Die Erderwärmung hängt von der CO2 Konzentration in der Atmosphäre ab
Die Erde ist in ein neues geologisches Zeitalter eingetreten – das Anthropozän (von griechisch „anthropos“ der Mensch). Mit dem Beginn der industriellen Revolution im Jahr 1800 hat der Einfluss des Menschen auf die Natur eine Dimension erreicht, die mit natürlichen Vorgängen vergleichbar ist. Folgerichtig haben am G8 Gipfel im Juli die Regierungschefs der grössten Industrie- und wichtigsten Schwellenländer denn auch beschlossen, die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Leider haben sie aber versäumt zu erwähnen, welche Anstrengungen nötig sind, um dieses Ziel zu erreichen.
„Das Klima ist ein streitsüchtiges Biest, das beim kleinsten Anlass überreagiert.“ bemerkte der Klimaforscher Wallace Broeker schon im Jahr 1995. Ausschlaggebend für die Entwicklung des Klimas sind nicht die Emissionen eines einzelnen Jahres sondern die Menge an CO2 die sich in der Atmosphäre akkumuliert hat, die CO2 Konzentration (siehe Grafik). Derzeit liegt die Konzentration bei 390 parts per million oder kurz ppm. Das heisst auf eine Million „Luft“moleküle kommen 390 CO2 Moleküle. Vor Beginn der industriellen Revolution im Jahr 1800 lag die Konzentration bei 280 ppm. Seither hat sich die Erde um 0,8 Grad erwärmt und mit einer weiteren Erwärmung ist zu rechnen, denn die CO2 Konzentration steigt mittlerweile Jahr für Jahr um 2,5 ppm.
Welche CO2 Konzentration (in ppm) müssen wir aber anpeilen, um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen? Im Jahr 2007 hat der Intergovernmental Panel on Climate Change IPCC berechnet, dass ein Wert von 450 ppm einer Erwärmung um zwei Grad entspricht. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir die weltweiten CO2 Emissionen bis 2050 um 85 Prozent reduzieren, sagt der IPCC. Neuere Erkenntnisse deuten aber darauf hin, dass der IPCC das Problem unterschätzt hat und 450 ppm einer Erwärmung um vier Grad entsprechen. Dies ist nicht erstaunlich, da wir wahrscheinlich bereits einen der gefährlichen Kipp-Punkte überschritten haben: Klimaforscher erwarten mittlerweile, dass der Nordpol schon übernächstes Jahr im Sommer eisfrei sein könnte. Das ist 80 Jahre früher als der IPCC erwartet hat (siehe Grafik). Und damit beschleunigt sich der Klimawandel noch mehr: Eis reflektiert einen Grossteil des Sonnenlichts. Schmilzt das Eis, absorbiert das dunklere Meer, mehr Sonnenenergie und erwärmt sich noch schneller. Der Klimawandel verstärkt sich so selbst.
Dabei hat sich das Klima noch gar nicht voll an die aktuelle CO2 Konzentration von 390 ppm angepasst. Schmutzpartikel in der Atmosphäre kühlen derzeit unseren Planeten. „Würden wir überall auf der Welt Schwefelfilter einbauen, dann wären wir schon bei 2,5 Grad Erwärmung“, sagt der Chef des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber. Aber auch der Meeresspiegel ist noch nicht so stark gestiegen, wie es einer CO2 Konzentration von 390 ppm entspricht: Im mittleren Pliozän vor gut drei Millionen Jahren war die CO2 Konzentration bereits ähnlich hoch. Damals lag der Meeresspiegel um 20 bis 30 Meter über dem heutigen Niveau, sagt eine aktuelle Studie aus der Fachzeitschrift Nature Geoscience. Und ein derartiger Anstieg des Meeresspiegels kann relativ schnell erfolgen: Am Ende der letzten Eiszeit ist der Meeresspiegel alle 20 Jahre um einen Meter gestiegen. Das sind fünf Zentimeter pro Jahr und nicht drei Millimeter wie im Moment.
Wenn eine CO2 Konzentration von 450 ppm zu hoch ist, ja das aktuelle Niveau von 390 ppm bereits das Ende für die Küstenstädte der Welt bedeuten könnte, welche Konzentration sollen wir dann avisieren? Diese Frage versucht James Hansen, der Direktor des Goddard Instituts der US-Weltraumbehörde NASA zu beantworten: „Wenn die Menschheit einen Planeten erhalten will, wie den, auf dem sich die Zivilisation entwickelt hat, muss die CO2 Konzentration auf 350 ppm oder weniger reduziert werden.“ Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, müssen wir also die CO2 Emissionen auf Null reduzieren, ja der Atmosphäre CO2 entziehen. Dies bestätigt auch der Klimaökonom Ottmar Edenhofer vom Potsdam-Institut: „Das Ziel müssen negative Emissionen sein.“, um von den aktuell 390 ppm wieder herunterzukommen.
Davon sind wir aber noch weit entfernt: Beim G8 Gipfel wollten die Industrieländer die Schwellenländer darauf verpflichten, die weltweiten Emissionen bis 2050 um 50 Prozent zu reduzieren. Mit dieser Massnahme kämen wir auf einen CO2 Gehalt der Atmosphäre von 500 ppm und rund fünf Grad Erwärmung. Aber selbst darauf konnte man sich nicht einigen. Noch haben die Politiker nicht den Mut ihren Wählern reinen Wein einzuschenken: Wir müssen die CO2 Emissionen auf Null reduzieren. Und das ist nur der erste Schritt, wenn das Anthropozän nicht zu einem Zeitalter der Katastrophen werden soll. mic
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