Beim Klima geht es um Macht

Ein Erfolg bei den Klimaverhandlungen könnte als Präzendenzfall für andere Verteilungskonflikte dienen

Das Konferenzzentrum ist gesichert, wie die Grüne Zone in Bagdad. Panzerwagen auf den Zufahrtsstrassen. Soldaten mit dem Finger am Abzug ihrer Maschinengewehre. Sicherheitsschleusen, Hunde, die nach Sprengstoff suchen. Die mexikanische Regierung hat offensichtlich Angst, vor einem Angriff auf die Klimakonferenz. Und dies nicht ohne Grund: Letzte Woche haben mexikanische Spezialeinheiten eine Gruppe von Männern verhaftet, die detaillierte Pläne der Sicherheitsvorkehrungen im Moon Palace, dem Konferenzzentrum besassen.

Aber auch im Konferenzzentrum geht es nicht nur um “Green” und “Peace”. Den kleinen Inselstaaten geht es ums Überleben, den OPEC Ländern um Einbussen im Ölgeschäft, den Europäern ums Klima und die Wirtschaft und einigen Entwicklungsländern schlicht um Geld. Doch zwei Ländern geht es noch um etwas anderes: Macht. Denn das Klimaproblem ist ein Ressourcenkonflikt. Soll die Klimaerwärmung auf zwei Grad begrenzt werden, dürfen nur noch 400 Milliarden Tonnen CO2 in der Atmosphäre abgelagert werden. Die Atmosphäre ist somit eine knappe Ressource und in Cancun wird darüber verhandelt, wer diese Ressource nutzen darf. Letzlich besteht somit kaum ein Unterschied zwischen dem Zugang zur Atmosphäre und dem Zugang zu Land, Wasser, Nahrungsmitteln oder Rohstoffen.

“Grundsätzlich ist es ein grosser Fehler, Klimapolitik abgetrennt von den grossen Themen der Globalisierung zu diskutieren. Man muss sich von der Illusion freimachen, dass internationale Klimapolitik Umweltpolitik ist.” sagt Ottmar Edenhofer, Ökonom am Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, in einem Interview mit der NZZ. Der Zugang zu Ressourcen ist seit Alters her eine Frage der Machtpolitik. Und so verwundert es nicht, dass die grössten machtpolitischen Player der Welt, am wenigsten zu Zugeständnissen in der Klimapolitik bereit sind: die USA und China. Denn im Gegensatz zu kleineren Ländern, die auf ein kooperatives und rechtsbasiertes Umfeld angewiesen sind, können die G2 die Durchsetzung ihrer Interessen auch erzwingen. Daher sind sie besonders zurückhaltend, wenn es darum geht einen potentiellen Präzedenzfall zu schaffen, wo sie freiwillig auf diese Option verzichten und sich einem multilateralen System unterordnen. Denn, wenn die Klimaverhandlungen Erfolg haben, könnte der Verhandlungsansatz auch auf andere Ressourcenkonflikte angewendet werden, etwa die Nahrungsmittelversorgung oder die Knappheit wichtiger Rohstoffe.

Vor diesem Hintergrund kommt den Warnungen, dass ein Misserfolg in Cancun die Bedeutung der UN Klimaverhandlungen nachhaltig beschädigen würde, besondere Bedeutung zu. „Die Konsequenzen eines Misserfolgs in Cancun, sind etwas, worüber man sich Sorgen machen sollte. Dies könnte bedeuten, dass wir nicht mehr alleine auf die UN Verhandlungen setzen.“ sagt Jonathan Pershing, der Chef-Unterhändler der USA. Der Versuch, ein multilaterale Lösung für den Klimawandel zu finden, wäre gescheitert. Das Problem: Anders lässt sich die Klimakrise kaum meistern, sagt Edenhofer: “Derzeit gibt es drei Ideen, wie man die schwierige Kooperation (zwischen den Ländern) umgehen kann: Man verlegt sich auf unsichere Experimente wie das Geo-Engineering, man konzentriert sich auf den Ausbau von sauberer und sicherer Energie, oder man vertraut auf regionale und lokale Lösungen. Es gibt allerdings keinen Hinweis darauf, das eine der Ideen das Problem löst.” Die Machtfrage muss also gelöst werden, wenn der Klimawandel begrenzt werden soll. Denn ohne Kooperation geht es nicht. mic

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