Die Verabschiedung des Regelbuchs für das Paris Abkommens könnte dieses Jahr scheitern
Es ist die wohl komplizierteste Bedienungsanleitung der Welt: das Regelbuch fürs Pariser Klimaabkommen. Dieses soll im Dezember verabschiedet werden, doch bislang reichen die Vorarbeiten nicht aus, um diesen Termin zu halten.
In Thailands Hauptstadt Bangkok beginnt heute eine einwöchige Klimakonferenz. Diese dient der Vorbereitung der Konferenz im Dezember in der polnischen Stadt Katowice. Dort soll die Bedienungsanleitung für das Pariser Klimaabkommen verabschiedet werden. Ob das gelingt ist allerdings unsicher. Die Vorsitzenden der verschiedenen Verhandlungsstränge warnen in einem ungewöhnlichen Schreiben: „Der Fortschritt in allen Bereichen ist ungenügend, um die Arbeit im Dezember abzuschliessen.“ [1] Was fehlt ist ein Verhandlungstext mit klaren Optionen und in der Form eines völkerrechtlichen Vertrags. Was bisher vorliegt sind eine 165-seitige Ideensammlung [2] sowie acht „Werkzeuge“ mit insgesamt 189 Seiten [3, 4, 5, 6, 7, 8, 9, 10]. Damit da der Überblick nicht verloren geht, gibt es zusätzlich eine 16-seitige Tabelle, die den Stand der Arbeiten anzeigt. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, dass die Verhandlungvorsitzenden die Lage als „bei Weitem nicht ideal“ einschätzen. [1]
Erschwerend kommt die Situation des Grünen Klimafonds (GCF) hinzu. Dessen letzte Sitzung wurde ergebnislos abgebrochen. Anschliessend trat zudem der GCF-Chef Howard Bamsey aus persönlichen Gründen zurück. Gleichzeitig geht dem Fonds langsam das Geld aus, nicht zuletzt weil sich die USA weigern, wie versprochen dem GCF weitere zwei Milliarden Dollar zur Verfügung zu stellen. Die Verhandlungen sind nicht direkt von den Wirrnissen beim GCF betroffen. Der Fonds hat aber eine grosse symbolische Bedeutung für die Entwicklungsländer und daher besteht die Gefahr, dass das Vetrauen zwischen den Ländern Schaden nimmt. Patricia Espinosa, die Chefin des UN-Klimasekretariats, appeliert daher insbesondere an die Finanzminister der Welt: „Es ist unabdingbar, dass dem Fonds auf politischer Ebene Beachtung geschenkt wird, um diese Institution zum Laufen zu bringen.“ [12]
Doch zurück zur Bedienungsanleitung für das Paris Abkommen: Hier wollen die Industriestaaten, dass für alle Länder weitgehend die gleichen Regeln gelten. Ausnahmen soll es nur für die ärmsten und kleinsten Staaten geben. Manche Entwicklungsländer hätten dagegen am liebsten zwei unterschiedliche Regelbücher – eins für Industrie- und eins für Entwicklungsländer. Zu letzterem wird es nicht kommen. Dennoch sei klar, dass ein gewisses Mass an Flexibilität erforderlich ist, sagt Espinosa: „Die Komplexität besteht darin, ein Regime zu bauen, dass für alle Länder gilt und gleichzeitig flexibel ist, um den unterschiedlichen Realitäten gerecht zu werden.“ [13] Wieviel Flexibilität die Entwicklungsländer einfordern werden, hängt auch von der Unterstützung ab, die sie von den Industriestaaten bekommen. Mehr finanzielle und technische Hilfe sowie Unterstützung beim Aufbau der nötigen Strukturen macht es den Entwicklungsländern leichter, einheitlichen Regeln zuzustimmen.
Erschwerend kommt hier zusätzlich die Position der USA hinzu. Diese sind noch Mitglied des Paris Abkommens und nehmen auch an den Verhandlungen teil. Dort werden sie inbesondere darauf achten, dass für China keine laxeren Regeln gelten als für die USA. Gleichzeitig wollen sie aus dem Abkommen aussteigen und verweigern auch jedwede Klimagelder. Der Erfolg bei den Verhandlungen im Jahr 2015 in Paris beruhte zu einem guten Teil auf einem Übereinkommen zwischen den USA und China. Beide wollten das Abkommen und waren auch bereit sich gegenseitig Zugeständnisse zu machen. Heute herrscht hingegen ein Handelskrieg und der Kampf gegen die Klimakrise ist nicht länger ein gemeinsames Projekt der beiden Grossmächte. Dass Espinosa die Verhandlungen als „Chance für den multilateralen Prozess und die Weltgemeinschaft, ein globales Problem zu lösen“ sieht, erscheint da zumindest optimistisch. [14]
Ausserhalb der UN-Verhandlungen zeigt das Paris Abkommen dafür bereits Wirkung – auch ohne Regelbuch. Immer mehr Bundestaaten, Städte und Unternehmen richten sich am Paris-Ziel aus, die Klimaerwärmung auf „deutlich unter zwei Grad“ oder gar auf 1,5 Grad zu begrenzen. Diese Anstrengungen werden bei zwei Veranstaltungen Mitte und Ende September im Vordergrund stehen: beim Global Climate Action Summit in San Francisco und während der „Klimawoche“ in New York, die parallel zur UN-Generalversammlungen stattfindet. Wo die Welt beim Kampf gegen den Klimawandel steht, erfährt sie dann im Oktober. Dann stellt der Weltklimarat IPCC seinen Sonderbericht zum 1,5-Grad-Ziel vor. Damit wäre dann die Bühne für die Konferenz in Katowice vorbereitet. Über Erfolg oder Scheitern entscheidet womöglich aber schon die Konferenz in Bangkok. mic
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[2] UNFCCC, 10.05.2018: Agenda items 3–8 – Draft conclusions proposed by the Co-Chairs (PDF)
[4] UNFCCC, 06.08.2018: Additional tool under item 3 of the agenda (PDF)
[5] UNFCCC, 02.08.2018: Additional tool under item 4 of the agenda (PDF)
[6] UNFCCC, 03.08.2018: Additional tool under item 5 of the agenda (PDF)
[7] UNFCCC, 02.08.2018: Additional tool under item 6 of the agenda (PDF)
[8] UNFCCC, 02.08.2018: Additional tool under item 7 of the agenda (PDF)
[9] UNFCCC, 02.08.2018: Additional tool under item 8 of the agenda (PDF) (first part)
[10] UNFCCC, 02.08.2018: Additional tool under item 8 of the agenda (PDF) (second part)
[13] UNFCCC, 03.09.2018: What’s up at the Bangkok Climate Change Conference (Video)