Entwicklungshilfegelder spielen nur noch eine untergeordnete Rolle bei der Armutsbekämpfung
1000 Milliarden Dollar. Soviel verlieren die Entwicklungsländer jedes Jahr durch illegitime Finanzströme. Bei einer UN-Konferenz in Addis Abeba haben die Länder der Welt beschlossen, dies zu ändern.
Bei der UN-Konferenz über Entwicklungsfinanzierung ging es kaum um Entwicklungshilfegelder. In der Abschlusserklärung steht natürlich, dass die reichen Länder ihre Ausgaben für Entwicklungshilfe auf 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) steigern sollen. Dieses Ziel ist alt aber nur sehr wenige Länder erreichen es. (Deutschland kommt derzeit auf 0,4 Prozent und die Schweiz auf 0,5 Prozent.) Trotzdem haben die Ausgaben für Entwicklungshilfe vorletztes Jahr ein neues Allzeithoch erreicht: Die reichen Länder investierten 135 Milliarden Dollar in die Entwicklung der ärmeren. [1]
Im Mittelpunkt der Verhandlungen in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba stand ein anderes Thema: Steuern. Die Entwicklungsländer verlieren jedes 1000 Milliarden Dollar durch Korruption, Steuerhinterziehung und Steuervermeidung. [2] Um dieses Geld für die Entwicklung nutzen zu können, haben die Länder ein Massnahmenbündel verabschiedet. [3] So sollen multinationale Firmen in Zukunft Land-für-Land ausweisen, welche Gewinne sie erzielt und wieviel Steuern sie bezahlt haben. Firmen und Stiftungen sollen offen legen, wem sie gehören. Zudem wurde die ‚Addis Tax Initiative‘ gegründet bei der Industriestaaten Entwicklungsländern beim Aufbau effektiver Steuerbehörden unterstützen. Der deutsche Staatssekretär Friedrich Kitschelt sagte dazu: „Wer Steuersysteme fördert, stärkt damit zugleich die Demokratie.“, denn Erfahrungen zeigen, dass Steuerzahler mitbestimmen wollen, wie ihr Geld ausgegeben wird. [4] Unterstützung erfuhr zudem die Initiative ‚Steuerprüfer ohne Grenzen‘ der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD. Hier helfen (meist pensionierte) Steuerprüfer aus Industriestaaten ihren Kollegen in Entwicklungsländern. Pilotprojekte zeigen, dass damit oft erstaunliche Verbesserungen des Steueraufkommens erzielt werden können: So hat ein Projekt in Kolumbien zu zehnmal höheren Steuereinnahmen innert drei Jahren geführt. [5]
Am heftigsten umstritten war die Frage, wie die globale Kooperation in Steuerfragen organisiert werden soll. Viele Entwicklungsländer forderten die Gründung einer neuen UN-Agentur. Die Industriestaaten dagegen, hielten die bestehende UN-Expertenkommission für ausreichend. Der Clou: Praktisch ist die OECD federführend bei der internationalen Kooperation in Steuerfragen und nicht die UN-Kommission. Die OECD gilt als der ‚Club der reichen Länder‘. Wer Mitglied werden will, muss den sogenannten ‚Dresscode‘ erfüllen: Wohlstand, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Die Industriestaaten konnten sich schliesslich durchsetzen. Pooja Rangaprasad von der Financial Transparency Coalition, einem Netzwerk aus Entwicklungsorganisationen und Regierungen sagte dazu: „Die Entwicklungsländer haben hart für die UN-Agentur gekämpft, aber das heutige Abkommen ändert nichts an dem System der Bevormundung, wo eine Gruppe von 34 Ländern die ganze Macht hat. Die reichen Länder haben beschlossen, an einem System festzuhalten, wo Geld von Süden nach Norden fliesst und die Regeln in die andere Richtung.“ [6]
Das Abkommen über Entwicklungsfinanzierung soll die finanzielle Grundlage für die Nachhaltigen Entwicklungsziele schaffen, die im September von der UNO verabschiedet werden. Dieser Zielkatalog löst die Millennium Entwicklungsziele ab, die unter anderem zu einer Halbierung der extremen Armut in der Welt beigetragen haben. Aus Sicht von UN-Chef Ban Ki-moon ist dies gelungen: „Dieses Abkommen ist ein kritischer Schritt vorwärts, um eine nachhaltige Zukunft für Alle zu bauen. Es bietet einen globalen Rahmen für die Finanzierung nachhaltiger Entwicklung.“ [7] mic
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[1] OECD, 08.04.2015: Development aid stable in 2014 but flows to poorest countries still falling
[2] Global Financial Integrity, 11.12.2013: Illicit Financial Flows from Developing Countries: 2002-2011