Menschen nutzen über ein Viertel der pflanzlichen Biomasse, die jedes Jahr nachwächst
Land wird für die Herstellung von Nahrungsmitteln, als Lebensraum für Arten und für den Kampf gegen die Klimaüberhitzung gebraucht. Lösungen existieren, um Probleme bei dieser Nutzungskonkurrenz zu vermeiden. Diese müssen aber in großem Stil zum Einsatz kommen.
Wie die Menschheit die Landfläche des Planeten nutzt, ist entscheidend bei der Begrenzung der Klimaerwärmung und der Anpassung an deren Folgen. Dies ist das Ergebnis eines Berichts des Weltklimarats IPCC zu Klima und Land, der am Mittwoch von den IPCC-Mitgliedsländern verabschiedet wurde. [1] Dieser beschreibt eindrücklich die Dimension des menschlichen „Fußabdrucks“ auf unserem Planeten: 70 Prozent der eisfreien Landfläche ist Einwirkungen des Menschen ausgesetzt. [1 s. A.1] Dieser braucht für sich und seine Nutztiere zwischen einem Viertel und einem Drittel der pflanzlichen Biomasse, die jedes Jahr auf der Erde nachwächst. [1 s. A.1.1] Davon werden dann 25 bis 30 Prozent verschwendet oder gehen verloren. Der Rest landet auf Tellern, ist aber sehr ungleich verteilt: Zwei Milliarden Menschen sind übergewichtig und 820 Millionen leiden unter Hunger. [1 s. A1.4] Nachhaltig ist diese Wirtschaftsweise nicht: Ein Drittel der genutzten Böden ist bereits geschädigt oder einfach weg. Wenn Felder umgepflügt werden, geht 100 Mal mehr Mutterboden verloren als jährlich neu gebildet wird. [1 s. A.1.5]
Die Bodennutzung hat auch entscheidende Wechselwirkungen mit der Klimakrise. Knapp ein Viertel der Treibhausgasemissionen gehen auf die Land- und Forstwirtschaft respektive die Entwaldung zurück. Noch ist die Bilanz des Sektors allerdings in etwa ausgeglichen. Beim Pflanzenwachstum wird in etwa die gleiche Menge an CO2 gebunden. Doch womöglich nicht mehr lange: „Die Beständigkeit diese Senke ist unsicher wegen der Klimaerwärmung“, schreiben die IPCC-Autoren. [1 s. A.3] Erschwerend kommt hinzu, dass eine Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad einen enormen Landbedarf mit sich bringt. Schon im Jahr 2050 werden bis zu sieben Millionen Quadratkilometer Land für den Anbau von Energiepflanzen benötigt. [1 s. B.7.3] Dies entspricht der anderthalbfachen Fläche der EU. Die Energiepflanzen können dann zu Bioenergie etwa in Form von Biogas weiterverarbeitet werden. Wenn das Gas in einem Kraftwerk verbrannt wird, kann anschließend das CO2 abgeschieden und im Boden verpresst werden. Diese Technik nennt sich CCS (von englisch Carbon Capture and Storage). Kombiniert mit Bioenergie (BE) ergibt sich daraus BECCS, eine Methode um der Atmosphäre CO2 zu entziehen.
Wieviel Land für BECCS zur Verfügung steht, hängt allerdings entscheidend vom „sozio-ökonomischen Entwicklungspfad“ ab, den die Menschheit einschlägt (siehe Tabelle). [1 s. Box SPM.1] Wenn die Weltbevölkerung von heute 7,5 Milliarden Menschen bis zum Jahr 2100 auf 7 Milliarden fällt und diese einen ressourcenschonenden Lebensstil pflegen, dann steht mehr Land für BECCS zur Verfügung als wenn die Bevölkerung weiter wächst. Dabei wäre im zweiten Fall Klimaschutz eigentlich noch dringlicher. Denn im zweiten Fall besteht schon bei einer Erwärmung um 1,3 bis 1,7 Grad ein „hohes Risiko“ für die Versorgung mit Nahrungsmitteln. Bei weniger Menschen und einem pfleglichen Umgang mit den natürlichen Ressourcen liegt diese Schwelle hingegen deutlich höher: bei 2,5 bis 3,5 Grad. [1 s. A.6.4]
Sozio-ökonomische Entwicklungspfade
Pfad SSP1 | Pfad SSP3 | |
---|---|---|
Bevölkerung | 7 Milliarden bis 2100 | 13 Milliarden bis 2100 |
Einkommen | Hoch mit geringerer Ungleichheit | Niedrig mit hoher Ungleichheit |
Ressourcen-verbrauch | Geringer Verbrauch bei Konsum und Produktion | Hoher Verbrauch bei Konsum und Produktion |
Handel | Frei. Schnelle Verbreitung von neuen Umwelttechnologien | Eingeschränkt. Langsame Verbreitung von neuen Umwelttechnologien |
Ernährungs-sicherheit | "Hohes Risiko" ab 2,5 bis 3,5 Grad Erwärmung | "Hohes Risiko" ab 1,3 bis 1,7 Grad Erwärmung |
Land für BECCS | "Mittleres Risiko" ab 1 bis 4 Millionen km2 für BECCS | "Mittleres Risiko" ab 0,1 bis 1 Million km2 für BECCS |
BECCS ist allerdings nicht die einzige Methode wie mittels Landnutzung Klimaschutz betrieben werden kann. Am naheliegendsten ist, die Abholzung von Wäldern und die Trockenlegung von Feuchtgebieten zu beenden respektive diese wiederherzustellen. Aber auch in bewirtschafteten Böden lässt sich deutlich mehr Kohlenstoff binden. Allein durch das Pflanzen von Bodenbedeckern auf saisonal brachliegenden Feldern ließe sich knapp eine halbe Milliarde Tonnen CO2 zusätzlich im Boden speichern. Ähnliche Resultate lassen sich durch die Ausbringung von Biokohle auf bestimmten Bodentypen erreichen. [1 s. B.5.2] Bei diesen und anderen Methoden wird dabei zusätzlich eine Verbesserung der Bodenqualität erzielt. Diese Maßnahmen sind allerdings mit Kosten verbunden. Der IPCC schätzt, dass pro Hektar durchschnittlich 500 Dollar investiert werden müssen, um den Boden nachhaltig zu nutzen. [1 s. D.2.3]
Wichtig ist zudem eine Reduzierung der Nachfrage nach Lebensmitteln. Hier bietet sich insbesondere eine Reduktion der enormen Verluste in armen Ländern wegen schlechter Logistiksysteme und die Verschwendung von Nahrungsmitteln in reichen Ländern an. Außerdem kann eine Umstellung auf eine weniger fleischintensive Ernährung den Bedarf an Futtermitteln reduzieren. Dies hätte zudem einen positiven Einfluss auf die Volksgesundheit. Entscheidend ist letztlich eine Kombination von all diesen Maßnahmen: „Es gibt nicht die eine Patentlösung“, sagt Debra Roberts, eine der Hauptautorinnen der Studie. [2 s. 42:00] Dafür gibt es viele Lösungen für die einzelnen Elemente der Landnutzung, betont derweil ihre Kollegin Valérie Masson-Delmotte: „Wir brauchen keine disruptiven Innovationen. Die Praktiken und Techniken existieren. Die Herausforderung ist, diese in großem Stil anzuwenden.“ [2 s 49:00] mic
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