Für Naturkatastrophen wegen des Klimawandels wird neuer Fonds geschaffen
Das wird den Finanzminister freuen: Dank der deutschen Beteiligung an einer Rückversicherung winken in Zukunft Gewinne. Das Ziel ist allerdings ein anderes. Klimarisiken sollen von armen Ländern auf Versicherungskonzerne übertragen werden.
In Entwicklungsländern sind weniger als fünf Prozent der Menschen gegen Naturkatastrophen versichert. Das deutsche Entwicklungsministerium will das ändern und kündigte gestern an der Klimakonferenz in Madrid „den Beginn eines Risikotransfers in großem Stil“ an – „von Entwicklungsländern zu den internationalen Rückversicherungsmärkten“. Dazu beteiligt sich Deutschland mit 25 Millionen Euro am Natural Disaster Fund (NDF). Dieser wurde letztes Jahr von Großbritannien ins Leben gerufen und ebenfalls mit 25 Millionen alimentiert. Außerdem beteiligt sich neu auch der Versicherungskonzern Hannover Re mit 50 Millionen Euro.
Der Fonds funktioniert wie eine normale Rückversicherung bei der sich Versicherungen aber auch Regierungen oder humanitäre Organisationen gegen Naturkatastrophen versichern können. Neu ist allerdings, dass die Versicherungsnehmer keine konkreten Schadensfälle nachweisen müssen. Es reichen zum Beispiel meteorologische Daten, die zeigen, dass eine Insel von einem Wirbelsturm getroffen wurde. Anschließend schüttet die Versicherung sofort Geld an deren Bewohner oder an eine Hilfsorganisation aus. Es handelt sich daher um eine „Parametrische Wetterversicherung“. Die neue Initiative ist Teil des Insuresilience Programms der G20-Staaten, mit dem bis zum Jahr 2025 insgesamt 500 Millionen Menschen gegen Naturkatastrophen versichert werden sollen.
Mit der Beteiligung am NDF wird Deutschland ein gewinnstrebiges Rückversicherungsunternehmen, denn die Versicherungsnehmer müssen natürlich eine Prämie bezahlen. Henning Ludolphs von der Hannover Re sagt: „Die (auf Wahrscheinlichkeiten basierende) Erwartung ist, dass über die Zeit und über all diese Projekte die Summe aller Prämien höher ist als die Summe aller Schäden.“ Und wenn für die Hannover Re ein Gewinn anfällt, dann auch für Deutschland, denn alle NDF-Teilhaber „sind ‚im gleichen Boot‘“. Die zu bezahlenden Prämien werden eine „eine große Bandbreite von vielleicht zwei bis 15 Prozent“ der maximal versicherten Schadenssumme haben, schätzt Ludolphs. Wie bei jeder anderen Versicherung gelte auch beim NDF: „Je höher das Risiko desto höher die Prämie.“
Die Reaktion der Umweltorganisationen auf die deutsche NDF-Beteiligung ist zweigeteilt. Sabine Minninger vom Hilfswerk Brot für die Welt sagt: “Wir begrüßen die Ankündigung der Bundesregierung, Klimarisiken in armen Ländern finanziell abzufedern. Gerecht wäre es aber eigentlich, wenn die Industriestaaten die Prämien komplett übernehmen würden. Sie haben die Klimakrise zum allergrößten Teil verursacht.“ Harjeet Singh von der Hilfsorganisation Actionaid kritisiert hingegen das NDF-Modell: „Warum können Deutschland und die anderen Industriestaaten ihre Faszination mit Versicherungslösungen nicht überwinden? Versicherungen helfen nicht gegen den steigenden Meeresspiegel.“ Singh stößt sich auch am privatwirtschaftlichen Ansatz: „Damit hilft man einfach Versicherungskonzernen beim Markteintritt in Entwicklungsländern.“
Einig sind sich Minninger und Singh hingegen in einem anderen Punkt. Die Entwicklungsländer fordern in Madrid, dass ein Fonds geschaffen wird, der für Verluste und Schäden in Folge des Klimawandels aufkommt. Dies wollen insbesondere Australien und die USA aber auch die meisten anderen Industriestaaten verhindern. Singh bezeichnet den NDF daher als „Ablenkungsmanöver“ und Minninger fordert: Der NDF „verleiht Deutschland eine Vorreiterrolle. Die Bundesregierung sollte diese Chance nutzen und die anderen Industriestaaten motivieren, auf die Forderung der Entwicklungsländer einzugehen“. mic
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