Bei den Klimaverhandlungen hat sich eine informelle Verhandlungsgruppe der Bremser gebildet
Vor 20 Jahren war die Sache noch einfach: Die Industriestaaten waren Schuld am Klimawandel und daher wurde das “Prinzip” etabliert, dass Klimaschutz fuer die Industriestaaten verpflichtend und fuer die Entwicklungslaender freiwillig ist. Doch so laesst sich der Klimawandel nicht mehr stoppen. Trotzdem hat dieses Prinzip noch viele Anhaenger.
Mit 2100 Delegierten hat am Donnerstag eine weitere Runde der UN Klimaverhandlungen begonnen und diese hat mit zwei Neuerungen aufzuwarten: Zum einen sind die Verhandlungen in Bangkok nur informell. Der Grund: Der UNO fehlt das Geld fuer formelle Verhandlungen mit Uebersetzern, Protokollfuehrern etc. Und zum anderen hat sich eine neue, noch inoffizielle Laendergruppe gebildet. Um bei Verhandlungen mit 193 Laendern Fortschritte erzielen zu koennen, bilden die Laender Gruppen gleichgesinnter Staaten. So ist Deutschland Teil der EU und die Schweiz Teil der sogenannten Environmental Integrity Group (Gruppe der Umweltintegritaet). Die Entwicklungslaender verhandeln als Block unter dem Namen “G77 plus China”. Doch diese Gruppe zeigt immer mehr Risse, da die Interessen von Laendern wie den Seyschellen, Saudi Arabien, Simbabwe oder Singapur sehr unterschiedlich sind.
Dies hat sich einmal mehr in den Eingangsvoten in Bangkok gezeigt. Waehrend das Votum von G77 plus China kurz und allgemein gehalten war, trat eine neue, noch namenlose Gruppe von Entwicklungslaendern mit sehr langen und detaillierten Voten in Erscheinung. Diese Gruppe besteht aus rund 20 Laendern, die sich aus drei Lagern rekrutieren:
- Indien und China
Indien lehnt verbindliche Emissionsgrenzen fuer Entwicklungslaender ab. Wegen der niedrigen indischen Pro-Kopf-Emissionen sieht Indien einzig die Industriestaaten in der Pflicht beim Kampf gegen den Klimawandel. Chinas Position ist hier etwas nuancierter, aber auch Peking besteht darauf, dass der Kampf gegen den Klimawandel nicht zulasten des Kampfs gegen die Armut gehen darf. - Die Alba Laender
Eine bereits seit Jahren bestehende Verhandlungsgruppe ist die “Bolivarische Allianz der Völker von unserem Amerika” kurz Alba. Hinter diesem klangvollen Namen stecken sozialistische Laender in Suedamerika wie Bolivien, Ecuador, Venezuela, Kuba oder Nicaragua. Alba argumentiert gerne im Namen von “Mutter Erde”und sieht die Klimaverhandlungen als Front im Kampf gegen den US-Imperialismus. - Die Oelexporteure
Laender wie Saudi Arabien oder Kuweit befuerchten Einnahmeverluste, wenn die Welt weniger Oel verbraucht, um die Treibhausgasemissionen zu senken. Insbesondere Saudi Arabien moechte fuer diese potentiellen Verluste entschaedigt werden. Doch dem duerfte kein Industriestaat zustimmen und so hat sich Saudi Arabien darauf spezialisiert, die Klimaverhandlungen durch prozedurale Tricks zu verlangsamen.
“Wir beharren auf den Prinzipien der UN Klimakonvention”sagt Samuel Ortiz Basualdo, der Vertreter Argentiniens und einer der Sprecher der namenlosen Gruppe und meint damit Folgendes: Wegen der historischen Emissionen seit der industriellen Revolution sind nur die Industriestaaten zu Emissionreduktionen verpflichtet, waehrend fuer Entwicklungslaender Klimaschutz freiwillig bleiben muss. Der Haken: Die Industriestaaten koennen den Klimawandel alleine nicht stoppen, denn mittlerweile hat China hoehere Pro-Kopf-Emissionen als Frankreich. Das Beharren auf 20 Jahre alten Prinzipien ist in den Augen eines europaeischen Diplomaten der Versuch jeden Verhandlungsfortschritt zu torpedieren. “Wir nennen sie die ‘Allianz der Unwilligen’. Aber es ist gut, dass sie jetzt gemeinsame Statements abgeben. So weiss man wenigstens, wer dazugehoert.” Und diese Statements haben es in sich: Mit dem laengsten Eingangsstatement ueberhaupt hat die noch namenslose Gruppe die Verhandlungen mit einem Netz von roten Linien ueberzogen, an denen sie die Verhandlungen jederzeit scheitern lassen kann. Prinzipien haben einen Preis und sei es das Klima. mic
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