Chinas Bedarf an Kohle und Stahl hat ihren Höhepunkt überschritten

Die sinkende Nachfrage sorgt für einen Preisverfall bei Rohstoffen

Der Rohstoff ‚Superzyklus‘ ist vorbei. In den vergangenen Jahren war China für ein Grossteil des Nachfragewachstums bei vielen Rohstoffen verantwortlich. Doch nun geht auch dort der Bedarf zurück.

Rohstoffe sind so billig wie zuletzt im Jahr 2002, dem Jahr als die Euroscheine eingeführt wurden (siehe Grafik). Dies zeigt der Rohstoffindex der Nachrichtenagentur Bloomberg, der 22 Rohstoffe von Aluminium bis Zink abdeckt. [0] Seither ist die Weltwirtschaft um 125 Prozent gewachsen. Ein Gutteil dieses Wachstums ist China zu verdanken. Dessen Wirtschaft hat in den letzten 13 Jahren um mehr als 600 Prozent zugelegt. [1] Verbunden war dieses Wachstum mit gigantischen Investitionen in Infrastruktur. China hat Dutzende von Flughäfen, zehntausende Eisenbahnkilometer und neue Wohnhäuser für viele Millionen Menschen gebaut. Dieser Bauboom ging einher mit einem ständig wachsenden Rohstoffbedarf und ständig steigenden Preisen. Dann kam die Finanz- und Wirtschaftskrise und die Preise für Bodenschätze und Agrarrohstoffe halbierten sich. Bis 2011 konnte der Bloomberg Index dann aber wieder ein Teil der Verluste wett machen.

Nachfrage Peak. Kohle wird in China schon seit Jahrhunderten abgebaut. Doch nun scheint die Nachfrage nach Kohle, Stahl und Kupfer ihren Höhepunkt überschritten zu haben. (Foto: Chamberlin/Flickr)
Nachfrage Peak. Kohle wird in China schon seit Jahrhunderten abgebaut. Doch nun scheint die Nachfrage nach Kohle, Stahl und Kupfer ihren Höhepunkt überschritten zu haben. (Foto: Chamberlin/Flickr)

Seither geht es wieder abwärts. Sowohl Energieprodukte wie Öl, Kohle und Gas, als auch Metalle und viele Agrarprodukte haben deutlich an Wert verloren. Der Juli war besonders grausam: Rohstoffe haben knapp 10 Prozent eingebüsst und waren nur noch halb so teuer wie im Jahr 2011. Zu den grössten Verlieren gehört Öl. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent ist im Juli um 10 Dollar auf noch 53 Dollar gefallen. Auffällig war zudem der Preisverfall bei Gold. Letzte Woche Montag hat ‚jemand‘ fünf Tonnen Gold an der Börse in Schanghai auf den Markt geworfen und damit den Goldpreis um vier Prozent gedrückt. [2] Auch Lebensmittel sind billiger geworden: Weizen hat im Juli 15 Prozent verloren. Die UN-Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO erwartet, dass die Preise für Lebensmittel auch in den nächsten Jahten tief bleiben. Dies ist nicht zuletzt dem niedrigen Ölpreis zu verdanken: Dadurch wird Dünger billiger und der Anreiz aus Lebensmitteln Biosprit herzustellen ist geringer. [3] So verstärkt der Preisverfall bei einem Rohstoff den Rückgang des Preises bei einem anderen.

Berge und Täler. Rückblickend ist es leicht Übertreibungen zu erkennen. Doch nun scheint der Chinaboom am Rohstoffmarkt tatsächlich vorbei zu sein. (Foto: Screenshot/Bloomberg)
Berge und Täler. Rückblickend ist es leicht Übertreibungen zu erkennen. Doch nun scheint der Chinaboom am Rohstoffmarkt tatsächlich vorbei zu sein. (Foto: Screenshot/Bloomberg)

Als Gründe für den Preisverfall werden der Dollar, China und das Überangebot genannt: Rohstoffe werden in Dollar gehandelt. Ist dieser stark, verteuern sich Rohstoffe für alle Länder ausser die USA und werden weniger nachgefragt. Letztlich macht aber China den Preis für viele Rohstoffe. Denn die wachsende Nachfrage nach Rohstoffen kommt vor allem aus China. So war China für 98 Prozent der zusätzlichen Stahlnachfrage seit dem Jahr 2007 verantwortlich. [4] Oder anders gesagt: Ohne China wäre die Nachfrage nach Stahl seit 2007 überhaupt nicht gewachsen. Doch China hat den Höhepunkt bei der Stahlproduktion bereits hinter sich, glaubt die China Iron and Steel Association, ein Industrieverband. [5] Ähnlich ist es bei Kohle. [6] Letztes Jahr ist der Kohleverbrauch in China zum ersten Mal gesunken und viele Beobachter glauben, dass China nie wieder so viel Kohle wie im Jahr 2013 verbrauchen wird. Das gleiche gilt für Kupfer. [6] Damit schliesst China zu den USA und der Europa auf, wo der Bedarf an Energie und vielen Rohstoffen schon seit mehreren Jahren zurückgeht. [7]

Das Angebot an Rohstoffen hat sich aber noch nicht an die sinkende Nachfrage in den drei wichtigsten Volkswirtschaften der Welt angepasst. Minenkonzerne und Energiemultis fahren ihre Investitionen zurück und entlassen Mitarbeiter. Doch diese Massnahmen haben keinen kurzfristigen Einfluss auf das Angebot. In der Vergangenheit hat das Öl-Kartell Opec versucht den Ölpreis zu stabilisieren, doch beim jetzigen Preisabsturz weigern sich die Opec Länder die Produktion zu drosseln. Sie wollen ihren Marktanteil verteidigen und hoffen, die US-Produzenten von Schieferöl und –gas aus dem Markt drängen zu können. Doch die US-Öl- und Gasproduktion ist bislang nicht gefallen. In vielen Förderländern wird der Rohstoffpreisverfall durch einen Währungsrückgang zum Teil kompensiert. Die Währungen von Russland, Australien, Kanada und Brasilien sind alle deutlich gefallen. Dadurch sind viele Minenbetreiber immer noch rentabel, obwohl der Dollar-Preis ihrer Produkte gefallen ist. Die Weltbank kommt in ihrem Commodity Markets Outlook denn auch zum Schluss: „Wir erwarten, dass alle wichtigen Rohstoffpreis Indices im Jahr 2015 fallen werden, in erster Linie wegen des grossen Angebots und im Fall von Industrierohstoffen, wegen der schwachen Nachfrage.“ [8] mic

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[0] Bloomberg Commodity Index

[1] Knoema, 31.07.2015: GDP by Country 1980-2014

[2] weltinnenpolitik, 23.07.2015: Rohstoffe so billig wie vor 13 Jahren

[3] Hellenic Shipping News, 07.07.2015: Agri commodity prices may see steady decline in next 10 years: FAO

[4] chinasignpost, 23.07.2015: Peaking Prematurely? China Commodity Peaks May Emerge Sooner Than Expected

[5] Sidney Morning Herald, 09.07.2015: Chinese steel is now cheaper than cabbage

[6] The Economist, 04.07.2015: Cornering the markets

[7] energycollective, 24.06.2015: BP Data Suggests We Are Reaching Peak Energy 

[8] Weltbank, 31.07.2015: Commodity Markets Outlook – July 2015 (PDF)