Industrielle Hitze lässt sich als Energiespeicher nutzen

Bei der Speicherung von Wärme geht viel weniger Energie verloren als bei der von Strom

Bei einem hohen Anteil von Grünstrom im Netz, decken sich Stromangebot und –nachfrage oft nicht. Daher braucht es Speicher. Diese sollten allerdings Wärme speichern und damit den Stromverbrauch an das Angebot anpassen.

Nachts scheint die Sonne nicht und manchmal weht auch kein Wind. Aus diesem banalen Grund schwankt die Menge an Energie, die mit Sonne und Wind erzeugt werden kann. Gleichzeitig erwarten die Menschen, dass genug Strom da ist, wenn sie das Licht anmachen. Hinzu kommt, dass industrielle Prozesse oft auf eine kontinuierliche Zufuhr an Energie angewiesen sind. Folglich braucht man Energiespeicher, um das Energieangebot und die Energienachfrage in Gleichklang zu bringen. Am bekanntesten sind hier Pumpspeicherkraftwerke, die Energie speichern, indem sie Wasser einen Berg hinaufpumpen. Ein rasantes Wachstum erleben zudem Batteriespeicher. In Deutschland wuchsen der Markt für private Batterien letztes Jahr um 52 Prozent und der Markt für industrielle Anwendungen um 24 Prozent. [1] Doch nicht alle Gegenden eignen sich für Pumpspeicher und noch sind Batterien nicht groß genug, um Energie für Tage oder gar Wochen zu speichern. Zudem geht bei beiden Speichermethoden zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Energie verloren.

Gesucht wird also ein Energiespeicher mit einer höheren Effizienz und der Möglichkeit, sehr große Mengen an Energie zu speichern. Oder anders: Gesucht werden Energieverbraucher, die Energie relativ günstig zwischenlagern können. Damit rückt ein Sektor in den Blick, der sehr große Mengen an Energie verbraucht: Die Industrie benötigt 29 Prozent der Endenergie in Deutschland – zu einem Gutteil als Wärme mit Temperaturen bis zu 1500 Grad. [2] Das praktische an Wärme ist, dass sie sich im Gegensatz zu Elektrizität sehr effizient speichern lässt. In den letzten beiden Jahren haben sich erste Start-Ups dies zu Nutze gemacht und Wärmespeicher für Industriekunden auf den Markt gebracht. Diese haben einen Energieverlust von unter fünf Prozent, wenn man die gespeicherte Wärme anschließend wieder als Wärme nutzt. Diesen Wert erreicht etwa ein System von Polar Night Energy aus Finnland. [3] Die Firma nutzt Sand als Speichermedium. Darin lässt sich Wärme bis zu 1000 Grad speichern. Noch höhere Temperaturen erreichen Kraftblock aus Deutschland und Rondo aus den USA. [4] [5] Deren Systeme eignen sich als Speicher für bis zu 1300 Grad respektive bis zu 1500 Grad.

Modular. Ein Kraftblock speichert 1,2 Megawattstuden (MWh) pro Kubikmeter. Das ist rund doppelt so viel wie bei einer Lithium-Ionen Batterie. (Foto: Kraftblock)
Modular. Ein Kraftblock speichert 1,2 Megawattstuden (MWh) pro Kubikmeter. Das ist rund doppelt so viel wie bei einer Lithium-Ionen Batterie. (Foto: Kraftblock)

Damit lassen sich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Zum einen ermöglichen sie die Elektrifizierung der Industriewärme. Damit fallen Emissionen weg, da bislang Hitze meist durch die Verbrennung von Kohle oder Gas erzeugt wurde. Gleichzeitig erhöht sich der Strombedarf enorm. Doch dieser Bedarf kann durch die Zwischenspeicherung der Wärme auf das Stromangebot angepasst werden: Wenn Strom billig ist, werden die „Wärmebatterien“ geladen und bei Strommangel eben nicht. Eine Studie der Agentur für erneuerbaren Energien, Irena, kommt daher zum Schluss: „Die thermische Energiespeicherung hat das Potenzial, ein wichtiger Wegbereiter für einen höheren Anteil erneuerbarer Energien im Energiesysteme zu sein.“ [6] Irena erwartet denn auch ein rasantes Wachstum solcher „Wärmebatterien“. Im Jahr 2019 gab es weltweit solche Speicher mit einer Kapazität von 234 Gigawattstunden (GWh) und bis zum Ende des Jahrzehnts werde sich dieser Wert verdreifachen, so Irena. Zudem lassen sich solche Systeme nicht nur in der Industrie, sondern auch für Fernwärmenetze nutzen. Möglich ist schließlich auch die Speicherung von Kälte.

Nützlich für den Markthochlauf sind zudem die Kosten. Eine Studie eines Industrieverbands für langfristige Energiespeicher (LDES) und der Beratungsfirma McKinsey aus dem letzten Jahr liefert hier Zahlen: Wird Hitze mit Erdgas erzeugt, ergeben sich Kosten von 40 bis 65 Dollar je Megawattstunde (MWh). Wenn man hingegen die Hitze mit Elektrizität erzeugt und eine „Wärmebatterie“ nutzt, kostet die Megawattstunde 30 bis 60 Dollar. [7] Herkömmliche Batterien oder Wasserstoff können hier nicht mithalten. Diese verursachen Kosten von bis zu 100 Dollar pro Megawattstunde. Die Studie kommt daher zum Schluss: Es sei „kosten- und energieeffizienter“ Wärme statt Strom zu speichern, „wenn der Endbedarf Wärme ist“. Womöglich wurde das Energiesystem der Zukunft also bislang falsch gedacht: Denn, wenn man konsequent Wärme als Energiespeicher nutzt, dann lässt sich der Strombedarf durchaus an das Stromangebot anpassen.

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[1] Arxiv, 2023: The development of battery storage systems in Germany: A market review (status 2023) (PDF)

[2] Clew, 18.04.2023: Germany’s energy consumption and power mix in charts

[3] PolarNightEnergy, Stand 21.04.2023: Technology

[4] Kraftblock, Stand 21.04.2023: Technology

[5] Rondo, Stand 21.04.2023: Technology

[6] Irena, November 2020: Innovation outlook: Thermal energy storage (PDF)

[7] LDES, November 2022: Net-zero heat – Long Duration Energy Storage to accelerate energy system decarbonization (PDF)