Nord Stream 2 macht neue Gaspipeline in Ostdeutschland erforderlich
Die geplante Ostseepipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland ist hoch umstritten. Doch mit Nord Stream 2 ist es nicht getan. Um das Gas weiterzutransportieren ist in Deutschland eine weitere Pipeline erforderlich: Eugal.
Russland will unbedingt eine Pipeline zur Umgehung der Ukraine bauen. Der erste Versuch war South Stream nach Bulgarien. Dann kam Turkish Stream und jetzt setzt Moskau mit Hilfe einiger westlicher Energiekonzerne auf Nord Stream 2. Diese Pipeline soll mit zwei 1200 Kilometer langen Röhren Russland mit Greifswald verbinden. Gemäss Plan ist sie in drei Jahren fertig und hat eine Kapazität von 55 Milliarden Kubikmetern Gas pro Jahr. Dies entspricht etwa 13 Prozent des EU-Gasverbrauchs. Zusammen mit der bestehenden Nord Stream Pipeline kann die EU ein Viertel ihres Gasbedarfs über Greifswald beziehen.
Von Greifswald aus wird das Gas über ein Pipeline Netzwerk weitergeleitet (siehe Karte), das je zur Hälfte Gazprom und dem deutschen Chemie- und Gasmulti BASF/Wintershall gehört. Teil des Netzes ist zudem der grösste westeuropäische Erdgasspeicher in Rehden (Niedersachsen), der Gazprom allein gehört. Die Opal Pipeline kann derzeit aber nur zur Hälfte genutzt werden. Gemäss dem ‚Dritten Energiepaket‘ der EU muss die Hälfte der Opal-Kapazität anderen Firmen zur Verfügung stehen. Ausser Gazprom hat aber kein anderes Unternehmen das Bedürfnis bis zu 18 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr von Greifswald an die tschechische Grenze zu transportieren. Gazprom hat daher bei der EU-Kommission eine Ausnahme für Opal beantragt. Nach Beginn des Ukrainekonflikts im Jahr 2014 wurde dieser Antrag aber auf Eis gelegt. Nun versucht es Gazprom erneut. Diese Woche hat die EU-Kommission die Entscheidung jedoch abermals um zwei Monate vertagt und zusätzliche Informationen von der Bundesnetzagentur angefordert. [1]
Sollte Nord Stream 2 gebaut werden, reicht aber auch die volle Kapazität von Opal nicht aus, um das in Greifswald angelandete Gas zu den Endverbauchern zu pumpen. Gazprom und BASF/Wintershall planen daher eine neue Pipeline: Eugal. Diese knapp 500 Kilometer lange Doppelröhre soll parallel zu Opal verlaufen und ebenfalls an der tschechischen Grenze enden. Auf halber Strecke besteht zudem die Möglichkeit Gas in Richtung Polen abzuzweigen. Die erste Eugal-Röhre soll 2019 und die zweite 2020 in Betrieb gehen. Die Baukosten für Eugal sind bislang unbekannt. Unklar ist auch noch, ob für Eugal ebenfalls eine Ausnahme vom ‚Dritten Energiepaket‘ beantragt werden wird. Denn was für Opal gilt, gilt auch für Eugal: Ausser dem Nord Stream (1 und 2) Merheitseigner Gazprom braucht dort niemand eine zusätzliche Pipeline.
Eugal sieht sich denn auch der gleichen Kritik ausgesetzt wie Nord Stream 2: Beide Pipelines seien eigentlich unnötig und dienten einzig dazu die Ukraine zu umgehen. Sollte dies gelingen, verlöre die Ukraine Durchleitungsgebühren von rund zwei Milliarden Dollar pro Jahr. Aus Sicht von EU-Energiekommissar Maros Sefcovic ist dies unakzeptabel: „Die Ukraine durchlebt eine schwierige Situation und die EU versucht zu helfen. Gastransit ist von vitalem Interesse für die Ukraine.“ [2] Für Manfred Weber dem Fraktionsvorsitzenden der Europäischen Volkspartei im Europaparlament konterkariert Nord Stream 2 noch weitere EU-Interessen: Die Pipeline „würde die Abhängigkeit der EU von Russland bei der Gasversorgung signifikant erhöhen. Das Projekt widerspricht den Zielen der EU-Aussen- und Sicherheitspolitik.“ [3] Die US-Regierung bezweifelt derweil, dass Nord Stream 2 nur aus wirtschaftlichen Motiven gebaut werden soll: „Niemand gibt Geld für den Bau von Pipelines aus, wenn man schon eine Pipeline hat, die bestens funktioniert“, sagte Amos Hochstein gegenüber dem Nachrichtenportal Politico. [4]
Gazprom und die ukrainische Gasfirma Naftogaz streiten sich derweil, welche Route die günstigste ist. Naftogaz hat die Transitgebühren für die Jahre 2016 bis 2019 deutlich angehoben, um seine Pipelines schneller amortisieren zu können. Anschliessend sollen die Gebühren umso stärker sinken. Ab 2020 sei der Transport durch die Ukraine so drei bis vier Mal billiger als durch Nord Stream 2, sagt Naftogaz. [5] Alexei Miller, der Chef von Naftogaz, rechnet aber anders: Das Gasfeld „Yamal wird zu unserer wichtigsten Förderbasis. Daher verschiebt sich Alles nach Norden.“ Nord Stream 2 sei „die kürzeste und direkteste Exportroute von Yamal zu unseren Schlüsselmärkten.“ Die Route über die Ukraine sei 2000 Kilometer länger und zudem teurer pro Kilometer. [6] Egal wer richtig rechnet, eins ist klar, sagen Agata Łoskot-Strachota und Konrad Popławski vom Zentrum für osteuropäische Studien in Warschau: „Der Bau von Eugal und Nord Stream 2 würde die Position Deutschlands als zentralem Umschlagsplatz auf dem europäischen Gasmarkt stärken.“ [7] Der Plan von Altbundeskanzler Gerhard Schröder, dem Vorsitzenden von Nord Stream, scheint damit aufzugehen: Deutschland wird zu Europas Gasmacht. mic
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[3] Manfred Weber, 26.04.2016: Brief an Sigmar Gabriel und Miguel Arias Canete
[4] Politico, 17.05.2016: Germany blocks out allies’ wails over Russian pipeline love
[5] Natural Gas Europe, 17.06.2016: Ukraine touts Direct Stream
[6] Natural Gas Europe, 16.06.2016: Gazprom prepares tow wind down central route
[7] OSW, 15.06.2016: The EUGAL project: the German branch of Nord Stream 2