Corona und Krieg trieben die Lebensmittelpreise nach oben

Der Hunger in der Welt hat letztes Jahr deutlich zugenommen

Am Preis für Lebensmittel lässt sich die Weltgeschichte der letzten zweieinhalb Jahre ablesen: Erst Corona und dann der Krieg in der Ukraine sorgten letztes Jahr für einen Rekordwert. Jetzt sinken die Preise an den Weltmärkten wieder, aber noch nicht in den Geschäften.

So teuer wie letztes Jahr waren Lebensmittel noch nie. Das zeigt der Preisindex der Welternährungsorganisation (FAO). Im Durchschnitt des Jahres lag der Index bei 144 Zählern oder gut 14 Prozent höher als im Jahr 2021. [1] Der Anstieg der Preise begann im Mai 2020 also zu Beginn der Coronapandemie. Damals lag der Index noch bei 91 Punkten. Am Ende des ersten Coronajahrs erreichte der Index dann 109 und weitere zwölf Monate später 134 Punkte. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine machte der Index dann noch einen Sprung: Der Preis von Getreide, Speiseölen, Milchprodukten Zucker und Fleisch entsprach von März bis Juni einem Indexwert von deutlich über 150 Zählern (siehe Grafik). Doch dann begann sich die Lage zu entspannen: Im Juli vereinbarten Russland und die Ukraine, Frachtschiffe mit Agrargütern nicht anzugreifen, sodass die Ukraine ihre Exporte wieder aufnehmen konnte. Seither fällt der Index und liegt nun knapp unter dem Vorkriegsniveau.

Die hohen Preise in den letzten beiden Jahren führten zu einem deutlichen Anstieg des Hungers in der Welt. Das Welternährungsprogramm (WFP) schätzt, dass 828 Millionen Menschen jeden Tag hungrig zu Bett gehen. [2] Das ist jeder zehnte Mensch. Die Organisation sagt daher, dass die Welt „der schwersten Hungerkrise in der modernen Geschichte“ gegenüberstehe. [3] Besonders betroffen sind die Sahelzone, Ostafrika sowie der Jemen, Afghanistan und Syrien. In diesen Ländern kommen oft gleich drei Gründe für Hunger zusammen: Krieg, Dürre und hohe Weltmarktpreise für Nahrungsmittel. [4] Außerdem hat sich Dünger massiv verteuert, was einen negativen Einfluss auf die Ernten in diesem Jahr haben kann. Im Jahr 2020 kostete eine Tonne DAP-Dünger noch 312 Dollar und letztes Jahr dann 772 Dollar – ein Anstieg um knapp 150 Prozent. [5] Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen sind Russland und Belarus wichtige Düngerexporteure und zum anderen haben in Europa viele Düngerhersteller die Produktion wegen der zeitweise sehr hohen Gaspreise eingestellt. [6]

Somaliland. In Ostafrika herrscht nun schon seit sechs Jahren Dürre. (Foto: Oxfam)
Somaliland. In Ostafrika herrscht nun schon seit sechs Jahren Dürre. (Foto: Oxfam)

Aktuell scheint sich allerdings die Lage an den Märkten zu entspannen: Seit mehreren Monaten fallen die Preise für Lebensmittel, Öl, Gas und Dünger. Doch das könne sich schnell ändern, sagt der Internationale Währungsfonds (IWF): „Das Risiko, dass die Lebensmittelpreise in den nächsten Quartalen eher wieder steigen als sinken, bleibt hoch.“ [7] So könnte Russland das Abkommen über den Export von ukrainischen Agrarprodukten kündigen, was zu einem Anstieg der Getreidepreise um zehn Prozent führen würde. In den kommenden Monaten könnten zudem wieder durch die Klimaerwärmung verstärkte Extremwetterereignisse ganze Ernten vernichten. Ein weiterer Faktor sei das Ende der Null-Corona-Politik in China, meint die Ratingagentur Fitch. Da die chinesische Landbevölkerung älter und schlechter geimpft sei, könne „eine weitere Coronawelle, die einheimische Produktion stören und so die Importnachfrage ankurbeln“. [8]

Die zuletzt gefallenen Preise für Lebensmittel an den Weltmärkten sind in Europa allerdings noch nicht bei den Konsumentinnen und Konsumenten angekommen. Die Inflationsrate ist zuletzt zwar leicht auf 10,1 Prozent im November gesunken, doch das sei auf niedrigere Energiepreise zurückzuführen, sagt die Europäische Zentralbank (EZB). Bei Nahrungsmitteln sieht es aber noch anders aus: „Die Inflation der Lebensmittelpreise stieg jedoch weiter auf 13,6 Prozent, da die hohen Inputkosten für die Lebensmittelproduktion auf die Verbraucherpreise umgelegt wurden.“ [9] Aber auch das wird enden: Basierend auf den Kursen von Terminkontrakten für Energie und Lebensmittel geht die EZB von fallenden Lebensmittelpreisen aus.

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[1] FAO, Stand 13.01.2023: FAO Food Price Index

[2] WFP, Stand 13.01.2023: A global food crisis – 2022: a year of unprecedented hunger

[3] WFP, November 2022: WFP Global Operational Response Plan 2022 (PDF)

[4] WFP, Stand 13.01.2023: Hunger Map

[5] Weltbank, 04.01.2023: World Bank Commodities Price Data (The Pink Sheet) (PDF)

[6] Weltbank, 05.01.2023: Fertilizer prices ease but affordability and availability issues linger

[7] IWF, 09.12.2022: Global Food Prices to Remain Elevated Amid War, Costly Energy, La Niña

[8] TheEdge, 13.01.2023: China among primary risk drivers for agricultural commodity prices in 2023, says Fitch Solutions

[9] EZB, 12.01.2023: Economic Bulletin Issue 8, 2022