Kohle ist dreimal so teuer wie im Januar

Kohleimporte aus Russland lassen sich ersetzen

Braucht Deutschland eine nationale Kohlereserve? Derzeit prüft das Wirtschafts- und Klimaministerium diese Frage. Der Hintergrund ist der große Anteil Russlands an den Kohleimporten der EU.

Der Preis für Kohle hat sich seit Beginn des Jahres verdreifacht. Im Januar kostete eine Tonne Kohle für die Stromerzeugung im australischen Hafen Newcastle noch 140 US-Dollar. Mittlerweile liegt dieser Preis bei 420 Dollar. Diese massive Steigerung ist wahrscheinlich auch keine kurzfristige Preisspitze wie die Preise für „Kohlefutures“ zeigen. Der Markt erwartet, dass der Preis für den Rest des Jahres 2022 deutlich über 300 Dollar bleibt und erst gegen Ende des nächsten Jahres wieder auf dem Niveau vom Januar 2022 liegen wird. [1] Der Grund für die Marktturbulenzen ist Russlands Angriff auf die Ukraine und die westliche Sanktionen gegen das Land. Russland ist der drittgrößte Kohleexporteur der Welt mit einem Anteil von 18 Prozent am Weltmarkt für Kohle für die Energieerzeugung und 12 Prozent am Weltmarkt für Kokskohle für die Stahlproduktion. [2]

Die Abhängigkeit der EU von Russland ist allerdings deutlich grösser: Die Hälfte aller EU Kohleimporte kommt aus Russland. [3] Noch sind Energieimporte von den Sanktionen ausgenommen. Aber selbst wenn das so bleibt, ist nicht damit zu rechnen, dass in den kommenden Monaten noch nennenswerte Mengen an Kohle importiert werden. Während das meiste Gas und ein Drittel des Öls aus Russland per Pipeline in die EU transportiert werden, kommt Kohle meist auf dem Seeweg. Doch Reeder verlangen nun exorbitante Preise für Transporte von und nach Russland, wenn sie überhaupt noch bereit sind das Land anzusteuern. So bietet etwas die größte Containerreederei der Welt, Maersk, kein Transporte mehr nach Russland an. Aus diesem Grund hat Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck vor einer Woche angekündigt zu prüfen, ob Deutschland eine nationale Kohlereserve benötigt.

Not for export. Aus dieser Kohlemine in Indien wird Deutschland wohl keine Kohle bekommen, denn Indien hat selbst nicht genug. (Foto: TripodStories / Wikimedia)
Not for export. Aus dieser Kohlemine in Indien wird Deutschland wohl keine Kohle bekommen, denn Indien hat selbst nicht genug. (Foto: TripodStories / Wikimedia)

Der deutsche Verein der Kohleimporteure sieht dafür allerdings keinen Bedarf. „Steinkohleimporte aus Russland können in wenigen Monaten vollständig durch andere Länder ersetzt werden. Insbesondere aus den USA, Kolumbien und Südafrika“, sagte Vereinschef Alexander Bethe. „Es gibt einen gut funktionierenden, liquiden Weltmarkt. Es sind ausreichende Mengen vorhanden. Deutschland hat im letzten Jahr rund 18 Millionen Tonnen Steinkohle aus Russland importiert. Das sind nur rund zwei Prozent des gesamten Welthandels.“ [4] Zudem sei Deutschland auch nicht von qualitativen Eigenschaften russischer Kohle abhängig. Während Ölraffinerien auf einen ganz bestimmten Typ Öl ausgelegt sind, können verschiedene Kohlequalitäten gemischt werden, um die gewünschten Eigenschaften wie Energie- oder Schwefelgehalt zu erzielen.

Teuer bleibt Kohle trotzdem. Zum einen wird ein Teil der russischen Exporte komplett wegfallen, weil auch andere Länder wie China ihre Importe drosseln. Banken weigern sich Importe aus Russland zu finanzieren, weil sie befürchten die Sanktionen zu verletzen. Versicherer fürchten um ihren Ruf, wenn sie weiter mit Russland Geschäfte machen und Reeder riskieren im schlimmsten Fall ihre Schiffe, wenn diese unter Beschuss geraten. Und zum anderen wird der Kohleverbrauch dieses Jahr weltweit steigen. Der Gaspreis ist auf einem Rekordniveau und in den kommenden Monaten sollen vor allem Kohlemeiler die Stromproduktion sicherstellen, damit mit dem vorhandenen Gas eine europäische Gasreserve für den kommenden Winter angelegt werden kann. [5] Wie bei den hohen Öl-, Gas- und Nahrungsmittelpreisen werden auch unter dem hohen Kohlepreis insbesondere importabhängige Entwicklungsländer leiden, denn diese sind von der Krise gleich doppelt betroffen: Von den hohen Preisen und wegen des krisenbedingt starken US-Dollar. Dieser ist seit Jahresbeginn von 88 Eurocent auf 92 Eurocent gestiegen.

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[1] barchart, Stand 08.03.2022: ICE NewCastle Coal Mar ’22 (LQH22)

[2] IEA, 2021: Coal 2021 – Analysis and forecast to 2024 (PDF)

[3] EU, Stand 08.03.2022: Energy production and imports

[4] VdKi, 02.03.2022: Keine Abhängigkeit von russischer Kohle

[5] Spiegel, 28.02.2022: Habeck plant nationale Kohlereserve für 30 Wintertage