COP28 biegt auf die Zielgerade ein

Jetzt wird auf Ministerebene über den Ausstieg aus den Fossilen verhandelt

Sultan Al Jaber, der Präsident der Klimakonferenz in Dubai, muss nun zeigen, dass er das Wohl der Welt über das Interesse seines Landes als Ölexporteur stellt. Viele sind skeptisch, dass er das tun wird, aber eine Überraschung ist nicht ausgeschlossen.

„In den nächsten Tagen haben wir die Möglichkeit, einen Paradigmenwechsel zu vollziehen, der die Wirtschaft der Zukunft definiert“, sagte am Freitag Sultan Al Jaber, der Präsident der 28. UN-Klimakonferenz (COP28). Damit hat er Recht, denn auf der Agenda steht auch ein Komplettausstieg aus fossilen Energien. An der COP28 muss über die Folgen aus der „globalen Bestandsaufnahme“ (GST) entschieden werden. Diese fällt ernüchternd aus: Die Staaten tun nicht genug, um die Ziele des Paris Abkommens zu erreichen. Das Klima wird sich um 2,5 bis 2,9 Grad erwärmen und nicht um 1,5 Grad. Die Länder müssen also mehr machen: Viel Unterstützung erhält hier eine Verdreifachung der Erneuerbarenkapazität und eine Verdoppelung der Verbesserungsrate bei der Energieeffizienz bis 2030. Viele Länder wollen außerdem einen Ausstieg aus den Fossilen. Doch das lehnen einige kleinere und mehrere große Staaten ab: China, Indien, Russland, Saudi-Arabien und de facto auch die USA.

Nun werde es darum gehen, möglichst viele Länder aus dieser Allianz herauszubrechen, sagt Jan Kowalzig von der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Dabei muss man schrittweise vorgehen und die letzten verbleibenden Länder möglichst isolieren.“ Auf EU-Ebene fällt diese Aufgabe primär Außenministerin Annalena Baerbock zu. Sie wird auf Ministerebene das Thema Emissionsminderung im Namen der EU verhandeln. Dabei muss sie auch verhindern, dass es ein Schlupfloch für fossile Energien in Form der Abscheidung und Einlagerung von CO2 (CCS) geschaffen wird: „Es geht um den Ausstieg aus den fossilen Energien und eben nicht um den Ausstieg aus den fossilen Emissionen. Das ist, auch wenn es nur nach einem Wort klingt, ein riesengroßer Unterschied“, denn ein Ausstieg aus den „Emissionen“ würde die CCS-Option offen lassen. „Es ist jetzt schon klar, dass es um diesen Punkt am Ende das heftigste Gerangel geben wird, weil es auch auf dieser COP nach wie vor mächtige Stimmen aus der alten fossilen Welt gibt.“

Wenig Widerspruch. Proteste sind auf dem COP-Gelände nur schwer und ausserhalb ganz unmöglich, beklagen die Umweltorganisationen. (Foto: Mike Muzurakis / IISD)
Wenig Widerspruch. Proteste sind auf dem COP-Gelände nur schwer und ausserhalb ganz unmöglich, beklagen die Umweltorganisationen. (Foto: Mike Muzurakis / IISD)

Um genug Druck aufzubauen, hoffen die Umweltorganisationen auf eine Wiederbelebung der „High Ambition Coalition“ (HAC). Diese hat im Jahr 2015 in Paris dafür gesorgt, dass das 1,5-Grad-Ziel im Paris Abkommen steht. Diese Koalition umfasst die progressiven Industriestaaten wie die EU, die kleinen Inselstaaten und die ärmsten Länder der Welt. Damit durchbricht die HAC die klassische Frontstellung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Zudem stellt sie unter den knapp 200 Ländern an der COP die Mehrheit. Christoph Bals von der Umweltorganisation Germanwatch mahnt allerdings an, dass die EU den ärmeren HAC-Mitgliedern etwas bieten muss: „Man kann nicht einfach zu diesen Ländern gehen und sagen: ‚Macht doch mit.‘ Denn, der rasante Ausbau der Erneuerbaren beschränkt sich auf die G20-Staaten und das private Kapital macht einen großen Bogen um die ärmeren Länder.“ So entfallen nur zwei Prozent der Investitionen in klimafreundliche Technologien auf Afrika. Daraus folgt für Bals: „Man muss diesen Ländern ein ‚Implementierungspaket‘ anbieten und dann sagen: ‚So könnt ihr das auch umsetzen.‘ Nur in diesem Kontext können diese Länder die HAC unterstützen.“

Bei den Verhandlungen kommt erschwerend hinzu, dass die Verhandler in der ersten Woche der Konferenz bei vielen Themen ihr Ziel verfehlt haben. So liegt für wichtige Teile der GST-Entscheidung kein weitgehend „sauberer“ Text vor, sondern nur „Bauteile“. Das Gleiche gilt für die Anpassung an den Klimawandel, ein Thema, das bislang an jeder COP vernachlässigt wurde. Nun rächt sich, dass bei einer Vorbereitungskonferenz im Juni in Bonn ein Streit über die Agenda dominiert hat. Dadurch ist wertvolle Zeit verloren gegangen. Nun liegt es an Al Jaber und seinem Team, aus den „Bauteilen“ in den verschiedenen Verhandlungssträngen ein Paket zu schnüren, dem alle Länder zustimmen können. Behindert wird Al Jaber dabei durch das weit verbreitete Misstrauen ihm gegenüber. Al Jaber ist auch Chef des staatlichen Ölkonzerns der Vereinigten Arabischen Emirate, Adnoc. Viele befürchten, dass er daher nicht der „ehrliche Makler“ ist, den es in der jetzigen Lage braucht.

Al Jaber und die Emirate haben allerdings ein großes Interesse daran, dass COP28 zu einem Erfolg wird. Für Kowalzig heißt das: Al Jaber muss COP28 „nicht nur als Großveranstaltung, sondern auch als Fortschritt im weltweiten Kampf gegen die Klimakrise erfolgreich abschließen“. Aber selbst das scheint Al Jaber nicht genug zu sein. Er will das Konzept Klimakonferenz neu erfinden. Er hofft, dass COP28 als Konferenz in die Annalen eingehen wird, „die die Art und Weise transformiert hat, wie COPs ablaufen“. Das Klima drückt ihm dabei die Daumen.

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