Staaten wollen Märkten beim Klimaschutz auf die Sprünge helfen

Fünf Sektorinitiativen sollen schnell für Technologiedurchbrüche sorgen

Freie Märkte allein werden nicht schnell genug klimafreundliche Technologien hervorbringen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen. Eine Ländergruppe will daher in fünf Sektoren die Märkte durch Koordination und staatliche Maßnahmen in die Richtung lenken.

Die Kosten für Batterien sind in den letzten zehn Jahren um 90 Prozent gefallen. Möglich gemacht hat das die Lernkurve: Mit jeder Verdoppelung der Zahl der jemals hergestellten Batterien fallen die Kosten um einen bestimmten Prozentsatz, weil die Produktion durch Erfahrung immer effizienter wird. Dieser Effekt wurde lange unterschätzt, weswegen die Kosten für Klimaschutz überschätzt wurden. Viele Technologien sind aber noch ganz am Anfang ihrer Lernkurve: Dies gilt etwa für grünen Stahl, der mit Hilfe von Wasserstoff statt mit Kokskohle hergestellt wird. Wenn es gelingen würde, die Produktion von grünem Stahl schnell zu erhöhen, dann ließen sich die Kosten ebenso schnell senken. Das ist die Logik hinter fünf Sektorinitiativen, die am Dienstag an der UN-Klimakonferenz in Glasgow lanciert wurden. Boris Johnson sagte dazu: „Indem wir saubere Technologien zur günstigsten Wahl machen, zur Standardlösung in den derzeit umweltschädlichsten Sektoren, können wir die Emissionen auf der ganzen Welt senken.“ [1]

Körpereinsatz. Boris Johnson macht die Handzeichen für 1 Komma 5. ( Karwai Tang / COP26)

Zunächst wurde für die Sektoren Stromerzeugung, Straßenverkehr, Wasserstoff, Stahl und Landwirtschaft jeweils eine „Breakthrough“ (englisch für Durchbruch) Initiative lanciert. Mitglieder dieser Initiativen sind mehr als 40 Staaten rund um die Welt, darunter die EU, die USA, China, Indien. Insgesamt decken diese Länder rund drei Viertel der globalen Wirtschaftsleistung ab. Mitglieder sind aber auch Firmen aus den jeweiligen Branchen. Das können sowohl Hersteller als auch Käufer sein. Im Stahlbereich haben etwa 25 internationale Großkonzerne einen „Käufer Club“ gebildet. Dieser garantiert den Stahlherstellern, dass diese ihren grünen Stahl auch tatsächlich verkaufen können, selbst wenn dieser anfangs teurer ist als herkömmlicher Stahl. Ergänzt wird dies durch eine Regierungsmaßnahme: Die EU und die USA haben beim G20-Gipfel bekannt gegeben, dass sie ihre Zölle auf grünen Stahl abschaffen.

Für Nigel Topping vom britischen Team der Konferenzpräsidentschaft ist dieses Modell gar die eigentliche Aufgabe künftiger Klimakonferenzen: „Genau darum geht es bei der Zukunft der UN-Klimakonferenzen: eine Ambitionsschleife in Gang zu bringen zwischen politischer Führung und der Dynamik des Privatsektors.“ Ähnlich sieht das Nick Mabey vom britischen Umweltthinktank E3G der im Hinblick auf die Initiativen sagte, diese brächten „den Klimawandel aus den Verhandlungsräumen in die reale Wirtschaft“. [2] Wie wichtig das ist, zeigt eine Studie, die parallel zu den Initiativen veröffentlicht wurde. „Staatliche Maßnahmen zur Gestaltung von Märkten für saubere Technologien sind der Schlüssel, um den raschen Wandel voranzutreiben, der notwendig ist, um die Ziele des Pariser Abkommens zu erreichen.“ Oder anders: Der Markt allein wird’s nicht richten und „die Verwirklichung von ‘Netto-Null’ erfordert ein ausgefeilteres wirtschaftliches Verständnis von Innovation und Übergang“. mic

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[1] gov.uk, 02.11.2021: World leaders join UK’s Glasgow Breakthroughs to speed up affordable clean tech worldwide

[2] BBC, 02.11.2021: Leaders agree global plan to boost green technology

[3] UCL, 02.11.2021: Government action to shape markets can meet the goals of the Paris Agreement and boost economies