Deutsche Firma gewinnt Kartierungswettbewerb in Indonesien
Indonesien will Torfbrände verhindern, die ganz Südostasien in Rauch hüllen. Doch dazu müssen die Torfmoore kartiert werden. Eine deutsche Firma hat nun eine Technik entwickelt, die das auch in Waldgebieten ermöglicht und damit einen Preis gewonnen.
Für Indonesien war es ein ökologisches, ökonomisches und diplomatisches Desaster: die Wald- und Torfbrände im Jahr 2015. Schäden von 16 Milliarden Dollar, 1,6 Milliarden Tonnen CO2-Emissionen und Spannungen mit den Nachbarn Malaysia und Singapur. [1] Wegen des Rauchs blieben dort die Schulen geschlossen und Singapur drohte fünf indonesischen Firmen mit Geldstrafen. Dies sollte sich nicht wiederholen. Doch Indonesiens Regierung hatte ein Problem: Sie wusste nicht, wo sich die Torfmoore befinden, geschweige denn wie dick die Torfschicht ist. Es fehlte eine Karte und niemand wusste, wie sich der Waldboden trotz des Blätterdachs der Wälder und Palmölplantagen kartieren lässt.
Vor diesem Hintergrund konzipierte die US-Beratungsfirma ‚Context Partners‘ den ‚Torf Preis‘ (englisch Peat Prize). [2] Wer eine Technik entwickelt, um Torfböden schnell und billig zu kartieren, gewinnt – eine Million Dollar. „Ein Preis hilft, ein Problem zu definieren“ sagte Context-Chef Charlie Brown gegenüber dem US-Magazin Portland Monthly. „Es ist wie ein Spiel. Wer spielt mit? Wie gewinnt man? Was passiert, wenn man verliert? Menschen lieben Spiele.” [3] Das galt auch für das Torfbodenspiel: 44 Forscherteams aus der ganzen Welt traten im Februar 2016 zum Start an. Zwei Jahre später wurden die Ansätze der zuletzt fünf Finalisten dann von einer wissenschaftlichen Jury bewertet, nach den Kriterien Genauigkeit, Schnelligkeit und Kosten. Das Ergebnis war einstimmig: Das Team um die Firma ‚Remote Sensing Solutions‘ (RSS) aus Baierbrunn bei München hatte die Million gewonnen. [1]
Torfgebiete haben in der Regel einen Durchmesser von 5 bis 40 Kilometer und die Torfschicht ist meist etwa zehn Meter dick. Um diese Flächen zu finden hat RSS einen dreistufigen Ansatz entwickelt, bestehend aus der Analyse von Satellitenbildern und eines Geländemodells sowie Bohrungen vor Ort. „Auf Torfböden wächst eine spezifische Vegetation und diese kann man auf multispektralen Bildern von Satelliten erkennen“ erklärt Florian Siegert, RSS-Chef und Biologieprofessor an der Ludwig Maximilian Universität in München. Dies gelte aber nur für ursprünglichen Regenwald: „Wenn diese Gebiete schon einmal abgeholzt wurden oder abgebrannt sind, dann ist die für Torf typische Signatur nicht mehr erkennbar.“ Das gilt für rund die Hälfte der Torfgebiete Indonesiens. „Aus diesem Grund arbeiten wir mit historischen Bildern aus den 70er und 80er Jahren. So wissen wir, wo früher Torfwald wuchs und wo heute noch Torf sein muss.“
Anschliessend kommt das Geländemodell zum Zug. „Wenn die Torfschicht dicker als ein Meter ist, wölbt sich die Mitte eines Torfgebiets nach oben.“ Da Torfmoore in Senken entstehen, in denen sich Wasser staut, seien Torfschichten daher typischerweise „Linsen-förmig und in der Mitte dicker as am Rand“. Ausserdem seien Torfgebiete „auffällig glatt“ und unterschieden sich damit deutlich vom Relief des umliegenden Terrains. So lassen sich viele ‚Torflinsen‘ schon auf dem Satelliten-gestützten, globalen Geländemodell des Luft- und Raumfahrtkonzerns Airbus erkennen. Um diese Daten weiter zu verfeinern, kommt dann die Flugzeug-gestützte Lidar-Technik zum Einsatz. Damit wurde zuletzt eine Maya-Stadt in Guatemala kartiert, obwohl diese längst vom Urwald überwuchert ist. [4] Dabei werden Laserstrahlen ausgesandt, die das Kronendach durchdringen und erst vom Boden reflektiert werden.
Zuletzt werden vor Ort Bohrungen durchgeführt, um die Dicke der Torfschicht zu messen. Aus all diesen Daten lässt sich schliesslich eine Karte von den Torfgebieten erstellen, die nicht nur zeigt wo diese sind, sondern auch wie dick die Torfschicht ist und wieviel Kohlenstoff darin gespeichert ist. Bei Kosten von einem Dollar pro Hektar während des Wettbewerbs, ist die Kartierung aller indonesischen Sumpfgebiete zudem bezahlbar. In dem südostasiatischen Land werden Torfgebiete mit einer Fläche von 20 Millionen Hektar vermutet (200‘000 Quadratkilometer). Siegert geht ausserdem davon aus, dass die Kosten deutlich reduziert werden können, wenn man die Kartierungstechnik grossflächig einsetzt. Auch der Zeitaufwand hält sich in Grenzen: „Innerhalb von zwei Jahren müsste das zu schaffen sein“, so Siegert.
Damit wäre dann die Voraussetzung geschaffen, um die ‚Torf-Linsen‘ wirkungsvoll zu schützen. Indonesiens Regierung hat angeordnet, dass Gebiete mit dicken Torfschichten nicht mehr in Ölpalm- oder Akazienplantagen umgewandelt werden dürfen. Ausserdem müssen trocken gelegte Torfflächen wieder vernässt werden. Dafür will Siegert auch das von der ‚David and Lucile Packard Foundation‘ gestiftete Preisgeld nutzen: Erst werden den Teammitgliedern ihre Kosten erstattet. Der Rest des Geldes wird dann in eine Forschungskooperation zwischen deutschen und indonesischen Universitäten investiert, die Methoden zur Renaturierung gestörter Torfgebiete entwickelt. Ausserdem sollen wissenschaftliche Daten über die bisher unerforschten Torfgebiete im Kongobecken in Afrika gesammelt werden. So bleibt die Million dem Sumpf erhalten. mic
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[2] Siehe: Indonesian Peat Prize
[4] SpOn, 03.02.2018: Wissenschaftler entdecken riesige Maya-Stätte