Wie Sultan Al Jaber die Emissionen senken will

80 Prozent der Emissionslücke bis 2030 kann mit drei Maßnahmen geschlossen werden

Wegen des permanenten Streits um Geld droht die Hauptaufgabe der UN-Klimakonferenz ins Hintertreffen zu geraten. Doch der designierte Konferenzpräsident Sultan Al Jaber hat einen Plan, um dies zu verhindern.

Klimaschutztechnologien boomen. Die Investitionen in Erneuerbare, Batterien, Elektroautos und Wärmepumpen sind seit 2020 um 40 Prozent gestiegen. “Der Übergang zu sauberer Energie findet weltweit statt und ist unaufhaltsam. Es ist keine Frage des ‘ob’, sondern nur des ‘wie bald’ – und je früher, desto besser für uns alle”, sagte Fatih Birol der Chef der internationalen Energieagentur (IEA) im Oktober. [1] Trotzdem ist die globale Energiewende noch zu langsam, wenn die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad begrenzt werden soll. Doch die IEA hat drei Maßnahmen identifiziert, mit denen die Welt bis 2030 auf einem 1,5-Grad-Pfad kommt: Die Verdreifachung der Erneuerbaren, die Verdoppelung der Verbesserungsrate bei der Energieeffizienz und die Reduktion der Methanemissionen aus der Produktion von Öl und Gas um 75 Prozent – jeweils bis 2030. Mit diesen drei Maßnahmen ließen sich über 80 Prozent der zusätzlichen Emissionsreduktionen erreichen. [2 s. S. 22]

Mann mit Plan. Sultan Al Jaber sprach im Januar an der Konferenz des Arctic Circles. (Foto: Unbekannt / Arctic Circle / flickr)
Mann mit Plan. Sultan Al Jaber sprach im Januar an der Konferenz des Arctic Circles. (Foto: Unbekannt / Arctic Circle / flickr)

Sultan Al Jaber, der designierte Präsident der UN-Klimakonferenz im Dezember in Dubai (COP28) hat sich diese drei Ziele zu eigen gemacht. Zuvor hatten dies bereits die G20-Länder getan, sodass die Chancen gut sind, dass diese Ziele tatsächlich in Dubai beschlossen werden. Doch lassen sich diese Maßnahmen tatsächlich in nur sieben Jahren umsetzen? Das untersucht ein Bericht der Energieagentur für die Erneuerbaren (IRENA). [3] Eine Verdreifachung der Erneuerbarenkapazität von 3400 Gigawatt letztes Jahr auf 11.100 Gigawatt im Jahr 2030 setzt eine enorme Beschleunigung beim Ausbau der Erneuerbaren voraus. Konkret müsste dieser von 292 Gigawatt auf 1000 Gigawatt pro Jahr gesteigert werden. Dafür müssen 1300 Milliarden Dollar pro Jahr investiert werden statt knapp 500 Milliarden wie letztes Jahr. [3]

Aus Sicht der Herstellung von Solarpaneelen ist das kein Problem. Die Branche leidet bereits heute an Überkapazitäten und diese werden bis 2030 sogar noch zunehmen, wie ein IEA-Bericht zeigt. [2 s. S. 24] Daher ist weiter mit schnell fallenden Kosten zu rechnen. Falls die Erneuerbarenkapazität bis 2030 verdreifacht wird, erwartet eine Studie der britischen Universität Oxford, dass die Kosten für Solarpaneele um weitere 40 bis 50 Prozent sinken. [4] Der rasante Kostenverfall geht also weiter, denn die Kosten für Solarstrom sind seit 2010 bereits um 90 Prozent und die für Windstrom um 70 gefallen und liegen heute deutlich unter den Kosten für Strom aus Kohle oder Gas. Doch davon profitieren nicht alle Länder gleichermaßen. 95 Prozent aller Elektroautos und aller Wärmepumpen werden in den Industriestaaten und in China verkauft, und bei Solar- und Windanlagen sind es 85 Prozent, wie ein IEA-Bericht zeigt. [2 s. S. 46] Der Grund sind hier oft die Finanzierungskosten. Außerhalb der Industriestaaten und Chinas sind diese oft sehr viel höher. Doch die Länder haben dieses Problem erkannt. Bei der Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) im Oktober in Marrakesch wurden Reformen des internationalen Finanzsystems eingeleitet. [5]

Der schnelle Ausbau der Erneuerbaren und die Elektrifizierung von immer mehr Bereichen wie Transport und Heizen hilft bei der Erreichung des zweiten Ziels: der Verdoppelung der Verbesserungsrate bei der Energieeffizienz. Aktuell wird die Welt jedes Jahr um 1,7 Prozent energieeffizienter. Diese Rate soll auf rund vier Prozent gesteigert werden. Dabei hilft die Elektrifizierung. Durch die Umstellung der Stromerzeugung von fossilen Brennstoffen auf Erneuerbare sinkt der Verbrauch an Primärenergie um 60 Prozent und durch die Umstellung von Öl auf Strom im Verkehr und die Umstellung von thermischen Kesseln auf Wärmepumpen spart man je rund 75 Prozent der Primärenergie. Durch die Elektrifizierung werden die Länder also deutlich energieeffizienter. Sam Butler-Sloss und Kingsmill Bond vom Rocky Mountain Institute schreiben daher in einem aktuellen Artikel: „Das Ziel, die Steigerungsrate der Energieeffizienz bis 2030 zu verdoppeln, ist daher weitaus erreichbarer als gemeinhin angenommen.“ [6]

Das dritte Ziel ist schließlich das einfachste: eine Senkung der Methanemissionen der Öl- und Gaskonzerne um 75 Prozent. Hier sind weltweit nur wenige Dutzend Firmen betroffen, die meist das Know-How haben, um das Ablassen, Abfackeln und Lecks zu vermeiden. Oft können sie damit sogar Geld verdienen, da sie das Gas ja anschließend verkaufen können. Zudem lassen sich Methanemissionen mittlerweile relativ einfach entdecken. Julien Perez von der Brancheninitiative Oil and Gas Climate Initiative meint daher: „Wenn man diese Technologien einsetzt, können die Methanemissionen sehr schnell reduziert werden.“ [7] Da 60 Prozent der energiebedingten Methanemissionen aus der Produktion von Öl und Gas stammen, lässt sich hier also schnell eine nennenswerte Reduktion erreichen. [8]

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[1] IEA, 24.10.2023: The energy world is set to change significantly by 2030, based on today’s policy settings alone

[2] IEA, 24.10.2023: World Energy Outlook 2023 (PDF)

[3] IRENA, Oktober 2023: Tripling Renewable Power and Doubling Energy Efficiency by 2030 – Crucial Steps towards 1.5 (PDF)

[4] Rupert Way, Cameron Hepburn, 17.05.2023: Impact on solar energy costs of tripling renewables capacity by 2030 (PDF)

[5] klimareporter.de, 15.10.2023: Weltbank wird auch zur Klimabank

[6] klimareporter.de. 30.10.2023: Die acht Todsünden bei der Analyse der Energiewende

[7] Reuters, 04.10.2022: Oil and gas methane emissions could be solved this decade, experts say

[8] IEA, undatiert: Global Methane Tracker 2022