwei Prozent des BIPs begrenzt. Im Falle einer Katastrophe hilft jedes bisschen, aber zwei Prozent des BIPs reichen nicht aus. Das zweite Instrument ist der Fonds, der von denen befüllt wird, die von fossilen Energien profitieren. Diese müssten also tatsächlich Geld überweisen, aber sonst niemand.
Und bis wann wollen Sie all das erreichen?
Der Charakter der Bridgetown-Initiative besteht darin, dass sie sehr konkrete Ideen enthält, die alle innerhalb von 18 Monaten umsetzbar sind. Sie sind einzeln umsetzbar, aber gemeinsam würden sie das System verändern.
Avinash Persaud, 66, ist der Sondergesandte für Klimafinanzierung der Premierministerin von Barbados, Mia Mottley. Zuvor arbeitete Persaud für J. P. Morgan, UBS, State Street und GAM und war Professor am Gresham College in London. Persaud präsidierte zudem verschiedene Kommissionen zur Reform des Finanzsystems.
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