Bei Klimaverhandlungen sind „dunkle Kräfte“am Werk

Zweifel an der katarischen Konferenzpräsidentschaft werden immer lauter

Keine Klimakonferenz ohne Drama gegen Ende der ersten Woche: Diesmal hat sich der Streit an einem Textentwurf im sogenannten LCA-Strang entzündet. Nun ist der Konferenzpräsident gefragt. Doch Zweifel an dessen Eignung nehmen zu.

Die Klimaverhandlungen stecken zum ersten Mal fest. In einem der Verhandlungsstränge können sich die Länder nicht einigen, auf welcher Textgrundlage verhandelt wird. Der Vorsitzende des sogenannten LCA-Strangs hat aus eigenem Antrieb einen Textentwurf erstellt, der aber von allen Industriestaaten und vielen Entwicklungsländern abgelehnt wird. Dabei herrschte bei der letzten Vorbereitungskonferenz in im September in Bangkok noch Hochstimmung. Die Textarbeit im LCA-Strang kam gut voran. Doch am Dienstag hat der LCA-Vorsitzende Ayser Tayeb aus Saudi Arabien einen neuen Entwurf vorgelegt, der gemäss Beobachtern nur noch wenig mit dem Text aus Bangkok gemeinsam hat und die Positionen einiger Entwicklungsländer bevorzugt. Da Tayeb seinen Text ohne Auftrag der Länder erstellt hatte und dieser von vielen Ländern abgelehnt wird, zeigte sich Artur Runge-Metzger am Mittwoch noch optimistisch: „Das hat sich erledigt.“

Doch wie sich am Donnerstag gezeigt hat, war dieser Optimismus verfrüht. Tayeb hält an seinem Text fest, unterstützt von einigen Entwicklungsländern wie China oder den Opec Staaten. Damit kam es zum Eklat in einer Arbeitsgruppe über den Transfer von Klimatechnologien. „Die USA haben Rabatz gemacht.“sagt Liz Gallagher, vom britischen Think Tank E3G, und es kam zu bitteren Wortgefechten inklusive persönlichen Angriffen. In einer derartigen Situation ist der Präsident der Verhandlungen gefragt, Katars Vizepremier Abdullah Bin Hamad Al-Attiyah. ‘‘Er muss sich in Frontlinie- Diplomatie engagieren und einen Kompromiss vermitteln; entscheiden mit welchem Text wir vorwärts machen.“ sagt Gallagher. „Das ist eine echte Herausforderung für die Präsidentschaft, die bisher nicht sonderlich sichtbar war.“ Noch etwas deutlicher warnt John Ashton, ein ehemaliger britischer Klimadiplomat, was Al-Attiyah bevorsteht: „Das sind Haifisch verseuchte Gewässer.“ Da trifft es sich schlecht, dass die Zweifel an der Fähigkeit der Präsidentschaft wachsen: „Beim Klimagipfel in Katar wächst die Sorge, dass die Konferenzpräsidentschaft des Öl- und Gaslandes nicht in der Lage ist, den Gipfel zumindest zu einem bescheidenen Erfolg zu führen. Die Unruhe bei vielen Delegationen wächst.“sagt Christoph Bals der Chef von Germanwatch. Das zeigt sich auch im Verhältnis Al-Attiyahs zu den NGOs so Bals: „Das geplante Treffen mit den NGOs wurde abgesagt, weil die NGOs nicht bereit sind, nur vorgefilterte Fragen zu stellen.“

Dabei muss der Streit um den LCA-Text schnell beigelegt werden. Am Montag muss ein weitgehend abgestimmter Textentwurf vorliegen, denn dann stossen die Umweltminister der Länder zu den Verhandlungen. „Der Streit muss unbedingt am Donnerstag beigelegt werden. Wir haben bereits einen Tag verloren.“sagt Gallagher. „Wenn der Streit in die Vollversammlung am Freitag getragen wird, gibt es dort ein Feuerwerk und das Vertrauen zwischen den Ländern wird noch weiter untergraben.“Und dies könnte dann auch den Fortschritt in den anderen Verhandlungssträngen beeinträchtigen, denn eigentlich sollen die Verhandlungen im LCA-Strang in Doha abgeschlossen werden: „Wenn wir keinen LCA-Text haben, gibt es keinen Abschluss des LCA-Strangs und ohne LCA-Abschluss gibt es keine Fortschritte im Durban-Strang der Verhandlungen, wo ein eine neuer Weltklimavertrag ausgehandelt werden soll.“ sagt Su Wei, der Chef der chinesischen Verhandlungsdelegation. Doch genau das könnte das Ziel sein vermutet Gallagher: „Die EU hat echte Bedenken bezüglich des LCA-Textes. Aber die dunklen Kräfte wie die Umbrella Gruppe (USA, Kanada, Japan und andere) oder Länder aus der Golfregion benutzen den Streit, um den Verhandlungsprozess zu verzögern.“ Und zu diesen „dunklen Kräften“ könnte die Konferenzleitung selber gehören. Aus EU Kreisen ist zu vernehmen, es sei rätselhaft, was Tayeb mit seinem Textentwurf bezwecke. Und andere Delegierte bezweifeln gar, dass Al-Attiyah ein Interesse an einem erfolgreichen Abschluss der Konferenz hat. In diesem Fall könnte sich die Verhandlungsblockade hinziehen. Fortsetzung folgt. mic

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