Innert 15 Jahren wurde der Anteil der Menschen, die in extremer Armut leben, mehr als halbiert
„Die Millenniums-Entwicklungsziele sind das erfolgreichste Programm zur Bekämpfung der Armut in der Geschichte.“ (UN-Generalsekretär Ban Ki-moon)
Der Sekt liegt auf Eis und das Feuerwerk ist bestellt. Aber noch fehlt etwas für die Sause des Jahrtausends: ein guter Vorsatz. Wir schreiben das Jahr 2000 und UN-Chef Kofi Annan hat die Führer der Welt zum bislang grössten Gipfel der Geschichte eingeladen. Den guten Vorsatz liefert dann eine Bericht der OECD, der ‚Club der Industriestaaten‘. Ziel des Berichts war die bessere Koordination der Entwicklungshilfe der OECD Mitglieder. Dazu sollten sich die Geberländer an einigen wenigen Zielen orientieren. Durch die Aufnahme des OECD Papiers in die Abschlusserklärung des Jahrtausendgipfels wurde dieses dann hochgeadelt: von einem obskuren Expertenbericht zum offiziellen UN-Programm zur Verbesserung der Welt. Die Millenniums-Entwicklungsziele oder MDGs (von englisch: Millennium Development Goals) waren geboren.
Das ursprüngliche Ziel wurde erreicht. Die MDGs führten zu einer besseren Koordination unter den Geberländern. Wichtiger war aber der Effekt in den Empfängerländern. Diese wussten nun genau, was von ihnen erwartet wurde. Der MDG Prozess hat gezeigt, „dass Menschen sich gerne Ziele setzen.“, sagt Ammina Mohammed, MDG Beraterin von UN-Chef Ban Ki-moon. [2] „Ziele geben ein Gefühl von Verantwortung. Man ist nicht allein. Sie motivieren ein spezifisches Resultat anzustreben, das man messen kann.“ Zudem entwickelt sich ein gewisser Wettbewerb, wie der irische UN Botschafter David Donoghue sagt: „Es ist zu einem gewissen Mass peinlich, wenn eine Regierung langsamer handelt (als andere Länder).“ [2] Aber auch für die Geberländer waren die MDGs ein Ansporn: Seit dem Jahr 2000 ist die Entwicklungshilfe um zwei Drittel gestiegen und hat letztes Jahr mit 135 Milliarden Dollar einen neuen Rekord eingestellt.
Die Resultate dieser kollektiven Anstrengung der armen und reichen Länder sind beachtlich, auch wenn nicht alle acht Ziele voll erreicht wurden (siehe Tabelle). [1] Extreme Armut und Hunger konnten halbiert werden. Tuberkulose, Malaria und Aids fordern sehr viel weniger Todesopfer. 2,6 Milliarden Menschen haben neu Zugang zu sauberem Wasser. Kinder und Mütter haben deutlich bessere Überlebenschancen und fast alle Kinder der Welt gehen in die Schule. Stark überschuldeten Entwicklungsländer wurde ein Teil ihrer Schulden erlassen. Knapp 80 Prozent der Exporte von Entwicklungsländern in Industriestaaten sind zollfrei und 95 Prozent der Menschen leben in Gebieten mit Handyempfang. Kurz, in den letzten 15 Jahren hat sich das Leben von mehreren Milliarden Menschen deutlich verbessert. Rund die Hälfte der Menschen in Entwicklungsländern gehören nun zur Mittelklasse. Im Jahr 1991 galt dies für knapp ein Fünftel.
Welchen Anteil die MDGs an diesem Fortschritt haben, lässt sich nur schwer abschätzen. Die Jahre 2000 bis 2014 boten ein hervorragendes Entwicklungsumfeld. So hat sich das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in China während dieser Zeit mehr als vervierfacht und beträgt nun über 12‘000 Dollar (kaufkraftbereinigt). Nicht zuletzt durch den Boom in China waren Rohstoffe in diesen Jahren relativ teuer. Davon haben viele andere Entwicklungsländer profitiert. Die Wirkungsmessung wird zusätzlich durch den Umstand erschwert, dass es für die Zielerreichung weder einen Plan, noch ein Budget oder klare Verantwortlichkeiten gibt. Tausende von unabhängigen Akteuren haben sich weltweit für die Erreichung der MDGs in ihrem Dorf, Land oder Fachgebiet eingesetzt. Für Mohammed zeigen die MDGs daher, „dass die Menschen sich gemeinsam für etwas einsetzen wollten, was nicht rechtlich sondern moralisch geboten ist.“ [2]
Auf diese Art der Mobilisierung setzt die UNO nun erneut. Im September sollen in New York die Nachhaltigen Entwicklungsziele oder SDGs (von englisch Sustainable Development Goals) verabschiedet werden. Diese lösen die MDGs ab und sollen bis 2030 gelten. Im Gegensatz zu den MDGs wurden die neuen Ziele aber nicht von wenigen Experten erarbeitet, sondern von den Ländern der Welt ausgehandelt. Dies hat zu einer Zielinflation geführt: Nun gibt es 17 Ober- und 169 Unterziele. Ziel Eins aber bleiben Hunger und Armut: Bis 2030 sollen diese Geisseln der Menschheit abgeschafft sein. mic
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[1] UNO, 2015: The Millennium Development Goals Report 2015