Nach dem Handelsabkommen mit Japan sollen dieses Jahr noch weitere folgen
Nicht nur in der Natur sondern auch in der Handelspolitik existiert die ‚Angst vor der Leere‘. Wo sich die USA zurückziehen, bietet sich daher der EU eine Chance – auf Verträge mit sehr guten Konditionen.
Cecilia Malmström wird beim WTO-Minstertreffen nur wenig Zeit für subventionierten Fischraub haben (siehe Artikel unten). Die EU-Handelskommissarin hofft, nach dem Abschluss der Verhandlungen mit Japan dieses Jahr noch zwei weitere Freihandelsabkommen mit insgesamt fünf Ländern unter Dach und Fach zu bringen. Der grössere davon ist der Deal mit den Mercosur Staaten Brasilien, Uruguay, Paraguay und dem Gastgeber des WTO-Treffens Argentinien. Dieses Abkommen sei „acht mal mehr als der Vertrag mit Kanada“, sagt Malmström. Noch sei aber nicht sicher, ob es zum Abschluss kommt: „Die Möglichkeit ist da. Wir sind sehr nah.“ Ausstehend sind beim Mercosur-Abkommen noch drei Themen: Die Südamerikaner wollen höhere Quoten für Rindfleisch und Biosprit und die EU einen leichteren Marktzugang für Autozulieferer.
Einen Durchbruch könnte es auch bei den Verhandlungen mit Mexiko geben. Hier ist das Ziel das bestehende Abkommen aus dem Jahr 2000 auf den neuesten Stand zu bringen. Insbesondere Mexiko ist dabei an einem schnellen Abschluss gelegen, da das Land parallel mit den USA und Kanada über das nordamerikanische Freihandelsabkommen Nafta verhandelt. Malmström sagt denn auch: Das Abkommen mit der EU sei eine Chance für Mexiko “seine ökonomische Abhängigkeit zu diversifizieren.“ [1] Derzeit gehen mehr als 80 Prozent der mexikanischen Exporte in die USA.
Noch vor dem WTO-Treffen konnte das EU-Japan Abkommen fertig gestellt werden. Im Gegensatz zu den anderen Abkommen ist hier die EU der Hauptexporteur von Nahrungsmitteln. Am Schluss ging es denn auch um europäischen Käse gegen japanische Autos. Ein Erfolg für Europas Bauern war auch der Schutz von geografischen Angaben wie ‚Schwarzwälder Schinken‘. Die USA lehnen deren Schutz vehement ab, doch zunehmend erfolglos. In einem Brief an US-Präsident Donald Trump warnen mehrere US-Agrarverbände: „Dies ist ein kritischer Moment“. Ausserdem beklagen sie sich über den EU-Erfolg bei den Verhandlungen mit Kanada: Ottawa habe „der EU beinahe alles gegeben, was diese verlangt hat“. [2]
Dass die EU derzeit fast alle ihre Forderungen durchbekommt, hat einen Grund: den Rückzug der USA aus der Transpazifische Partneschaft TPP. Dieses Handelsabkommen unter zwölf Ländern rund um den Pazifik lag unterschriftsbereit auf Trumps Schreibtisch zu Beginn seiner Amtszeit. Doch der liess den Deal platzen – mit Folgen: „TPP wurde von den USA aufgegeben und die EU ist in die Leere vorgestossen, die zurückblieb“ sagte Bernard O’Connor von der belgischen Anwaltskanzlei Nctm gegenüber dem Nachrichtenmagazin Politico. [3]
Aber auch die verbleibenden elf TPP-Mitglieder wollen etwas gegen diese „Leere“ tun, indem sie das Abkommen einfach ohne die USA umsetzen. Das bietet zudem die Chance, Klauseln zu streichen, die nur wegen der USA in dem Vertragswerk enthalten sind. Diese Arbeiten sind beinahe abgeschlossen und möglicherweise verkünden die ‚TPP-11‘ den Durchbruch bereits am Rande des WTO-Treffens. Dies würde ebenfalls die Verhandlungsposition von Trumps Nafta Partnern stärken, denn sowohl Mexiko als auch Kanada sind bei TPP-11 dabei. [4]
Die Nafta-Verhandlungen laufen derweil nicht zur Zufriedenheit der USA. Eigentlich war ein Abschluss für dieses Jahr geplant, doch das ist nicht möglich. Aber auch inhaltlich hakt es. Kanadas Aussenministerin Chystia Freeland spricht von „extremen Vorschlägen“, denen „wir schlicht nicht zustimmen können“. [5] Gemeint ist etwa die US-Forderung nach einem Verfallsdatum für den Vertrag. Eine solche Klausel wäre einzigartig in einem Freihandelsabkommen. Immer mehr Beobachter fürchten zudem, dass Trump Nafta aus Verhandlungstaktik kündigt. Dann blieben noch sechs Monate, bevor der Vertrag ausser Kraft ist. Mexiko hat allerdings bereits angekündigt, nach einer Kündigung nicht weiter zu verhandeln.
Cecilia Malmström braucht sich derweil nicht zu fürchten, dass ihr bald die Arbeit ausgeht. Die EU wird Verhandlungen mit drei weiteren TPP-11 Ländern aufnehmen: Australien, Neuseeland und Chile. mic
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[1] Bridges, 07.12.2017: EU, Mexico Continue Efforts to Clinch Updated Trade Deal by Year’s End
[3] Politico, 25.11.2017: Europe eats Trump’s lunch
[4] Die TPP-11 Länder sind: Australien, Brunei, Kanada, Chile, Japan, Malaysia, Mexico, Neuseeland, Peru, Singapur und Vietnam
[5] Bridges, 23.11.2017: NAFTA Negotiators Close Fifth Round, Prepare to Set Stage for 2018 Talks