UN-Umweltversammlung setzt Kreislaufwirtschaft auf globale Agenda
Die zweijährlich stattfindende UN-Umweltversammlung ist das höchste Entscheidungsgremium der globalen Umweltpolitik. Die Dringlichkeit der globalen Umweltprobleme fand aber nur teilweise Eingang in die Beschlüsse.
„Wir wollen die Menschen durch Hoffnung und nicht durch Angst zum Handeln inspirieren“, schrieb Joyce Msuya, die interimistische Chefin des UN-Umweltprogramms (Unep), in ihrer Einladung zur diesjährigen UN-Umweltversammlung (Unea) in Kenias Hauptstadt Nairobi. [1] Das gelang nur bedingt. Die verschiedenen Berichte, die im Rahmen der Unea veröffentlicht wurden, haben alle einen ähnlichen Tenor: Die Lage ist verzweifelt und es drohen apokalyptische Zustände, aber noch besteht die Chance den Planeten zum Besseren zu wenden. Ein Beispiel ist der Bericht zum Ressourcenverbrauch: In den letzten 50 Jahren hat sich der Verbrauch an Ressourcen auf 92 Milliarden Tonnen pro Jahr mehr als verdreifacht und das Wachstum beschleunigt sich derzeit sogar noch. Msuya sagt dazu: „Wir pflügen uns durch die endlichen Ressourcen dieses Planeten als gäbe es kein Morgen. Und offen gesagt: Für viele Menschen wird es kein Morgen geben, wenn wir nicht stoppen.“ [2] Erforderlich sei daher eine Kreislaufwirtschaft, die nahezu keine Abfälle produziert. Dies sei „möglich“, sagt der Bericht, und würde zudem „das Wirtschaftswachstum unterstützen“.
Aber der Verbrauch an Sand, Metallen und Agrargütern ist natürlich nur eines von vielen Problemen: Selbst wenn das Pariser Klimaabkommen eingehalten wird, werden Gebiete mit Permafrost um 45 Prozent schrumpfen. Dadurch wird Methan freigesetzt, ein Treibhausgas. Der Klimawandel verstärkt sich daher selbst und dies könne dazu führen, dass sich die Erwärmung nicht bei zwei Grad stoppen lässt. [3] Nicht besser ist es beim Artenschutz: Hier erlebt die Welt gerade ein „grosses Aussterbe-Ereignis“ und auch wenn eine Art nicht ausstirbt, nimmt die Zahl der Tiere ab. In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der Wirbeltiere auf der Erde um 60 Prozent gesunken. [4] Schlecht steht es auch um die Ozeane: Die werden von Fisch entleert und mit Plastikmüll befüllt. Und zum Süsswasser sagt der Geo6-Bericht: Weil zuviele Antibiotika ins Wasser gelangen, „finden sich Antibiotika-resistente Bakterien weltweit im Trinkwasser“. „Todesfälle wegen dieser Bakterien steigen schnell an und es wird erwartet, dass dies eine der wichtigen Todesursachen im Jahr 2050 wird.“ [5] Msuya schreibt daher, es seien „fundamentale Transformationen erforderlich, um das menschliche Leben zu erhalten.“ [1] Und das in nahezu jedem Bereich: „Transformationen in unserem Nahrungssystem, Energiesystem, Abfallsystem, Wirtschaftssystem und nicht zuletzt in unserem Wertesystem.“
Vor diesem Hintegrund wirken die Unea-Ergebnisse eher bescheiden: Die Länder der Welt verhandelten dort über 17 verschiedene Entschliessungsanträge. 15 wurden schliesslich verabschiedet. Knapp die Hälfte davon betreffen verschiedene Elemente der Kreislaufwirtschaft vom Abfallmanagement über die Verschwendung von Lebensmitteln bis zur Vermüllung der Meere und Einwegplastik. Um den letzten Antrag wurde besonders hart gerungen und die EU, Indien und andere Länder zeigten sich enttäuscht, dass nur eine stark abgeschwächte Resolution verabschiedet werden konnte. Positiv wurde hingegen hervorgehoben, dass im Rahmen von Chemieabfällen ein besonderes Augenmerk auf die Schwermetalle Blei und Kadmium gelegt wird. Weitere Entscheidungen betreffen nachhaltige Mobilität und Infrastruktur sowie den Abbau von Bodenschätzen. Konsens konnte schliesslich auch beim Artenschutz und dem Schutz der Böden erzielt werden.
Bei zwei Anträgen gelang keine Einigung. Der erste kam von der EU und betraf den Zusammenhang zwischen der Produktion von Agrargütern wie Palmöl oder Soja und dem Verlust an Wäldern. Einige Entwicklungsländer hatten hier den Eindruck, der Antrag ziele speziell auf sie ab und würdige ihre Rolle bei der Nahrungsmittelversorgung der Welt nicht genügend. Welche Länder dies waren geht aus dem inoffiziellen Unea-Protokoll allerdings nicht hervor. [6] Mangels Aussicht auf Konsens zog die EU den Antrag schliesslich zurück – zum Bedauern anderer Entwicklungsländer wie Kolumbien oder Bolivien.
Den zweiten erfolglosen Antrag hatte die Schweiz gestellt. Sie wollte die Chancen und Risiken von Geoengineering-Methoden vom Unep untersuchen lassen. Darunter fällt etwa das Versprühen von Schwefel in der Atmosphäre, um die Sonneneinstrahlung und damit die Klimaerwärmung zu reduzieren. Die Unep-Untersuchung hätte ein erster Schritt sein sollen, um den Einsatz solcher Methoden auf globaler Ebene zu regeln und sicherzustellen, dass kein Land unilateral Geoengineering betreibt. Doch insbesondere die USA und Saudi Arabien wollten hier einen multilateralen Ansatz verhindern, während eine breite Koalition von Ländern den Schweizer Antrag unterstützte darunter die EU. [7] Dass der Schweizer Antrag scheiterte, entbehrt nicht einer gewissen Ironie: Schliesslich sind massenhafte Emissionen, die Versauerung der Meere oder die Abholzung riesiger Flächen nichts anderes als Geoengineering. mic
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[1] Unep, 06.03.2019: We are past pledging and politicking: the way forward in 2019 (PDF)
[2] Unep, 12.03.2019: UN calls for urgent rethink as resource use skyrockets
[3] Unep, 13.03.2019: 3-5°C temperature rise is now ‘locked-in’ for the Arctic
[4] Unep, 13.03.2019: GEO6 – Summary for Policy Makers (PDF)
[5] Unep, 13.03.2019: Geo6 – Chapter 9 Freshwater (PDF)
[5] IISD, 15.03.2019: Earth Negotiations Bulletin – UNEA-4 Highlights Thursday, 14 March 2019
[6] IISD, 14.03.2019: Earth Negotiations Bulletin – UNEA-4 Highlights Wednesday, 13 March 2019