Alle grossen Basler Unternehmen sind in Indien vertreten
Basler Firmen haben eine lange Tradition in Indien. Hauptnutzniesser ist die Schweiz: Die Investitionen auf dem Subkontinent beflügeln die Schweizer Exporte.
Die ersten Exporte aus Basel nach Indien waren nicht Medikamente oder Textilfarben, sondern Bibeln. 1834 errichtete die Basler Mission einen Stützpunkt in Südindien. Heute ist das Basler Interesse aber eher ökonomischer denn spiritueller Natur. Alle grossen Basler Firmen sind mit eigenen Tochtergesellschaften auf dem Subkontinent vertreten.
Die längste Erfahrung haben die Nachfolgegesellschaften von Sandoz und Ciba-Geigy. Die beiden Basler Chemie- und Pharmakonzerne errichteten 1947 eigene Tochtergesellschaften im damaligen Bombay, dem heutigen Mumbai. Und sie sind immer noch da, wenn auch unter neuen Namen. Insgesamt sind über 150 Schweizer Firmen in Indien präsent und beschäftigen dort 41 000 (plus 58 Prozent gegenüber dem Vorjahr) Mitarbeiter. Der Wert der Schweizer Direktinvestitionen auf dem Subkontinent beläuft sich auf 1,8 Milliarden Franken. Ein guter Teil entfällt auf Unternehmen vom Rheinknie.
Für die Basler Wirtschaft ist Indien längst nicht mehr nur ein Exportmarkt. Die indischen Töchter der Basler Konzerne decken die gesamte Wertschöpfungskette ab – von der Forschung über Produktentwicklung und Produktion bis zum Verkauf. So betreibt Novartis dort ein Entwicklungszentrum, um, im Verbund mit anderen Zentren, rund um die Uhr an wichtigen Projekten arbeiten und die Produktentwicklung beschleunigen zu können. Novartis ist das Basler Unternehmen mit den meisten Mitarbeitern zwischen dem arabischen Meer und dem Golf von Bengalen.
Auffällig ist, dass bislang nur wenige KMU den Weg nach Indien gefunden haben, dabei müsste die boomende indische Pharma- und Chemieindustrie durchaus Bedarf für die Produkte der vielen Basler Chemiezulieferer haben, von explosionsgeschützten Lichtschaltern bis zur Ausstattung kompletter Laborgebäude.
Woran das liegt, weiss aber auch Franz Probst, Präsident der schweizerisch-indischen Handelskammer, nicht zu sagen. Die Eintrittsbarrieren seien allerdings nicht zu unterschätzen, gibt er zu Bedenken. Schliesslich gibt es in Indien bereits lokale Anbieter für diese Produkte. Auch ist der indische Markt nicht ganz einfach, wie die Erfahrungen von Novartis und Roche zeigen. Indien hat eine potente Generikaindustrie, die es auch auf Basler Blockbuster abgesehen hat. Zurzeit klären Gerichte, ob für die Krebsmedikamente Glivec (Novartis) und Tarceva (Roche) billige Nachahmerpräparate «Made in India» zulässig sind. Längst zieht es aber auch immer mehr Einzelunternehmer gen Osten. So betreibt die 27-jährige Allschwilerin Melanie Martinelli in Bangalore eine Beratungsfirma für interkulturelles Management. Weiter nördlich, kurz vor der Grenze zu Pakistan, hat sich Bernardo Tribolet niedergelassen. Der 33-jährige Architekt baut dort zusammen mit einem indischen Architekturbüro ein Einkaufszentrum. Auch er war eher zufällig nach Indien gekommen und hat sich dann von der Dynamik des Landes mitreissen lassen. Die Stadt, in der er sein Büro betreibt, wurde übrigens von einem anderen Schweizer émigré entworfen: Le Corbusier.
Grosse wie kleine Firmen, die Interesse am indischen Markt haben oder eine Niederlassung in Indien gründen möchten, finden Unterstützung bei der schweizerisch-indischen Handelskammer oder beim offiziellen Schweizer Aussenwirtschaftsförderer Osec. Wohl auch dank diesen Einrichtungen ist die Schweiz der sechstwichtigste Handelspartner Indiens.
Der Handel ist aber unausgeglichen: Die Schweiz exportiert Waren für knapp zwei Milliarden Franken nach Indien und importiert indische Güter für 750 Millionen Franken. Die Schweizer Investitionen in Indien beflügeln die heutigen Exporte. Von einer zusätzlichen Nachfrage nach Bibeln ist hingegen nichts bekannt. mic
Aus der Basler Zeitung vom 25.03.2008