Zehn Länder wollen aus der Förderung von Öl und Gas aussteigen
Die USA und China haben mit einem bilateralen Deal den Weg für das Pariser Abkommen geebnet. Ob der Deal in Glasgow ähnlich bedeutsam wird, bleibt aber abzuwarten. Gut ist, dass China sich bewusst scheint, dass es im Alleingang das 1,5-Grad-Ziel verunmöglichen kann.
Damit hatte niemand gerechnet. Am Mittwochabend präsentierten die USA und China eine gemeinsame Deklaration bei der UN-Klimakonferenz in Glasgow. [1] Darin versprachen sie, ihre Methanemissionen zu senken und stärker gegen illegale Abholzung von Wäldern vorzugehen. Außerdem beklagten sie, dass die Klimapläne der Länder nicht ausreichen, um die Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Und dann kam der zentrale Satz: Die beiden Länder versprachen „in diesem kritischen Jahrzehnt ehrgeizige Maßnahmen zu ergreifen gegebenenfalls auch durch die Aktualisierung der Klimapläne für 2030“.
Dieser Satz ist zentral, weil China bislang keine Bereitschaft gezeigt hat, den vor kurzem vorgestellten Klimaplan nachzubessern. Doch genau das ist entscheidend. China ist mit Abstand der größte Emittent der Welt und ohne eine Nachbesserung des chinesischen Klimaziels für das Jahr 2030 ist es nahezu unmöglich, dass das 1,5-Grad-Ziel „in Reichweite“ bleibt. Aus Sicht von Li Shuo von Greenpeace China signalisieren die beiden Länder mit der Deklaration zudem, dass sie das Klimathema vom Rest ihrer Beziehung abkoppeln wollen: „Den Klimawandel von den giftigen bilateralen Themen zu trennen, ist gut für die Welt.“ [2]
Die Deklaration der USA und Chinas wirft allerdings eine weitere Frage auf: Wo ist die EU? Diese hat beim Paris Abkommen eine zentrale Rolle gespielt, indem sie eine „Koalition großer Ambition“ mit den ärmsten Ländern und den kleinen Inselstaaten geschlossen hatte. Und in den Jahren der Präsidentschaft von Donald Trump gehörte die EU zu den zentralen Akteuren beim Klima. Doch kaum ist Trump weg, verhandelt China wieder bilateral mit den USA. Das ist auch die Schuld der EU. Im Vorfeld von Glasgow hatte die Präsidentin der UN-Klimakonferenz in Kopenhagen im Jahr 2009 gemahnt: „Nur wenige, wenn überhaupt, EU-Regierungen betreiben ernsthafte Diplomatie, um die ‚Koalition großer Ambition‘ wiederherzustellen.“ [3]
Weniger überraschend wurde am Donnerstag eine weitere Sektorinitiative vorgestellt, die die Förderung nicht nur von Kohle sondern auch von Öl und Gas beenden will. Angeführt von Dänemark und Costa Rica haben sich acht weitere Länder respektive Bundesstaaten zu diesem Schritt verpflichtet: Frankreich, Irland, Schweden, Wales, Grönland und Québec. Damit setzen diese Länder eine Erkenntnis der Internationalen Energieagentur (IEA) um: Wenn die Erwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll, sind keine Investitionen in die Erschließung neuer Öl- Und Gasfelder mehr erforderlich. [4]
Für Romain Ioualalen von der Umweltorganisation Oil Change International ist die neue Allianz trotz der wenigen Mitglieder von Bedeutung: „Die Gründung der Allianz stellt einen Wendepunkt dar. Viel zu lange haben die Klimaverhandlungen die Tatsache ignoriert, dass die Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad einen Plan erfordert, um fossile Brennstoffe im Boden zu halten.“ Kritik erhielten wie immer die Staaten, die die neue Initiative nicht unterstützen: Insbesondere Großbritannien als Gastgeber der Klimakonferenz und Deutschland wurden mehrfach genannt.
Kurz vor Ende der Klimakonferenz ist daher unabsehbar, wie diese ausgehen wird. Die EU will mehr Klimaschutz, ohne sich international dafür einzusetzen. Die US-Regierung will auch mehr Klimaschutz, aber es ist nicht sicher, dass sie das innenpolitisch durchsetzen kann. Länder wie Saudi Arabien, Russland und Australien wollen ihre fossilen Geschäftsmodelle retten. Brasilien will sich einen Verzicht auf die Zerstörung des Regenwalds teuer bezahlen lassen. Und viele Entwicklungsländer brauchen nicht zuletzt wegen Corona schlicht mehr Unterstützung. Wie aus diesen vielen, unterschiedlichen Anliegen schließlich ein kohärentes Gesamtpaket werden soll, weiß womöglich noch nicht mal die britische Konferenzpräsidentschaft. mic
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[2] Li Shuo, 10.11.2021: Tweet
[3] Project Syndicate, 18.10.2021: The EU Must Step Up in Glasgow