Leitartikel: Ein halbes Prozent für den Planeten

Die Erde braucht einen Platz am Kabinettstisch

Egal ob beim Klima, den Ozeanen oder der Artenvielfalt die Schäden werden immer grösser. Dabei wissen die Verantwortlichen eigentlich, was zu machen ist. Sie sind aber zu zaghaft. Eine ‘Pulse of the Planet’ Bewegung sollte ihnen daher Mut machen etwa durch die Forderung nach einem ‘Ministerium für planetare Angelegenheiten’.

Eigentlich ist es nicht so schwierig: Da die Menschheit keinen Ersatzplaneten hat, lohnt es sich zur Erde Sorge zu tragen. Diese Erkenntnis umzusetzen, scheint aber nahezu unmöglich zu sein. Das zeigt diese Woche die UN-Ozeankonferenz. Wenn man den aktuellen Wissensstand Revue passieren lässt, folgt eine Hiobsbotschaft auf die andere: Die Korallenriffe sterben ab. Im Atlantik und Pazifik finden sich riesige Müllstrudel mit mehr Plastik als Plankton. 30 Prozent der Fischbestände sind ‚stark‘ und weitere 60 Prozent einfach nur ‚gefährdet‘. Aber auch aus einer ökonomischen Perspektive ist unser Handeln unsinnig: Der Plastikmüll kostet die Tourismusindustrie hunderte Millionen Euro pro Jahr. Der WTO ist es bislang nicht gelungen, Subventionen für illegalen Fischfang zu verbieten – vom legalen ganz zu schweigen. Dabei sinken die Fischereierträge schon jetzt.

All das ist nicht neu. Heute ist es einfach etwas schlechter als gestern. Dabei gibt es einen Managementplan für die Welt, der alle diese Fragen anspricht: die Nachhaltigen Entwicklungsziele oder SDGs (von englisch Sustainable Development Goals). Vor zwei Jahren haben sich die Länder darauf geeinigt, Hunger und Armut bis 2030 abzuschaffen. Ausserdem wollen sie den Klimawandel stoppen, die Überfischung der Meere beenden und anderes mehr. Dieser gemeinsame Plan für den Planeten zeigt, dass die Führer der Welt wissen, was zu tun ist. Doch wie der Zustand der Meere, des Klimas und der Artenvielfalt zeigt, sind sie beider Umsetzung zu zaghaft. Jean-Claude Juncker hat einmal über sich und seine Kollegen gesagt: „Wir wissen alle, was zu tun ist, aber wir wissen nicht, wie wir anschliessend wiedergewählt werden.“

Mangels Zweitplaneten sollte man sich allerdings besser an Winston Churchill orientieren: „Manchmal ist es nicht genug, sein Bestes zu geben. Manchmal muss man tun, was erforderlich ist.“ Damit die Verantwortlichen dies tun, müssen sie aber wissen, dass die Menschen hinter ihnen stehen. So wie ‚Pulse of Europe‘ pro-europäischen Politikern den Rücken stärkt, brauchen wir folglich eine Bewegung, die Politik zugunsten des Planeten unterstützt – ein ‚Pulse of the Planet‘. Wir müssen den Politikern Mut machen, das „Erforderliche“ zu tun, denn bei der Umwelt befinden wir uns in einer ähnlichen Situation wie bei Europa. Beide sind in Gefahr, einmal vom Brexit und dem Populismus und einmal von US-Präsident Donald Trump. Mit dem Austritt aus dem Paris-Abkommen hat er gezeigt, dass ihm die Zukunft des Planeten egal ist. Ja schlimmer: Es scheint ihm Spass zu machen, der Welt zu schaden.

In diesem ‚planetaren Notfall‘ lohnt es sich auf die Strasse zu gehen so wie für Europa. Eine Kernforderung könnte sein, dass das Wohl des Planeten einen Fürsprecher am Kabinettstisch bekommt – und ein Budget. Wir brauchen ein ‚Ministerium für planetare Angelegenheiten‘ oder für Ökonomen ein ‚Ministerium für globale, öffentliche Güter‘. Dieses würde sich ums Klima kümmern, um den Schutz der Meere und Seuchen wie Ebola. Es würde in die Entwicklung von Impfstoffen investieren genauso wie von Saatgut. Damit lassen sich oft spektakuläre Renditen erzielen: In manchen Entwicklungsländern können schon durch die Jodierung von Salz weit über hundert Dollar Gewinn pro investiertem Dollar erzielt werden, wie der Think Tank ‚Copenhagen Consensus‘ ausgerechnet hat. Ähnlich spektakuläre Renditen winken bei Verhütungsmitteln und dem Kampf gegen Malaria und Tuberkulose. Das Programm des neuen Ministeriums wären also einfach die SDGs, denn dort stehen alle diese Massnahmen drin. Jetzt fehlt nur noch das Geld: Hier bietet sich ein BIP-Prozentsatz an. Mit einem halben Prozent käme man dabei schon weit – ein halbes Prozent für den Planeten, schliesslich haben wir keinen anderen. mic

 

Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite