Welthandelsorganisation uneinig, wie weiter verhandelt werden soll
Ministertreffen der Welthandelsorganisation diszipliniert den Handel mit Agrarprodukten und erleichtert den ärmsten Ländern der Welt den Zugang zum Weltmarkt.
Seit über 60 Jahren ist es verboten, den Export von Industriegütern zu subventionieren. Das soll nun auch für Agrarprodukte gelten. Dies ist die wichtigste Entscheidung des Ministertreffens der 163 Mitgliedsländer der Welthandelsorganisation WTO, das am Samstag in der kenianischen Hauptstadt Nairobi zu Ende gegangen ist. Für WTO-Chef Roberto Azevedo ist das Subventionsverbot „das bedeutsamste Resultat im Bereich Landwirtschaft“ seit Gründung der WTO vor 20 Jahren. Theoretisch sind diese, als besonders schädlich geltenden, Subventionen ab sofort verboten. In einer Fussnote ist aber festgehalten, dass Länder, die den Export von Agrargütern subventionieren, eine Übergangsfrist erhalten. Damit wurde den Bedenken der Schweiz, Norwegens und Kanadas Rechnung getragen. Die Schweiz darf nun den Export von Schokolade für fünf weitere Jahre unterstützen. Die meisten anderen Länder darunter die EU haben ihre Exportsubventionen schon vor Jahren abgeschafft. Um zu verhindern, dass Agrarexporte durch die Hintertür subventioniert werden, wurden in Nairobi zudem strengere Regeln für die Exportfinanzierung, staatliche Exportmonopole und Lebensmittelhilfen verabschiedet.
In Nairobi ist es auch gelungen, einige Handelserleichterungen für die ärmsten Länder der Welt, die sogenannten LDCs, zu beschliessen. Güter, die zu einem Viertel in diesen Ländern hergestellt wurden, gelten nun als ‚Made in an LDC’ und profitieren von zoll- und quotenfreiem Zugang zu den Märkten der Industriestaaten. Entwicklungsländer, „die dazu in der Lage sind“, werden aufgefordert „ihre Anstrengungen zu verdoppeln“, um den LDCs ebenfalls bevorzugten Marktzugang einzuräumen. Ausserdem wurden bestehende Erleichterungen für LDCs beim Handel mit Dienstleistungen bis zum Jahr 2030 verlängert.
Am Rande der Konferenz konnte schliesslich die Erweiterung des Abkommens über den Handel mit Produkten der Informationstechnologie, kurz ITA2, endgültig verabschiedet werden. Damit können Tablet Computer, Druckerpatronen oder Magnetresonanzgeräte zollfrei gehandelt werden. ITA2 deckt ein Handelsvolumen von 1300 Milliarden Dollar pro Jahr ab, rund zehn Prozent des Welthandels. Der Vertrag ist ein ‚plurilaterales’ Abkommen, dem nur 53 WTO-Mitglieder angehören. Diese machen aber über 90 Prozent des Handels mit diesen Produkten aus und gewähren die ITA2 Vorteile allen Ländern der Welt.
Keinen Erfolg hatten die Verhandlungen über ein Verbot von Subventionen für den Fischfang. Unterstützungszahlungen für Fischer, die ‚illegalen, unrapportierten und unregulierten’ (IUU) Fischfang betreiben, sollten verboten werden. Ausserdem sollten Hilfen illegal sein, die „Fischbestände negativ beeinflussen, die bereits überfischt sind“. Aus Sicht der Umweltorganisation WWF bot sich damit den WTO-Mitgliedern „eine unwiderstehliche Gelegenheit die Überfischung zu stoppen“. Rund ein Drittel der globalen Fischbestände gilt als überfischt. Doch die WTO-Mitglieder liessen die Gelegenheit verstreichen. Enttäuscht publizierten daraufhin 28 Länder, darunter die Schweiz aber nicht die EU, eine Erklärung, in der sie unilateral auf solche Subventionen verzichten und deren Verbot einfordern.
Keine Lösung gab es schliesslich beim Streit über die ‚Doha Runde’. Die Industriestaaten wollen die, seit dem Jahr 2001 bestehende, Verhandlungsrunde beenden und neue Themen wie Internethandel und Investitionen in die WTO-Verhandlungen aufnehmen. Die meisten Entwicklungsländer hingegen wollen mit der Doha Runde fortfahren, da sie davon Vorteile haben. In der Doha Runde gilt etwa China als „kürzlich beigetretenes Mitglied“ der WTO. Im Jahr 2001 war dies korrekt, 14 Jahre später stellt sich die Frage, was „kürzlich“ heisst. Die Abschlusserklärung hält nun fest, dass „die Mitglieder unterschiedliche Ansichten haben“, wie weiter verhandelt werden soll. Aus Sicht des US-Handelsbeauftragten Michael Froman bedeutet dies: „Für die WTO begann in Nairobi eine neue Ära. Die WTO-Mitglieder sind nun frei neue Themen zu berücksichtigen.“ Seine EU-Kollegin Cecilia Malmström konnte dieser Interpretation jedoch nicht folgen: Das Communiqué „legt nichts a priori fest“. Diese Sicht vertritt auch Azevedo, der die Uneinigkeit als „Problem“ bezeichnete und die WTO-Mitglieder aufforderte „einen Weg zu finden, wie die Verhandlungen voran gebracht werden können“. mic
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