Das Zwei-Grad-Ziel erfordert negative CO2 Emissionen

Mit ‚Indianischer Schwarzerde‘ und Bioenergie-CCS kann der Atmosphäre dauerhaft CO2 entzogen werden

Vor Beginn der industriellen Revolution lag die CO2 Konzentration in der Atmosphäre bei 280 ppm (parts per million). Heute kommen schon 400 CO2-Moleküle auf eine Million ‚Luftteilchen‘ und es werden immer mehr. Daher müssen der Atmosphäre CO2-Moleküle mittels ‚negativer Emissionen‘ entzogen werden.

167 Länder haben mittlerweile beim UN-Klimasekretariat eine Selbstverpflichtung zum Klimaschutz hinterlegt. Dies gilt als erster Erfolg der UN-Klimakonferenz in Paris bevor diese angefangen hat. Doch die Klimapläne der Länder reichen nicht aus um die Klimaerwärmung auf zwei Grad zu begrenzen. Wenn die Länder nicht nachlegen, wird sich das Klima bis zum Jahr 2100 um 2,7 Grad erwärmen. Damit drohen Kipppunkte erreicht zu werden wie das Auftauen des Permafrosts, wodurch sich der Klimawandel selbst verstärken würde. Um das Zwei-Grad-Ziel zu erreichen müssen die CO2 Emissionen bis zum Jahr 2050 auf Null sinken und dann drunter. Der Atmosphäre muss also CO2 entzogen werden durch ‚negative Emissionen‘. Eine aktuelle Studie aus dem Wissenschaftsmagazin Nature schätzt, dass der Atmosphäre jährlich zwischen knapp zwei und elf Milliarden Tonnen CO2 entzogen werden müssen, um das Zwei-Grad-Ziel nicht zu reissen. [1]

Kohle. Der Fehler ist sie zu verbrennen. Untergeackert ist sie jedoch ein hervorragender Speicher für CO2. (Foto: Ischaramoochie / Wikipedia)
Kohle. Der Fehler ist sie zu verbrennen. Untergeackert ist sie jedoch ein hervorragender Speicher für CO2. (Foto: Ischaramoochie / Wikipedia)

Die Idee negativer Emissionen wirkt auf den ersten Blick verwegen, doch es gibt bereits Technologien mit grossem Potential. Die naheliegendste ‚Technologie‘ ist das Aufforsten. Dies wird bereits in vielen Ländern getan etwa in China oder der Türkei und auch Indien plant grossflächiges (Wieder-) Aufforsten. Bäume speichern CO2 aber nicht permanent. Wenn sie verrotten, wird ein Grossteil des CO2 wieder frei gesetzt. Es gibt jedoch zwei Möglichkeiten, dies zu verhindern: Zum einen lässt sich aus Holz Holzkohle (auch Biokohle oder Pflanzenkohle) herstellen. Wenn man diese Kohle nun nicht verbrennt, sondern dem Boden beimischt, ist das CO2 für Tausende von Jahren im Boden gebunden. Diese ‚Kohledüngung‘ hat zudem weitere Vorteile: der Boden kann Wasser und Nährstoffe besser zurückhalten und filtern. Je nach Bodentyp verbessern sich auch die Erträge. Die Kohledüngung hat eine lange Geschichte. Zwischen 500 vor bis 1000 nach Christus haben Indianer im Amazonasgebiet den Boden systematisch mit Kohle angereichert. Diese Erde heisst denn auch ‚terra preta do Indio‘ oder ‚indianische Schwarzerde‘. Das Potential die CO2 Belastung der Atmosphäre durch Kohledüngung zu reduzieren, liegt bei knapp zwei Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr bei Kosten zwischen 0 und 135 Euro pro Tonne CO2. [2, S. 4]

Bei der Herstellung von Kohle fällt zudem Bioöl und Biogas an. Bei der Kohlehestellung wird damit deutlich mehr Energie gewonnen als eingesetzt wird. Das Bioöl und –gas kann in Kraftwerken verbrannt werden, um Strom und Wärme zu erzeugen. Damit auch hier kein CO2 frei gesetzt wird, kommt die zweite Technik zum Einsatz das Abscheiden und Verpressen des CO2s. Abgeleitet von der englischen Bezeichnung ‚Carbon Capture and Storage‘ wird diese Technik auch CCS genannt. Nutzt man CCS in Verbindung mit ‚Bio-Energie‘ spricht man von BECCS. Die CCS Technologie ist in vielen Ländern Europas umstritten. Zum einen bestehen Bedenken, dass das CO2 irgendwann doch wieder frei gesetzt wird. Zum anderen propagiert die Kohleindustrie CCS in der Hoffnung, an der Kohleverstromung festhalten zu können. Bislang wird CCS aber nur in Pilotanlagen eingesetzt. Der Weltklimrat IPCC und die Internationale Energieagentur IEA drängen aber auf eine weitere Entwicklung der BECCS Technologie. Grund dafür ist deren Potential: Eine Studie der US-Universtät Stanford schätzt, dass mit BECCS der Atmosphäre Jahr-für-Jahr zehn Milliarden Tonnen CO2 entzogen werden könnten. Die Kosten liegen dabei zwischen 50 und 100 Euro pro Tonne CO2. [3]

Sowohl die Kohledüngung als auch BECCS erfodert Biomasse und damit letztlich den Anbau von Energiepflanzen oder Baumplantagen. Wegen des damit verbundenen Land- und Wasserbedarfs stehen die beiden Technologien in Konkurrenz zur Nahrungsmittelproduktion, was ihr Potential begrenzt. Die Möglichkeit negativer Emissionen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts ist folglich kein Ersatz für eine schnelle Reduktion der heutigen CO2 Emissionen. mic

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[1] Nature, 03.08.2015: Negative emissions physically needed to keep global warming below 2 °C

[2] EU Parlament, Juni 2015: Negative greenhouse gas emissions – Assessments of feasibility, potential effectiveness, costs and risks (PDF)

[3] IEA, Juni 2011: Potential for Biomass and Carbon Dioxide Capture and Storage (PDF)