Europa dominiert Klimaverhandlungen

Verantwortung der Entwicklungsländer für zukünftige CO2 Emissionen rückt in den Fokus

Die Schweiz und die EU wollen das Kyoto Protokoll nur verlängern, wenn bis 2015 ein neuer Weltklimavertrag steht. Damit nehmen sie die Entwicklungsländer in die Pflicht.

Die Liste ist mittlerweile 19 Jahre alt. Der sogenannte Annex I der UN Klimakonvention teilt die Länder der Welt in zwei Gruppen ein: die Industriestaaten und die Entwicklungsländer: Erstere sind zur Reduktion ihrer CO2 Emissionen verpflichtet, während Klimaschutz für letztere freiwillig ist. Doch nachdem Japan, Kanada und Russland ihren Ausstieg aus dem Kyoto Protokoll angekündigt haben, verursachen die verbleibenden Kyoto Länder nur noch 15 Prozent der weltweiten CO2 Emissionen. Und dieser Anteil wird weiter abnehmen. Doch dies wurde bislang ausgeblendet, denn im Mittelpunkt standen die CO2 Emissionen der Vergangenheit, die „Klimaschuld“ der Industriestaaten.

Das hat sich in Durban geändert. Die EU zusammen mit der Schweiz und Norwegen hat die Delegierten der UN Klimaverhandlungen zu einem Blick in die Zukunft gezwungen. Als Gegenleistung für die Verlängerung des Kyoto Protokolls über das Jahr 2012 hinaus verlangt Europa, dass sich alle anderen Länder dazu verpflichten, bis 2015 einen neuen Klimavertrag auszuhandeln. Und bei diesem Blick in die Zukunft ist die 19 jährige Liste nicht länger zielführend. Denn um die Klimaerwärmung zu begrenzen, kann man nur die zukünftigen Emissionen beeinflussen. Aber das bedeutet, dass nun auch die Entwicklungsländer nicht nur Rechte sondern auch Pflichten im globalen Kampf gegen den Klimawandel haben.

Damit ist einen Tag vor Abschluss der Klimaverhandlungen in Durban deren Ausgang gänzlich ungewiss: Noch ist es möglich, dass die anderen Länder auf die europäische Forderung eingehen und Europa das Kyoto Protokolls verlängert. Wenn die anderen Länder die Bedingung aber nicht erfüllen, und Europa eine Verlängerung des Protokolls ablehnt, bestehen zwei Möglichkeiten: Entweder die Entwicklungsländer finden sich mit dem Ende von Kyoto ab oder sie lassen die ganze Konferenz platzen.

In diesem Fall wären sie aber selber die Hauptleidtragenden. Denn es bestehen gute Chancen, dass in Durban der Green Climate Fund verabschiedet wird. Dieser soll einen Teil der jährlich 100 Milliarden Dollar verwalten, die die Industriestaaten den Entwicklungsländern ab 2020 versprochen haben. Auf der Strecke blieben zudem der Transfer von Klimaschutztechnologien und die Hilfen bei der Anpassung an den Klimawandel. Aus diesem Grund zeigen sich nun Risse in der Allianz der Entwicklungsländer: Die ärmsten Länder der Welt unterstützen die europäische Forderung. Anders Indien: Dehli lehnt verbindliche Klimaziele nachwievor kategorisch ab. „Es scheint als ob Indien und die USA einen Block des Nichts-Tuns gebildet hätten.“ sagt Mark Lynas, der Klimaberater der Malediven. Und China befindet sich in einem Lernprozess, wie der ehemalige französische Umweltminister Brice Lalonde festgestellt hat: „China ist es gewohnt, der Sprecher für die Armen zu sein. Peking hatte noch nicht genug Zeit, den Wechsel zum Co-Manager der Welt zu vollziehen.“

Damit hat Europa bereits zwei Ziele erreicht: Zum einen wird Europa wieder ernst genommen. Während in Kopenhagen im Jahr 2009 die entscheidenden Verhandlungen ohne die EU stattfanden, kommt in Durban keiner an Europa vorbei. Und zum anderen rücken nun die Unterschiede zwischen den Entwicklungsländern in den Fokus. Denn mittlerweile haben rund 50 Entwicklungsländer ein höheres Pro-Kopf-Einkommen als das ärmste Industrieland. Und zumindest diese 50 können sich durchaus ein bischen mehr Klimaschutz leisten. mic

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