Thailand überdenkt seinen Strommix

Nach drei Kohlekraftwerken steht nun auch ein Staudamm vor dem Aus

Vor drei Jahren hat Thailand noch mit einer enormen Zunahme des Stromverbrauchs und relativ wenig Erneuerbaren geplant. Doch dieser Plan ist weitgehend Makulatur und Kraftwerksprojekte werden zurückgestellt.

Thailand wird derzeit von Putschgenerälen regiert. Das bedeutet aber nicht, dass die Regierung stets ihren Willen durchsetzen kann. So wurden in den letzten beiden Monaten drei Kohlekraftwerke zurückgestellt: eins in der Urlaubsprovinz Krabi und zwei in der weiter südlich gelegenen Provinz Songkhla. Nach Protesten von Betroffenen in der Hauptstadt Bangkok hat die Regierung zugesagt, neue Umwelt- und Gesundheitsgutachten zu erstellen. [1] Damit wird erst die nächste Regierung über diese Kraftwerke entscheiden, falls im Februar nächsten Jahres tatsächlich Wahlen stattfinden, wie es die Militärregierung versprochen hat.

Nun wurde bekannt, dass Thailand wohl von einem weiteren Grossprojekt Abstand nehmen könnte: dem Wasserkraftwerk Pak Beng am Mekong in Laos. [2] Hier will Thailands Behörde für Stromerzeugung Egat den geplanten Stromkaufvertrag erneut prüfen. 90 Prozent des Stroms aus dem 912-Megawatt-Projekt sollen nach Thailand exportiert werden. „Diese Entwicklung zeigt, wie Pläne für zukünftige Dammprojekte scheitern könnten“, sagt Brian Eyler vom US-Thinktank ‚Stimson Center‘. [3] Erstaunlich sei zudem, dass Egat seine Entscheidung zuerst der lokalen Umweltorganisation ‚Rak Chiang Kong‘ in Nordthailand mitgeteilt hat. Diese hatte zuvor gegen das Projekt geklagt. Pak Beng liegt nur 93 Kilometer flussaufwärts von der thailändischen Grenze entfernt.

Verlorenes Paradies? Diese Kinder spielen wenige Kilometer flussaufwärts des im Bau befindlichen Don Sahong Damms. (Foto: Lain / Flickr)
Verlorenes Paradies? Diese Kinder spielen wenige Kilometer flussaufwärts des im Bau befindlichen Don Sahong Damms. (Foto: Lain / Flickr)

Kraftwerke am Mekong sind stark umstritten. Der Fluss versorgt Millionen Menschen in China, Laos, Thailand, Kambodscha und schliesslich Vietnam mit Fisch. Die Flussanrainer sind zudem auf die Sedimantablagerung des Stroms angewiesen. Dies gilt insbsondere für das tiefgelegene Mekongdelta westlich von Saigon (Ho-Chi-Minh-Stadt). Ohne eine kontinuierliche Zufuhr von Sedimenten droht Vietnams fruchtbarste Region dem steigenden Meeresspiegel zum Opfer zu fallen. Pak Beng wäre der dritte Damm am Hauptstrom des Mekong. Die anderen beiden sind die Kraftwerke Xayaburi und Don Sahong, die sich bereits im Bau befinden. Zudem sind neun weitere Dämme am Hauptstrom des Mekong Unterlaufs geplant (siehe Karte). Die Umweltorganisation WWF kommt in einer Studie zum Schluss: „Das Wirtschaftswachstum in der Region hängt vom Mekong ab, aber die nicht-nachhaltige und unkoordinierte Entwicklung stösst das Flusssystem an den Rand des Kollaps.“ [4]

Hindernislauf. Fischwanderungen werden in Zukunft nur treppengängigen Fischen möglich sein, wenn alle diese Dämme gebaut werden. (Karte: International Rivers, 2017 [10])
Hindernislauf. Fischwanderungen werden in Zukunft nur treppengängigen Fischen möglich sein, wenn alle diese Dämme gebaut werden. (Karte: International Rivers, 2017 [10])
Thailands Behörden stellen die Kraftwerksprojekte aber nicht nur wegen lokalen Protesten und zum Schutz der Umwelt zurück. Sie haben vielmehr gemerkt, dass sie gar nicht soviele neue Kraftwerke brauchen. Der aktuell gültige Plan aus dem Jahr 2015 geht von einer Zunahme des Stromverbrauchs um jährlich 2,7 Prozent für die nächsten 20 Jahre aus. [5 s. S. 8] Daraus ergab sich ein Bedarf an neuen Kraftwerken mit einer Kapazität von 58 Gigawatt [5 s. S. 9] und der Plan mehrere Kohlemeiler und zwei Atomkraftwerke [5 s. S. 37] zu bauen sowie den Stromimport [5 s. S. 6] aus dem Ausland deutlich zu erhöhen. „Thailand hat in der Vergangenheit seinen Strombedarf stets überschätzt“ sagt Eyler. Ausserdem gehe der Plan aus dem Jahr 2015 von einer Reservekapazität von bis zu 39 Prozent aus – „das Doppelte des weltweiten Durchschnitts“. [6]

Der drei Jahre alte Plan sieht zudem vor, den Anteil der Erneuerbaren auf 25 Prozent im Jahr 2036 zu erhöhen. [5, 7] Doch auch in Thailand geht die Entwicklung von Strom aus Sonne und Wind schneller als erwartet. Beim Solarzubau war schon letztes Jahr die Hälfte des 2036-Ziels geschafft. Egat-Chef Areepong Bhoocha-oom schloss daraus: “Wir haben die Hälfte des Ziels in nur zwei Jahren erreicht. Wenn die Regierung will, dass wir das Ziel erhöhen, dann wäre das nicht so schwierig.“ [8] Daraufhin hat die Regierung das Ziel knapp verdoppelt: Nun sollen 40 Prozent des Strommixes aus erneuerbaren Quellen stammen. [9] Das reduziert den Bedarf an Kohlekraftwerken und Stromimporten weiter, doch der ursprüngliche Plan wurde noch nicht angepasst. Ob das auch der kommenden Regierung überlassen wird, ist nicht bekannt. mic

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite

[1] Bangkok Post, 27.02.2018: Scrap coal energy plans

[2] International Rivers, 13.03.2018: Thailand Delays Decision on Power Purchase from Pak Beng Dam

[3] Radio Free Asia, 16.03.2018: Thailand’s Delay on Buying Lao Dam Electricity Could Trigger Rethink

[4] The Diplomat, 28.11.2016: Killing the Mekong, Dam by Dam

[5] Egat, Juni 2015: Thailand Power Development Plan 2015-2036 (PDF)

[6] Bangkok Post, 17.03.2018: Pak Beng dam delay paves way for cleaner solutions

[7] Der Plan nennt kein explizites Ziel für die Erneuerbaren in der Stromproduktion. Der Plan sieht aber für das Jahr 2036 eine totale Stromerzeugungskapazität von 70’335 Megawatt vor. [5 s. S. 9] Ausserdem nennt der Plan eine ‘contracted capacity’ an Erneuerbaren von 17’679 Megawatt im Jahr 2036. [5 s. S. 43] Daraus ergibt sich ein Erneuerbarenanteil von 25,13 Prozent.

[8] Oxford Business Group, 28.04.2017: Thailand sharpens focus on alternative energy

[9] Bangkok Post, 26.06.2017: Fuelling renewables

[10] International Rivers, 28.056.2017: Mekong Mainstream Dams Map