Ein Managementplan für die Welt AG

Zum ersten Mal in der Geschichte einigen sich alle Länder der Welt auf einen gemeinsamen Plan

Mit der Globalisierung und der wachsenden Weltbevölkerung nehmen die Abhängigkeiten zwischen den Ländern immer weiter zu. Entwicklung und der Schutz der Umwelt sind längst globale Aufgaben. Dem versuchen die Länder der Welt mit den Nachhaltigen Entwicklungszielen gerecht zu werden.

Die Millenniums-Entwicklungsziele laufen laufen dieses Jahr aus. Abgelöst werden sie von den Nachhaltigen Entwicklungszielen kurz SDGs (von englisch Sustainable Development Goals). Diese werden erneut für 15 Jahre gelten, also bis 2030. Die SDGs unterscheiden sich von ihren Vorgängern in dreierlei Hinsicht: Sie wurden von den Ländern über Jahre ausgehandelt und nicht von einem kleinen Expertenteam erarbeitet. Der Schutz der Umwelt spielt eine sehr viel grössere Rolle. Und schliesslich gelten die SDGs für alle Staaten und nicht nur für die Entwicklungsländer. Zum ersten Mal setzt sich die Menschheit also gemeinsame Ziele um das Leben auf der Erde und den Schutz des der Umwelt zu verbessern. Gemäss der Präambel ist es ein „Handlungsplan für die Menschen, den Planeten und Wohlstand“ mit dem Versprechen: „Keiner wird zurückgelassen.“

Kein Planet B. Zum ersten Mal in der Geschichte einigen sich alle Länder der Welt auf einen Plan zur Verbesserung des Wohls der menschen und der Umwelt. (Foto: John LeGear / Flickr)
Kein Planet B. Zum ersten Mal in der Geschichte einigen sich alle Länder der Welt auf einen Plan zur Verbesserung des Wohls der menschen und der Umwelt. (Foto: John LeGear / Flickr)

Um dies zu erreichen haben sich die Länder auf 17 Ober- und 169 Unterziele geeinigt. Die grosse Zahl der Ziele ist nicht ohne Kritik. „Mit 169 Zielen macht jeder, was er will.“, sagt Björn Lomborg vom dänischen Think Tank Copenhagen Consensus Center. Die Ziele Eins und Zwei sind wie schon bei den MDGs Armut und Hunger (siehe Tabelle). Diesmal ist das Ziel aber nicht erneut eine Halbierung der Zahl der Menschen, die darunter zu leiden haben, sondern die Abschaffung dieser beiden Geisseln der Menschheit. Weitere Ziele sind die Senkung der Mütter- und Kindersterblichkeit, Schulbildung für alle und universeller Zugang zu sauberem Wasser, Elektrizität und dem Internet. Gleichzeitig soll der Schutz der Umwelt verbessert werden: Die Überfischung der Weltmeere soll ebenso gestoppt werden wie die Entwaldung und der Vormarsch der Wüsten. Ausserdem soll die Klimaerwärmung begrenzt werden. UN-Chef Ban Ki-moon bringt die beiden Dimensionen der SDGs, Entwicklung und Umwelt, wiefolgt zusammen: „Wir können die erste Generation sein, die die Armut abschafft und sind die letzte Generation, die den Klimawandel aufhalten kann.“

Viele der Entwicklungsziele sind Investitionen mit einer beachtlichen Rendite wie eine Nutzen-Kosten-Analyse des Copenhagen Consensus Centers zeigt. [1] Das lukrativste Ziel ist der Abschluss der Doha Runde der Welthandelsorganisation WTO. Für jeden investierten Euro fällt hier ein Gewinn von über 2000 Euro an. Ausserdem werden 160 Millionen Menschen der extremen Armut entrissen. Gute Investionen sind auch Massnahmen gegen Aids, Malaria und Tuberkulose. Hier locken Gewinne von bis zu 43 Euro für jeden investierten Euro. Bei Massnahmen zugunsten von Kindern stechen Impfkampagnen und der Zusatz von Spurenelementen wie Jod zu Salz heraus. Letzteres würde 11 Milliarden Dollar pro Jahr kosten und 68 Millionen Kinder vor Mangelernährung bewahren. Der Nutzen übertrifft auch bei Kindergärten und Primarschulen die Kosten um ein Vielfaches. Die lukrativste Massnahme um Frauen zu helfen, ist universeller Zugang zu Verhütungsmitteln. Auch hier sind die Kosten relativ bescheiden: 3,6 Milliarden Dollar pro Jahr. Beim Schutz der Umwelt steht die Abschaffung der Subventionen für Kohle, Öl und Gas ganz oben auf der Liste. Dadurch würden über 500 Milliarden Dollar frei, die die Länder in nachhaltigere Leistungen investieren könnten. Der Schutz der Korallenriffe und der Kampf gegen die Luftverschmutzung sind weiter Investitionschancen mit hohem Renditepotential. Um all diese Investitionen zu finanzieren bietet sich insbesondere der Kampf gegen Schwarzgeldflüsse und Steuerhinterziehung an: Die OECD schätzt, dass jeder Euro der in die Verbesserung der Steuereinziehung investiert wird, 350 Dollar an zusätzlichen Einnahmen für den Staat generiert.

