Aus Zeitmangel können die fundamentalen Fragen nicht diskutiert werden
Die Entwicklungsländer haben den zweitletzten Tag mit internen Beratungen vertrödelt. Jetzt wird die Zeit knapp und es droht die Gefahr, dass sich die Länder auf den kleinsten gemeinsamen Nenner einigen.
In den ersten andertahlb Wochen bei den Klimaverhandlungen in Perus Hauptstadt Lima haben die Delegierten eine 60 seitige Ideensammlung erarbeitet. Am zweitletzten Tag haben sie dann gemerkt, dass sie nicht auf Basis dieses Dokuments weiterverhandeln können. Daraufhin hat sich die Gruppe der Entwicklungsländer ‚G77 und China‘ zu internen Beratungen zurückgezogen. Diese dauerten bis in den späten Nachmittag. Dabei haben die Entwicklungsländer einen Vorschlag erarbeitet, der dann sofort von den Industriestaaten abgelehnt wurde. Daraufhin haben die Länder die beiden Vorsitzenden der wichtigsten Arbeitsgruppe gebeten, einen bereinigten Textvorschlag zu machen. Dieser lag dann um neun Uhr abends vor. Er umfasst sieben Seiten. [1]
Mit dem neuen Verhandlungstext ist niemand glücklich. „Der Text ist ein Versuch den Verhandlungsprozess voran zu bringen“ sagt Todd Stern, der US-Chefunterhändler. Über die Qualität des Inhalts sagt er nichts. Diese hängt noch davon ab, für welche der verschiedenen Optionen sich die Länder schliesslich entscheiden. Aus Sicht vieler NGOs sind aber alle Optionen im Text unzureichend: „Dieser Text beschleunigt unseren Weg zu einer Erwärmung um vier Grad“ sagt Alex Rafalowicz von TWN, einem Netzwerk von Organisationen aus der drittem Welt. Aus Sicht der Industriestaaten sind aber zumindest zwei Elemente positiv, die nicht im Text enthalten sind. Der Verhandlungstext sagt nichts zur Finanzierung. Die Entwicklungsländer hatten gefodert, detailliert festzuhalten wieviel Geld in welchem Jahr von den Industriestaaten für den Klimaschutz in den Entwicklungsländern bereitgestellt wird. Für die Industriestaaten war das von Anfang an eine ‚Rote Linie‘ und sie haben sich damit durchgesetzt. Die meisten Optionen im Text unterscheiden auch nicht länger zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Dies war eine Foderung aller Industriestaaten, da die bisherige Unterscheidung zwischen den Ländern aus dem Jahr 1992 stammt und „die Realität der heutigen Welt nicht mehr abbildet“, wie Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, sagt.
Im Gegenzug sagt der Text wenig über die Emissionsziele, die die Länder bis Ende März nächstens Jahres an die UN-Klimakonvention melden sollen. Damit die Eingaben der Länder vergleichbar sind, müssten sie in einem einheitlichen Format erfolgen und klar darlegen, wie die Länder zu ihren Emissionszielen gekommen sind. Je weniger Details hier verlangt werden, desto schwieriger der Vergleich. Ob die UN-Klimakonventuion ermächtigt wird, die Ziele zu vergleichen ist allerdings noch offen. „Im besten Fall wird es ein paar Workshops geben“ sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Dadurch werden die Länder aber nicht gezwungen, ihre Emissionsziele nachzuschärfen und auf einen Emissionspfad einzuschwenken, der dem Zwei-Grad-Ziel gerecht wird.“ Dabei sind sich die Wissenschaftler einig, dass die Klimaerwärmung auf maximal zwei Grad begrenzt werden soll. Andernfalls werden Kipppunkte erreicht, ab denen sich der Klimawandel selbst verstärkt und nicht mehr zu stoppen ist. Damit haben die Delegierten die wirklich schwierigen Entscheidungen ins nächste Jahr verschoben. Im Dezember 2015 soll in Paris ein neuer Weltklimavertrag verabschiedet werden. Dieser soll „für Jahrzehnte gelten“, sagt Todd Stern und natürlich die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels gewärleisten. mic
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