Viele Länder subventionieren weiterhin die Produktion von Treibhausgasen
Steigt der Preis, sinkt die nachgefragte Menge. Diesen Mechanismus könnten Regierungen nutzen, um die Benzinnachfrage zu dämpfen. Viele tun dies, aber ausgerechnet die grössten Industriestaaten haben seit 2003 ihre Steuern auf Benzin gesenkt.
Alle Jahre wieder: Seit 2009 geloben die G20 Staaten ihre Subventionen für fossile Energieträger wie Kohle, Öl und Gas abzuschaffen. Ob sie das auch wirklich tun lässt sich aber kaum überprüfen. „Die Berichterstattung von Regierungen ist oft unvollständig und unzuverlässig.“, sagt Michael Ross. „Viele Steuern und Subventionen sind indirekt oder verstecken sich in den Budgets von staatlich kontrollierten Unternehmen.“ In einer aktuellen Studie im Wissenschaftsjournal Nature Energy [1] haben Ross und zwei Kollegen daher eine neue Methode entwickelt, wie sich zumindest Steuern auf und Subventionen für den Benzinverbrauch messen lassen. Eines der Resultate vorweg: Der G20 Vorsatz hat bislang keinen „erkenntlichen Effekt“ erzielt. „Wir finden keinen Hinweis, dass (der G20 Beschluss) von eine Erhöhung der Netto-Benzinsteuer gefolgt wurde.“
Überschätzt. Leider handeln Steuerbehörden nicht so rational, wie die Beatles gedacht haben. Insbesondere folgende (abgewandelte) Songzeile trifft nur auf manche Länder zu: “If you drive a car, I’ll tax the gas”. (Quelle: Beatles / youtube)
Um die vielen verschiedenen Steuer- und Subventionssysteme der Länder vergleichbar zu machen, nimmt Ross einen globalen Referenzpreis: den Preis für Benzin im Hafen von New York. Dann vergleicht er die lokalen Preise an der Tankstelle mit dem Referenzpreis. Liegen die lokalen Preise höher wird Benzin besteuert. Liegen die lokalen Preise tiefer wird Benzin subventioniert. Diese Methode hat Ross auf 157 Länder und die Jahre von 2003 bis 2015 angewandt. Dabei zeigt sich, dass in 22 Ländern der Preis für Benzin im Durchschnitt der Jahre unter dem New Yorker Preis lag. Diese Länder haben alle selber Öl oder Gas. „Menschen in diesen Ländern betrachten billiges Benzin als Anrecht. Sie befürchten, sonst nicht von den Bodenschätzen zu profitieren.“ Hinzu kommt eine politische Komponente: „Wir beobachten Benzinsubventionen vor allem in repressiven Systemen. Dort führt die Aufhebung der Subventionen oft zu Protesten.“ Dafür gab es seit dem Jahr 2006 weltweit 19 Beispielländer: Von Bolivien bis Uganda haben Benzinpreiserhöhungen zu oft gewalttätigen Demonstrationen geführt.
Interessant ist aber auch der Blick auf die Entwicklung der Netto-Benzinsteuern. In zwei Dritteln der Länder etwa der Schweiz sind diese seit 2003 gestiegen und in einem Drittel gesunken. Zu letzteren gehören auch einige grosse Industriestaaten wie die USA, Japan oder Deutschland sowie Ölexporteuere wie Russland oder Saudi Arabien. Die durchschnittliche Steuer auf den Benzinverbrauch ist daher weltweit gesunken: von knapp 28 US-Cents im Jahr 2003 auf gut 24 US-Cents im Jahr 2015 (inflationsbereinigt). Die Erklärung dafür ist simpel: „Der Benzinverbrauch ist in Ländern mit niedrigen Steuern oder gar Subventionen schneller gestiegen als in Ländern mit hohen Steuern.“ Einigen G20 Ländern scheint der Zusammenhang zwischen Preis und Menge aber bekannt zu sein: Indonesien hat seine Benzinsubventionen von 13 US-Cents pro Liter abgeschafft und Brasilien hat die Benzinsteuern um 12 US-Cents erhöht. Spitzenreiter ist aber einmal mehr China: Dort wurden die Steuern innert zwölf Jahren um 43 US-Cents pro Liter erhöht.
Was bei dieser Betrachtung unberücksichtigt bleibt ist die absolute Höhe der Benzinsteuern. Trotz Steuersenkung gehört hier Deutschland noch immer zur Spitzengruppe mit Netto-Steuern von über einem Dollar pro Liter. Am höchsten sind die Steuern im Norwegen. Wenn die Bürger Vertrauen in ihren Staat haben, dann scheinen sie selbst in einem Ölexportland hohe Preise an der Zapfsäule zu akzeptieren. Das Schlusslicht unter den Industriestaaten sind dafür einmal mehr die USA: Dort wird ein Liter Benzin mit 6 US-Cents besteuert.
Mit sinkenden Benzinsteuern wie in Deutschland oder extrem niedrigen Steuersätzen wie in den USA vergeben die Länder eine Chance: Denn die Verteuerung von fossilen Energieträgern „gilt weithin als eine der Kosten-effizientesten Massnahmen, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zur Senkung der Treibhausgasemissionen zu erreichen.“ Mit Ross‘ Methode lässt sich nun auch eruieren, ob die Länder dieses Mittel auch wirklich nutzen und nicht nur geloben es zu tun. mic
Hat Ihnen dieser Artikel gefallen?
Dann abonnieren Sie doch weltinnenpolitik.net per RSS oder Email
oder folgen sie der Facebook Seite
[1] Michael Ross et al., 09.01.2017: Global progress and backsliding on gasoline taxes and subsidies