In den nächsten 15 Jahren wird die Weltbevölkerung um mehr als eine Milliarde Menschen auf dann 8,5 Milliarden anwachsen. Gleichzeitig nehmen die gegenseitigen Abhängigkeiten immer weiter zu. Für Ban Ki-moon werden daher „die Herausforderungen einzelner zu den Herausforderungen von uns allen“. Um diesen gerecht zu werden, haben sich zum ersten Mal in der Geschichte alle Länder der Welt auf einen gemeinsamen Plan geeinigt – einen Managementplan für die Welt AG. mic

Die 17 Nachhaltigen Entwicklungsziele

Nr.ThemaZiele
1ArmutExtreme Armut (weniger als 1,25 Dollar pro Tag) abschaffen und sonstige Armut halbieren
2HungerHunger und Mangelernährung beenden, nachhaltige Landwirtschaft und unverzerrte Märkte für Agrargüter sicherstellen
3GesundheitMütter- und Kindersterblichkeit reduzieren, Aids, Tuberkulose und Malaria Epidemien beenden, universellen Zugang zu Emfängnisverhütung sicherstellen, universelle Krankenversicherung
4BildungKindergärten, Primar- und Sekundarschulbildung für alle Buben und Mädchen
5Gleichstellung der GeschlechterJede Form der Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen und Mädchen, Kinderhochzeiten und die Beschneidung von Mädchen beenden
6WasserUniverseller Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitären Anlagen sicherstellen, Effizienz der Wassernutzung verbessern und Wasserverschmutzung vermeiden
7EnergieUniversellen Zugang zu bezahlbarer Energie sicherstellen, den Anteil der Erneuerbaren „substanziell“ ausbauen, Energieeffizienz verbessern
8WachstumMindestens sieben Prozent Wachstum in den ärmsten Ländern und anhaltendes Wachstum andernorts gewährleisten, Ressourceneffizienz verbessern, Kinder- und Zwangsarbeit sowie Sklaverei beenden
9InfrastrukturAuf- und Ausbau von widerstandfähiger und nachhaltiger Infrastruktur sowie Industrialisierung fördern, universellen Zugang zum Internet ab dem Jahr 2020 sicherstellen
10UngleichheitSicherstellen, dass das Einkommen der ärmsten 40 Prozent in jedem Land schneller steigt als der Durchschnitt; geordnete Migration sicherstellen, Gebühren für internationale Banküberweisungen auf maximal drei Prozent senken
11StädteBezahlbaren Wohnraum, nachhaltige Transportsysteme sicherstellen, Luftverschmutzung reduzieren, nachhaltige Urbanisierung fördern
12Konsum- und ProduktionsmusterNachhaltige Ressourcennutzung sicherstellen, Abfälle reduzieren, rezyklieren oder sachgerecht entsorgen, Lebensmittelverschwendung halbieren, Subventionen für fossile Energien auslaufen lassen
13Klimawandel*Dies ist das einzige Ziel mit einer Fussnote: *Der Kampf gegen den Klimawandel und seine Folgen ist Aufgabe der UN-Klimakonvention. Deren Mitgliedsländer wollen sich im dezember in Paris auf einen neuen Weltklimavertrag einigen.
14MeereÜberfischung der Weltmeere beenden, Verschmutzungund Versauerung der Meere minimieren, mindestens zehn Prozent der Küsten- und Meeresgebiete unter Schutz stellen
15Land-ÖkosystemeEntwaldung stoppen, Wüstenbildung bekämpfen, Verlust an Artenvielfalt und Wilderei beenden,
16Frieden, Freiheit und RechtAlle Formen der Gewalt „signifikant“ reduzieren, Rechtsstaatlichkeit fördern und universellen Zugang zu Gerichtsbarkeit sicherstellen, Schwarzgeldflüsse und Korruption reduzieren, alle Menschen mit Ausweispapieren und Geburturkunden austatten
17PartnerschaftSteuersysteme in Entwicklungsländern verbessern, Entwicklungshilfe der Industriestaaten auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen, überschuldeten Ländern helfen, die Doha Runde der Welthandelsorganisation WTO abschliessen, die makroökonomische Stabilität sowie die Verfügbarket und Qualität von statistischen Daten verbessern

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[1] Copenhagen Consensus, März 2015: Smart Development Goals (PDF)