Die Klimadiplomaten haben ihre Möglichkeiten ausgeschöpft
Bei den Klimaverhandlungen in Doha wird die Zeit knapp. Wegen eines Streits um einen Textvorschlag sind bereits zwei Verhandlungstage verloren gegangen. Dies könnte den Abschluss eines neuen Weltklimaabkommens verzögern.
Bei den Klimaverhandlungen in Doha ist Halbzeit und wie immer stecken die Verhandlungen fest. Die Klimadiplomaten, die in der ersten Woche am Drücker sind, haben alle technischen und wenig umstrittenen Themen abgeräumt. Damit ist klar, welche Fragen so politisch sind, dass sie nur von den Umweltministern der Länder gelöst werden können, wenn überhaupt.
Einen Erfolg werden diese aber nahezu sicher verkünden können: die Verlängerung des Kyoto-Protokolls um acht Jahre bis 2020. Die einzige offene Frage von Bedeutung ist die sogenannte Heisse Luft. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind die Emissionen in Russland, der Ukraine und Polen massiv gesunken und haben nie wieder das frühere Niveau erreicht. Daher haben diese Länder einen Überschuss an Verschmutzungsrechten von 13 Milliarden Tonnen CO2. Diese überschüssigen CO2 Zertifikate wollen sie nun in die nächste Runde des Kyoto-Protokolls hinüberretten und wenn möglich verkaufen. Doch der Überschuss ist so gross, dass er die Emissionssenkungen der anderen Länder zunichte macht. Daher fordern alle anderen Länder, dass diese Verschmutzungsrechte stillgelegt werden. Doch insbesondere Polen sträubt sich. Der polnische Umweltminister Marcin Korolec hat vor Abreise nach Doha noch einmal klargestellt, dass Polen nicht die Absicht habe, sein “Eigentum“aufzugeben. Damit verhindert er, dass die EU in dieser Frage eine gemeinsame Linie einnehmen kann und unterminiert die Glaubwürdigkeit des EU Verhandlungsteams. Dass Polen die nächsten Klimaverhandlungen ausrichten darf, beirrt ihn dabei nicht. Und auch die immer lauter werdenden Warnungen, dass der Klimawandel schneller und heftiger kommt als erwartet, hat bislang in Warschau noch keinen Eindruck gemacht. Dank der Heissen Luft aus Polen hat die EU ihr Emissionsziel von minus 20 Prozent bis ins Jahr 2020 (im Vergleich zu 1990) nun quasi erreicht. Doch in Doha wird dieses Ziel nicht angehoben werden, wie Artur Runge-Metzger, der Leiter der EU Delegation bei jeder Gelegenheit klarstellt: „Das steht hier nicht zur Diskussion.“
Heftigste Diskussionen gibt es dafür im sogenannten LCA-Strang der Verhandlungen, wo entschieden wird, was die USA, Kanada, Japan und die Entwicklungsländer im Kampf gegen den Klimawandel machen müssen. Hier hatte man bei der Klimakonferenz letztes Jahr in Durban fuenf Bereiche identifiziert, wo Fortschritt möglich ist, bevor auch dieser Verhandlungsstrang abgeschlossen wird. „In diesen fünf Bereichen kommen die Verhandlungen gut voran“ sagt Christiana Figueres, die Chefin der Verhandlungen. Doch einige Entwicklungsländer wie China, Indien und die Opec Länder wollen auch über viele andere Fragen diskutieren und fanden damit beim Vorsitzenden des LCA-Strangs Gehör. Dieser hat daraufhin einen Textentwurf vorgelegt, der auch alle anderen Themen umfasst. Doch die Industriestaaten lehnen diesen Textentwurf vehement ab. Doch ohne Konsens, auf welcher Textbasis verhandelt wird, stehen die Verhandlungen still. „Wir haben mittlerweile zwei Tage verloren“ sagt Liz Gallagher vom britischen Think Tank E3G. In einer solchen Situation ist der Konferenzpräsident gefragt, der katarische Vizepremier Abdullah Bin Hamad Al-Attiyah. Doch dessen Eignung für sein Amt wird zunehmend in Frage gestellt. „In Doha wächst die Sorge, dass die Konferenzpräsidentschaft des Öl- und Gaslandes nicht in der Lage ist, den Gipfel zumindest zu einem bescheidenen Erfolg zu führen. Die Unruhe bei vielen Delegationen wächst.“sagt Christoph Bals der Chef von Germanwatch. Noch deutlicher äussert sich ein europäischer Diplomat: „Al-Attiyah ist unmöglich.“
Damit droht der dritte Verhandlungsstrang in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Im Durban-Strang soll bis 2015 ein neuer Weltklimavertrag ausgehandelt werden, der sowohl den Industrie- als auch den Entwicklungsländern verbindliche Emissionsvorgaben macht. Doch Erfolg im Durban-Strang beruht auf einem erfolgreichen Abschluss der beiden anderen Verhandlungsstränge. Und so könnte der Streit um den LCA-Text den ganzen Zeitplan durcheinander bringen: „Wenn wir in Doha keine Fortschritte im Durban-Strang machen, bekommen wir nächstes Jahr Probleme, weil wir nicht genug Zeit haben.“sagt Monica Araya, die Leiterin der costa-ricanischen Delegation. „Und ich fürchte, dass dann einige Länder sagen werden: Die Verhandlungen können nicht bis 2015 abgeschlossen werden. Wir müssen die Frist verschieben.“ Und genau darauf zielen womöglich einzelne Länder ab. mic
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