In Kopenhagen bricht das Chaos aus

Gastgeber Dänemark stösst Entwicklungsländer schon wieder vor den Kopf

Die zweite Woche der Klimaverhandlungen startet schlecht. Die Kapazität der Sicherheitsschleuse am Eingang des Konferenzzentrums reicht nicht, um den Ansturm der Delegierten zu bewältigen. Tausende von Delegierten stehen stundenlang in der eisigen Kälte. Im Konferenzzentrum sieht es derweil ähnlich aus: Nichts geht voran.
Am Sonntag hatte Connie Hedegaard die dänische Ministerin für die Klimakonferenz 40 Länder zu informellen Gesprächen geladen. Dabei hat man sich auf die Traktandenliste für das Ministertreffen am Montag geeinigt. Das einzige Problem: Das Kyoto Protokoll und die Reduktionsziele der Industrieländer sind nicht traktandiert. Für den Vorsitzenden der Gruppe der Entwicklungsländer, Lumumba Di-Aping, ist der Fall klar: „Die Industriestaaten sind im Streik.“ Und so organisiert er seine Truppen. Kurz darauf verlassen die afrikanischen Staaten die Verhandlungen.

Dem Eklat liegt ein grundsätzlicher Gegensatz zugrunde: Das Kyoto Protokoll verpflichtet nur die Industriestaaten (ohne die USA) zu Emissionsreduktionen. Für alle anderen Länder gilt die UN Rahmenkonvention über den Klimawandel UNFCCC. Die EU und Japan, die beide dem Kyoto Protokoll angehören, möchten nun aber sicherstellen, dass auch die USA und die Schwellenländer den strengen Vorschriften des Protokolls unterliegen. Da ein Beitritt der USA zum Protokoll aber ausgeschlossen ist, arbeiten die EU und Japan auf ein Ende des Protokolls hin. Sie wollen stattdessen einen einheitlichen Vertrag für alle Länder, der die wesentlichen Elemente des Kyoto Protokolls fortführt.

Dies lehnen insbesondere die afrikanischen Staaten strikt ab. Für sie hat das Kyoto Protokoll vor allem auch grosse symbolische Bedeutung. Es ist in ihren Augen Ausdruck der „Klimaschuld“ des Westens. Wenn nun Connie Hedegaard Gespräche über das Protokoll noch nicht mal traktandiert, fasst das Di-Aping als Affront auf. Hinzu kommt, dass sie den gleichen Fehler bereits in der ersten Woche gemacht hat. Das dänische „Geheimpapier“, das tagelang die Diskussionen vergiftete, hatte auch keine Refernz zum Kyoto Protokoll gemacht. Für den Fortgang der Verhandlungen ist dies nicht ungefährlich: Nachdem Hedegaard zweimal in die Kyoto-Falle getappt ist, dürfte sie von den Entwicklungsländern kaum noch als ehrliche Maklerin akzeptiert werden.

Umgekehrt darf man den aktuellen Streik der afrikanischen Länder aber auch nicht überbewerten. Heute Morgen hat ein Vertreter der deutschen Delegation gemeint: „Der erste Tag der zweiten Woche eignet sich besonders gut für symbolische Aktionen“. Diese Gelegenheit wollten sich die Entwicklungsländer offensichtlich nicht entgehen lassen. Und auch der Leiter der Schweizer Delegation, Thomas Kolly, zeigt sich optimistisch, dass das aktuelle Chaos nicht das letzte Wort ist: „Es ist ein Naturgesetz, das am Schluss etwas rauskommt.“ Nun denn. mic

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