Die grössten Verlierer der Steueroptimierung von Multis sind die G20 Länder
Multinationale Firmen haben es besonders leicht, ihre Gewinne dem Fiskus zu entziehen und sie tun es auch. Dem wollen die G20 Länder nun entgegen wirken.
Die Führer der G20 Länder werden sich bei ihrem Gipfeltreffen im türkischen Badeort Antalya einmal mehr mit Steuern beschäftigen. Letztes Jahr haben sie den automatischen Austausch von Steuerdaten von Einzelpersonen vereinbart, um die Steuerhinterziehung zu bekämpfen. Dieses Jahr kommen die multinationalen Konzerne dran: Im Auftrag der G20 hat die OECD, der ‚Club der reichen Länder‘ ein Konzept ausgearbeitet, um ‚Gewinnverkürzung und –verlagerung‘ zwecks Steueroptimierung zu erschweren. Abgeleitet von der englischen Bezeichnung ‚Base Erosion and Profit Shifting‘ ist das Phänomen als Beps bekannt. OECD-Chef Angel Guria erklärte die Beps-Initiative letztes Jahr wiefolgt: „Was ist mit den multinationalen Firmen? Die bezahlen keine Steuern, weil sie rechtliche Strukturen nutzen, die wir über die vergangenen 80 Jahre geschaffen haben, um Doppelbesteuerung zu vermeiden. Damit haben wir ein System der perfekten Doppel-Nicht-Besteuerung geschaffen. Das müssen wir zurückdrehen.“ [1] Ziel ist, dass die Firmen dort Steuern bezahlen, wo ihre Gewinne anfallen.
Das tun sie derzeit nur eingeschränkt, wie eine Studie von Oxfam und dem Tax Justice Network zeigt. [2] Untersucht wurden die Aktivitäten von US-Multis. Im Jahr 2012 haben diese 500 bis 700 Milliarden in Steueroasen verschoben – rund ein Viertel ihrere Gewinne. Zwei Drittel dieses Geldes ist in nur fünf Ländern gelandet: Holland, Luxemburg, Irland, Bermuda und der Schweiz. Das Ungleichgewicht zwischen Geschäftsaktivität und Steuersitz zeigt sich etwa in Bermuda: US-Konzerne machen dort 0,3 Prozent ihres Umsatzes, aber ‚versteuern‘ dort 3,3 Prozent ihrer weltweiten Gewinne. Die Diskrepanz rührt tendenziell von Bermudas Steuersatz auf Firmengewinne her: Diese sind steuerfrei. Da nur US-Konzerne untersucht wurden, sind die USA der Hauptverlierer dieser Praktik. Auf den Plätzen folgen Deutschland, Kanada, China und Brasilien. Aber selbst die Steueroasen profitieren nicht unbedingt von Beps: Die holländische Regierung schätzt, dass ihr dadurch 200 Millionen Euro an Steuereinnahmen entgehen. Eine IWF Studie schätzt [3, S. 21,22], dass den reichen OECD Länder durch Beps knapp drei Prozent ihrer Steuereinnahmen verloren gehen. Da Entwicklungsländer insgesamt weniger Steuern einziehen liegt dieser Wert dort noch höher: Beps kostet diese Länder rund acht Prozent ihrere Steuereinnahmen.
Um Beps zu vermeiden sollen Konzerne mit einem Umsatz von über 750 Millionen Dollar in Zukunft Land-für-Land ausweisen, wieviel Gewinn erzielt wurde und wieviele Steuern bezahlt wurden. Aus Sicht von Oxfam ist das ein’Meilenstein‘, reicht aber noch nicht. Die Entwicklungsorganisation verlangt insbesondere, dass diese Angaben öffentlich gemacht werden. Gemäss dem OECD Konzept müssen die Konzerne nur an ihrem Hauptsitz Steuern nach Ländern ausweisen. Andere Länder können diese Angaben dann per Informationsaustausch einsehen. Vielen Entwicklungsländern bleibt dadurch die Einsicht verwehrt, da sie keine Abkommen zum Informationsaustausch haben. Oxfam kritisiert zudem, dass ein Steuersatz von Null von der OECD nicht als ‚schädliche Steuerpraxis‘ gewertet wird. Noch grundsächlichere Kritik kommt von José Ocampo, einem früheren Finanzminister Kolumbiens: „Das grösste Problem ist: Indem die Tochterfirmen von Multis als separate Einheiten besteuert werden, besteht viel Raum für Multis ihre Steuerpflicht zu umgehen.“ [4] Er schlägt daher ein System vor, wo Multis und alle ihre Tochterfirmen als ein Unternehmen betrachtet werden und anschliessend der Gewinn mit einem Schlüssel auf die verschiedenen Länder aufgeteilt wird. mic
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[1] Weltinnenpolitik, 15.11.2014: G20 wollen zwei Prozent mehr Wachstum
[3] IWF, Mai 2015: Base Erosion, Profit Shifting and Developing Countries (PDF)
[4] Project Syndicate, 07.07.2015: International Taxation and Global Development