Mit der Energiewende Europas Süden stabilisieren
Während Merkel und Co. mit der Eurokrise und dem Fall-Out von Fukushima kämpfen, hat sich eine Gruppe europäischer Elder Statesmen Gedanken über die Zukunft gemacht: Sie fodern den Bau von Solarkraftwerken in Südeuropa um die dortige Wirtschaft anzukurbeln und den Umstieg auf erneuerbare Energien voranzutreiben.
Letzte Woche wurde in Deutschland die Energiewende verabschiedet und die Euro Finanzminister haben eine weitere Tranche des Griechenlandrettungskredits freigegeben. Diese beiden Ereignisse haben auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun. Doch auf den zweiten Blick lassen sich Synergiepotentiale erkennen, wie der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble in einem Interview mit der Wochenzeitung Die Zeit bereits bemerkt hat: „Griechenland hat eine viel höhere Anzahl von Sonnenstunden im Jahr als wir in Deutschland und könnte Strom zu uns exportieren. Die griechische Wirtschaft hätte damit ein wettbewerbsfähiges Exportgut und ein begehrtes dazu.“ Ganz ähnlich äussert sich auch Altkanzler Hemut Schmid gegenüber der Zeit: Griechenland müsse eine Wohlstandsperspektive eröffnet werden: “Zum Beispiel die Integration Griechenlands in eine Energiewende, sodass Sonnenenergie aus Athen nach Nord- und Mitteleuropa exportiert werden kann.”
In eine ähnliche Richtung denkt nun auch ein Kreis ehemaliger Regierungschefs wie Giuliano Amato (Italien), Michel Rocard (Frankreich), Mario Soares (Portugal) and Guy Verhofstadt (Belgien): Sie fordern einen New Deal nach dem US-Vorbild aus den Dreissiger Jahren, als Präsident Roosevelt die Wirtschaft mit einer Kombination aus Wirtschafts- und Sozialreformen sowie grossen Infrastrukturprojekten aus der Wirtschaftskrise führte. Amato, Verhofstadt und Co. stellen sich insbesondere hinter die Forderung von Jean-Claude Juncker, dem Regierungschef von Luxemburg und Chef der Eurogruppe, nach der Einführung von Eurobonds, also gemeinsamen Staatsanleihen der Euroländer. Solche Anleihen sollen helfen „den Wirtschaftsaufschwung zu finanzieren, statt Sparmassnahmen durchzuführen“. Denn ohne Wachstum wird Griechenland nicht aus der Krise finden, weiss auch Schäuble: „Ohne solche Wachstumsperspektiven würde ich mich sehr schwertun, dem deutschen Steuerzahler das erhebliche Risiko eines neuen Programms aufzubürden.“
Die Vorschläge der Elder Statesmen und des deutschen Finanzministers zielen also darauf ab, die beiden grössten Herausforderungen Europas gemeinsam zu lösen: die Gefahr einer Renationalisierung in der europäischen Politik, ja des Zerfalls der EU, und die Klimakrise, die einen radikalen Umbau der Industriegesellschaft – weg von fossilen Energieträgern – erforderlich macht. Die erste Herausforderung ist aus europäischer Sicht die gefährlichere: Während sich eine multipolare Weltordnung herausbildet, besteht in Europa die Gefahr eines Rückfalls in die Kleinstaaterei. Dabei kann in Europa höchstens Deutschland noch für ein paar Jahre „auf Aufgenhöhe“ mit China verhandeln. Es ist daher aus geostrategischer Sicht von grosser Bedeutung, dass sich Europa gegen innen solidarisch zeigt und gegen aussen geschlossen auftritt.
Gleichzeitig muss Europa der Welt zeigen, dass sich Wohlstand und Klimaschutz vereinbaren lassen. Denn zum einen ist Europa für einen überproportionalen Teil der historischen Emissionen verantwortlich und zum anderen fallen die USA als Vorreiter beim Klimaschutz aus. Die EU hat sich denn auch zum Ziel gesetzt die CO2 Emissionen in den nächsten vierzig Jahren um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Doch dazu sind gigantische Investitionen erforderlich. Und genau darauf zielt der Vorschlag der Elder Statesmen ab, nach dem Motto: Wenn wir schon soviel Geld in die Hand nehmen müssen, warum sollen wir dann nicht auch gleich den Zusammenhalt der EU stärken (sprich den Griechen eine Wachstumsperspektive geben) und vor allem den komparativen Vorteil der Club Méd Staaten, Spanien, Portugal, Italien und Griechenland, nutzen? Und dieser komparative Vorteil ist nun mal die sonnige Lage wie Millionen von Mittelmeer-Touristen aus eigener Erfahrung wissen. Kurz, was die Alten fordern ist ein Green New Deal für Europa und das Klima. Sie sehen die Krisen als Chance. Mögen es ihnen die Jungen gleichtun. mic
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