Verhandlungen der zwei Geschwindigkeiten

Zwei Verhandlungsstränge sind auf der Zielgeraden und einer steht in den Startblöcken

Bis Ende Jahr soll die Verlängerung des Kyotoprotokolls ausgehandelt sein. Dabei wissen alle, dass damit die Klimakrise nicht zu lösen ist. Während für „Kyoto Zwei“ noch die letzten Details verhandelt werden, haben bereits die Vorarbeiten für einen neuen Klimavertrag begonnen.

Eigentlich müsste bei den Klimaverhandlungen Aufbruchstimmung herrschen. Bei der letzten grossen Klimakonferenz in Durban, Südafrika, wurde beschlossen bis 2015 einen neuen Klimavertrag auszuhandeln, in dem sich sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer zu einer Begrenzung ihrer Emissionen verpflichten. Doch bevor die Verhandlungen aufgrund der Durban Plattform richtig losgehen können, müssen noch die beiden alten Verhandlungsstränge abgeschlossen werden: der Strang für die Kyotoländer und der Strang für die Nicht-Kyoto Industriestaaten, zu denen mittlerweile die USA, Japan und Kanada zählen. Während die Durban Plattform also noch in den Startblöcken steht, befinden sich die Kyoto und Nicht-Kyoto Verhandlungen bereits auf der Zielgeraden. Diese unterschiedlichen Geschwindigkeiten lassen sich bereits am Tagesprogramm ablesen: Während bei der Durban Plattform zu einem „Runden Tisch über die Vision“ eingeladen wird, gibt es für die Nicht-Kyoto Länder eine eigene Arbeitsgruppe zum Angendapunkt 3b Absatz 4 „Sektorielle Ansätze“.

Dabei ist allen Beteiligten klar, dass die Zeit drängt – auch bei den Verhandlungen über den neuen Vertrag . Denn das Klima wartet nicht, sondern hat mit immer neuen Hiobsbotschaften aufzuwarten wie dem neuen Minusrekord beim Nordpoleis. Aber gerade deshalb muss man sich jetzt Zeit nehmen: „Es eilt, darum müssen wir langsam laufen.“ sagt Franz Perrez der Leiter der Schweizer Delegation, schliesslich solle der neue Vertrag für viele Jahre die Grundlage für die internationale Klimapolitik bilden. Ausserdem ist der Fortschritt in den derzeit drei Verhandlungsstränge wie immer eng verknüpft. Die Entwicklungsländer drängen auf möglichst grosse Fortschritte in den beiden alten Verhandlungssträngen bevor sie die Durban Plattform aus den Startblöcken lassen. So müssen etwa die Buchhaltungsregeln noch endgültig festgezurrt werden mit Fragen wie: Ab wann sind ein paar Bäume ein Wald? Ausserdem muss eine Lösung für die überschüssigen Verschmutzungsrechte aus den 90er Jahren gefunden werden. Wegen des Zusammenbruchs der Sowjetindustrie und des massiven Rückgangs der Emissionen sitzen Russland und einige mittel- und osteuropäische Staaten auf einem riesigen Berg ungenutzter Verschmutzungsrechte.

Für das vorsichtige Herangehen an den neuen Vertrag gibt es aber noch einen weiteren Grund: Noch weiss niemand, was die scharfe Trennung zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern ersetzen soll. Sollen die Entwicklungsländer in mehrer Gruppen unterteilt werden, mit klaren Regeln, wann ein Land von einer Untergruppe in eine andere befördert wird? Sollen gar keine Gruppen gebildet werden sondern ein flexibles System geschaffen, das sowohl der Schweiz wie auch Somalia gerecht wird? Wie kann ein Anreiz geschaffen werden, dass Länder von sich aus, ihre Emissionen möglichst stark senken? Die Welt ist seit Verabschiedung der UNO Klimakonvention vor 20 Jahren sehr viel bunter und komplizierter geworden und dem muss der neue Vertrag Rechnung tragen, wenn die Klimakrise gelöst werden soll. Denn eins ist klar: Das alte System, wo nur die Industriestaaten zu Emissionsreduktionen verpflichtet sind, reicht dafür nicht aus. mic

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