Länder einigen sich auf Konvention zur Reduktion von Quecksilberemissionen
Quecksilber reichert sich in der Nahrungskette an insbesondere in Fischen. Da der Mensch ganz am Ende dieser Kette steht, vergiftet er sich mit seinen Emissionen des Flüssigmetalls selbst. Doch diese Emissionen sollen nun sinken, dank eines neuen, internationalen Umweltabkommens.
Für die Alchemisten war es die „Urmaterie“ aus der sich alle anderen Elemente herstellen liessen: Quecksilber. Das einzige flüssige Metall wurde aber nicht nur bei Versuchen zur Goldherstellung genutzt sondern auch in der Medizin verwandt. So liess sich der erste chinesische Kaiser einen Trank aus Quecksilber und pulverisierter Jade verabreichen. Doch die Mixtur hatte nicht die gewünschte Wirkung: Der Kaiser wurde nicht unsterblich sondern starb an einer Quecksilbervergiftung. Damit teilt er das Schicksal von mehr als 1700 Einwohnern der japanischen Stadt Minamata. Dort hatte eine Chemiefabrik jahrelang eine Quecksilberverbindung ins Meer eingeleitet. Das Gift reicherte sich in der Nahrungskette an und fand sich schliesslich in Form von Fisch auf den Tellern der Einwohner Minamatas wieder. Im menschlichen Körper greift Quecksilber dann das zentrale Nervensystem an, schädigt das Gehirn und führt bei hohen Dosen zum Tod.
Doch das Problem ist nicht lokal begrenzt: Eine Studie des Biodiversity Research Institute zeigt, dass Quecksilber „weltweit in Salz- und Süsswasser“ nachgewiesen werden kann. „Unsere Erkenntnisse zeigen, dass 84 Prozent der untersuchten Fische nicht öfter als einmal pro Monat gegessen werden sollten.“ Besonders hohe Quecksilberkonzentrationen finden sich dabei in Raubfischen, die relativ lange leben wie Thunfisch oder Schwertfisch. Und dieses Quecksilber lässt sich dann wieder im menschlichen Haar nachweisen: Bei 95 Prozent der Japaner übersteigt der Quecksilbergehalt der Haare den Grenzwert – im Durchschnitt um 170 Prozent. Dabei nimmt die Quecksilberbelastung der Gewässer immer noch zu. Zur Zeit liegen die weltweiten Quecksilberemissionen bei rund 2000 Tonnen pro Jahr. Die Menschheit vergiftet sich also selbst. Diesem unerfreulichen Umstand wollen die Länder der Welt nun ein Ende bereiten. Am Samstag Morgen wurden in Genf die Verhandlungen über eine internationale Quecksilberkonvention abgeschlossen. Unterschrieben wird dieses neue, internationale Umweltabkommen dann im Oktober – in Minamata.
Das Abkommen verbietet die Eröffnung neuer Quecksilberminen und verlangt das bestehende Minen innert 15 Jahren geschlossen werden. Hier musste insbesondere eine Lösung für Kirgistan gefunden werden, wo der Quecksilberabbau wichtig für die Wirtschaft ist. Da ab 2020 die Verwendung von Quecksilber in den meisten Produkten wie Thermometern, Schaltern und Glühbirnen verboten ist, wird die Nachfrage nach dem Flüssigmetall aber sowieso abnehmen. Ausserdem wurden Vorschriften erlassen, wie mit Quecksilber belastetem Müll umzugehen ist. Quecksilber wird aber nicht nur in reiner Form verwendet, sondern findet sich in Spuren auch in Stein- und Braunkohle. Kraftwerke, Hochöfen und Zementhersteller sind daher wichtige Quellen dieser Emissionen. Hier hat man sich darauf geeinigt, globale Umweltvorschriften zu erarbeiten, die dann von allen Neuanlagen eingehalten werden müssen. Dank strengerer, nationaler Umweltvorschriften gingen diese Emissionen aber schon vor Verabschiedung der Quecksilberkonvention zurück.
Die wichtigste Quelle von Quecksilberemissionen ist mittlerweile aber der Goldkleinbergbau. Um den Goldstaub aus dem Flusssand zu lösen wird ihm Quecksilber beigemischt. Das Quecksilber geht dabei eine Verbindung mit dem Gold ein und kann leicht vom Sand getrennt werden. Um das Quecksilber dann wieder zu lösen wird das Gemisch erhitzt und das Quecksilber verdampft. Übrig bleibt Gold. Weltweit wurden so über 700 Tonnen Quecksilber freigesetzt. Das Problem: Diese Art der Goldgewinnung lässt sich nicht einfach verbieten, da 30 Millionen Menschen so für ihren Lebensunterhalt sorgen. Diese Menschen leben meist am Rande der Gesellschaft und ein Quecksilberverbot würde sie endgültig in die Illegalität treiben. Um die Emissionen dennoch zu reduzieren, soll einerseits Quecksilber verteuert und andererseits der Kleinbergbau in die formelle Wirtschaft integriert werden. Dies gibt den Goldschürfern die Möglichkeit in umweltfreundlichere Methoden der Goldgewinnung zu investieren.
Die Einigung auf eine Quecksilberkonvention nach vierjährigen Verhandlungen ist insbesondere ein Erfolg für die Schweiz und Norwegen, die die Schaffung dieser Konvention vorgeschlagen hatten. Für Franz Perrez, den Leiter der Schweizer Delegation, ist die Konvention „ein Beweis für die Vitalität der internationalen Umweltpolitik. Sie zeigt den Willen der Staaten, gemeinsame Lösungen für globale Umweltprobleme zu finden.“ Dabei stehen die nächsten Probleme bereits an. „Eigentlich wollten wir eine Schwermetallkonvention für Quecksilber, Blei und Kadmium. Doch bei Blei und Kadmium sind einige Länder noch nicht so weit.“ Noch geht die Selbstvergiftung also weiter. mic
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