Trotz des Erfolgs beim Klimagipfel erscheint das Zwei-Grad-Ziel beinahe unerreichbar
Die Wirtschaft ist bereit. Viele Staaten sind bereit. Und die Menschen sind es auch. Um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, müssen die Politiker nun beherzt handeln. Dies gilt insbesondere für die EU: Diese hat nun die Möglichkeit Klimaführerschaft zu beweisen und im Gegensatz zu früher werden ihr auch viele folgen.
UN-Chef Ban Ki-moon hat hoch gepokert und gewonnen. Sein Klimagipfel war ein Erfolg. Wenn es gelingt den Waldverlust bis 2030 zu stoppen, sinken die Emissionen um rund ein Sechstel. Zudem hat der Gipfel gezeigt, dass die Kapitalmärkte beginnen, den Klimawandel ernst zu nehmen. Dies bedeutet, dass die Investitionen in fossile Energien zurückgefahren werden. Denn schon die bislang bekannten Reserven an Öl, Kohle und Gas reichen aus, um eine Klimakatastrophe auszulösen. Investitionen in neue Fördergebiete sind folglich rausgeschmissenes Geld. Mit den ‚Grünen Anleihen‘ haben die Märkte ausserdem endlich ein Vehikel geschaffen, um nennenswerte Summen in den Ausbau der Erneuerbaren Energien zu investieren. Und schliesslich ist beim Klimagipfel eine Koalition aus Ländern, Investoren und Unternehmen an die Öffentlichkeit getreten, die sich für einen CO2 Preis einsetzt. Diesen Schulterschluss aus Wirtschaft und Politik hat es bislang nicht gegeben. Wenn die Klimakonferenz im nächsten Jahr zu einem wirksamen Weltklimavertrag führt, kann Ban folglich sagen, er hätte der Grundstein dafür gelegt. Und wenn Paris scheitert, kann ihm niemand vorwerfen, er hätte nicht Alles versucht.
Doch mit dem Klimagipfel hat die Menschheit nur eine Schlacht aber noch lange nicht den Kampf gegen den Klimawandel gewonnen. Dazu müsste die CO2 Intensität der Weltwirtschaft jedes Jahr um über sechs Prozent sinken, wie die Unternehmensberatung PWC ausgerechnet hat. [1] Letztes Jahr sind die CO2 Emissionen pro 1000 Euro Wirtschaftsleistung weltweit aber nur um 1,2 Prozent zurückgegangen. Einzig Australien konnte die CO2 Intensität um über sechs Prozent senken. In Deutschland und den USA ist die CO2 Intensität sogar gestiegen. Kurz, die sechs Prozent und damit die Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels sind noch in weiter Ferne – erscheinen nahezu unerreichbar.
Doch aus zwei Gründen ist noch nicht alle Hoffnung verloren: Zum einen setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass Klimaschutz kein Wachstumshemmnis darstellt, sondern im Gegenteil das Wachstum sogar beschleunigen kann. Dies liegt nicht zuletzt an den Kosten für Erneuerbare Energien: In den letzten fünf Jahren ist der Preis für Solarzellen um 80 Prozent gesunken. Und auch Windenergie ist um 15 Prozent billiger geworden. In vielen Ländern sind die Erneuerbaren damit billiger als fossile Energien. Und zum anderen gibt es noch gigantische Potentiale zur Senkung der Emissionen durch den Schutz der Wälder, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Reduktion von anderen Treibhausgasen als CO2 wie Methan oder Fluorkohlenwasserstoffen (FKWs). Die Produktion letzterer wird derzeit hochgefahren, um die ozonschädlichen Fluorchlorkohlenwasser-stoffe (FCKWs) zu ersetzen. Ausserdem besteht ein enormes gesundheitspolitisches Interesse an der Reduktion des weltweiten Russaustosses, was ebenfalls dem Klimaschutz zugute käme.
Um diese Potentiale zu nutzen, müssen die Länder nächstes Jahr in Paris ein Paket aus kurz- und langfristigen Massnahmen beschliessen: Kurzfristig gilt es aggressiv in Russfilter, den Waldschutz und die Abschaffung von FKWs zu investieren. Das kostet einen niedrigen Milliardenbetrag, der wohl schon durch die Reduktion der Gesundheitskosten amortisiert wird. Damit kann sich die Welt Zeit kaufen, bis die langfristige Massnahme wirkt: ein CO2 Preis, der von Jahr zu Jahr steigt. Die EU hat hier die Möglichkeit das Ergebnis mit einem ehrgeizigen Emissionsziel für 2030 vorzuspuren, da Brüssel das Ziel vor den anderen Ländern bekannt gibt. Ausserdem ist die EU derzeit noch immer das einzige grosse Land mit einem CO2 Preis, dem EU- Emissionshandel. Der Klimagipfel in New York hat gezeigt, dass grosse Teile der Wirtschaft und viele Länder bereit sind, der EU zu folgen. Endlich besteht also die Chance, dass sich die Vorreiterrolle der EU beim Klimaschutz auszahlt – sowohl in Form eines wirksamen Klimaschutzes, als auch in Form von Wachstumimpulsen. Dies Chance gilt es zu nutzen. mic
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[1] PWC: Low Carbon Economy Index 2014: Two degrees of separation – ambition and reality