Vielzahl neuer Klimaziele und –initiativen könnte Wirkung zeigen

Die erste Woche der UN-Klimakonferenz in Glasgow übertrifft die Erwartungen

Nachdem die UN-Klimakonferenz wegen Corona um ein Jahr verschoben werden musste, waren die Erwartungen umso höher. Das zeigt sich in der Zahl der Teilnehmer, aber auch in der Zahl der neuen Initiativen. Was wirklich zählt, ist allerdings die Umsetzung.

Klimakonferenzen waren schon immer groß, aber Glasgow übertrifft Alles: Knapp 40.000 Menschen haben sich für die Konferenz in Schottland registriert, 10.000 mehr als für Paris. [1] In den ersten Tagen waren Großbritannien und die UNO denn auch mit der Logistik überfordert. Vor dem Eingang bildeten sich lange Schlangen. Nach Abreise der Staatschefs am Mittwoch verbesserte sich die Lage jedoch Tag für Tag. Das Warten hat sich allerdings gelohnt. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat eine Blitzanalyse der neuen Klimaziele und –initiativen gemacht: Wenn alle diese Ankündigungen eins zu eins umgesetzt werden, dann erwärmt sich das Klima um 1,8 Grad. Vor Glasgow lag dieser Wert noch bei 2,2 Grad. Die IEA-Analyse ist allerdings mit Vorsicht zu genießen: In der Hektik der ersten Tage war es nahezu unmöglich die Wirkung der oft vagen Ankündigungen genau zu analysieren.

Quickie. Ist die Blitzanalzse der IEA “to good to be true”? Genauere Anlasysen werden das hoffentlich bald zeigen. [2]

Bei den offiziellen Klimazielen der Länder kamen in Glasgow viele neue Netto-Null-Ziele hinzu. So gehören nun Indien, Nigeria, Brasilien und Vietnam zum Kreis der Staaten mit einem solchen Ziel. Zudem haben diverse Ländergruppen neue Initiativen lanciert: So wollen die Mitglieder des „Methan Versprechens“ ihre Emissionen dieses Treibhausgases bis 2030 um 30 Prozent reduzieren. Ebenfalls bis 2030 soll zudem die Entwaldung gestoppt werden. Viele Länder haben sich zum Ausstieg aus der Kohle bekannt, darunter Polen, Vietnam, Indonesien und die Ukraine. Dass die Kohleverstromung keine Zukunft mehr hat, war allerdings vor der Konferenz schon klar.

Neuerdings gilt das aber auch für Öl und Gas. 20 Länder und die Europäische Investitionsbank haben versprochen keine Öl- und Gasprojekte im Ausland mehr zu fördern darunter die USA, Kanada, Großbritannien und die Schweiz – nicht aber Deutschland. Pünktlich zur Konferenz kam dann auch die Nachricht, dass dieser Trend in der Realwirtschaft angekommen ist: Der US-Energiekonzern Exxon schrieb zum ersten Mal im Jahresbericht, dass für manche Investitionen in Öl und Gas „das Risiko einer Wertminderung“ besteht. Damit gesteht der Konzern zum ersten Mal ein, dass ein Teil der Öl- und Gasreserven unverkäuflich sein könnten. [3]

Fernsehprediger. Was wäre gewesen, wenn Al Gore auf Clinton gefolgt wäre? (Foto: IISD)
Fernsehprediger. Was wäre gewesen, wenn Al Gore auf Clinton gefolgt wäre? (Foto: IISD)

Auch bei der Klimafinanzierung gibt es Fortschritte: Die Industriestaaten robben sich langsam an die Erfüllung ihres 100-Milliarden-Versprechens heran. Dank Zusagen von Japan, Italien und Spanien könnten schon nächstes Jahr 100 Milliarden Dollar für die Entwicklungsländer bereit stehen. Das ist zwei Jahre später als versprochen, aber schneller als zu Konferenzbeginn gedacht. Zudem haben Finanzmarktakteure, die 130 Billionen Dollar verwalten, zugesagt, ihre Anlageportfolios bis zum Jahr 2050 auf netto-null zu bringen. Das bedeutet, dass sie die Emissionen aller Firmen erfassen, in die sie investieren, und diese Emissionen schrittweise auf netto-null reduzieren. Mark Carney, der frühere Chef der britischen Nationalbank und Mitinitiator dieser Initiative, schrieb dazu: „Das Geld ist jetzt da, wenn die Welt die Klimakrise wirklich aufhalten will.“ [4] Wie bei all‘ diesen Initiativen zählt letztlich aber nicht die Ankündigung sondern die Umsetzung. Aus diesem Grund hat UN-Chef António Guterres angekündigt, ein Expertengremium zu berufen, das die Umsetzung der vielen Netto-Null-Ziele von Unternehmen überprüfen soll.

Parallel zu all diesen Ankündigungen der Staats- und Wirtschaftsführer verhandelten Klimadiplomaten über die fehlenden Kapitel der Bedienungsanleitung des Paris Abkommens. Durchbrüche wurden hier – wie erwartet – nicht erzielt. Franz Perrez, der Leiter der Schweizer Delegation, zeigte sich allerdings positiv „überrascht“ ob des Tempos der Verhandlungen und der „konstruktiven Einstellung“ der Verhandler. Dies dürfe allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die zentralen, politischen Fragen noch nicht gelöst sind. Ob das gelingt zeigt dann Woche Zwei. mic

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[1] CarbonBrief, 03.11.2021: Which countries have sent the most delegates to COP26?

[2] Fatih Birol, 04.11.2021: Tweet

[3] Reuters, 03.11.2021: Exxon warns some assets may be at risk for impairment due to climate change

[4] Mark Carney, 03.11.2021: Tweet